Schön und ermordet: Zwei Kriminalromane. Alfred Bekker

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Schön und ermordet: Zwei Kriminalromane - Alfred Bekker Extra Spannung

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gehst. Morgen um elf bist du raus. Die Mädchen kommen am Nachmittag.«

      Dieter Nelles wirbelte auf dem Absatz herum. Seine Finger grüben sich in Makowskis Jackenaufschläge.

      »Du vergisst wohl, wer den Müll für dich und deinen Boss wegräumt! Damit ihr ungestört abkassieren könnt, du und dein Boss!« Nelles keuchte. »Ihr könnt mich nicht einfach abbraten, nur weil ihr mich nicht mehr braucht!«

      Makowski ließ die Arme herabhängen, auch als Nelles ihn heftig gegen die Wand stieß.

      »Bist du fertig?«, fragte er beherrscht. »Was willst du eigentlich?«

      »Ich will mit dem Boss sprechen!« Nelles machte eine heftige Bewegung, als Makowski zu einer Antwort ansetzte. »Ich weiß, dass er Haftverschonung kriegt, komm mir also nicht mit irgendwelchem Quatsch, dass er verhindert ist!«

      »Er bekommt Haftverschonung! Das bedeutet aber nicht, dass er sich mit dir treffen kann!«

      »Weil ich heiß bin, ich weiß. Aber er kann hierherkommen! Ist doch 'ne feine Adresse. Unten der Zahnarzt und der Heilpraktiker, darüber das Finanzierungsbüro, und hier oben die Nutten!«

      Makowski hob die Hände und schob sie zwischen Nelles' Arme. »Ich sage es ihm.«

      »Ich bleibe hier, bis er kommt.« Nelles deutete auf das Telefon. »Wenn die Freier anrufen, sage ich ihnen, dass sie von mir bedient werden, wenn sie Wert darauf legen.«

      »Geh nicht an den Apparat«, warnte Makowski. »Überspann den Bogen nicht.«

      »Denk du auch daran. Sonst werde ich weiter über die Frage nachdenken, wer den Bullen den Tipp gegeben hat! Aber zum Glück bin ich nicht nachtragend.«

      Makowski zog sein Jackett zurecht und ging zur Tür. Nelles folgte ihm.

      »Der Kühlschrank ist leer«, sagte er. »Ich brauche Brötchen, Käse, etwas Obst, ein paar Teebeutel.«

      Makowski nickte. »Sonst noch was?«

      »Und eine Flasche Cognac. Deine Kanone kannst du mitnehmen, wenn du mir die Sachen bringst. Denk dran - du und kein anderer.«

      Nelles zerrte den Revolver heraus und zog den Lauf über die Wand. Das Korn riss eine tiefe Kerbe in die helle Strukturtapete und den darunterliegenden Putz.

      Makowskis Gesicht wurde weiß, die Kiefermuskeln zeichneten sich scharf unter der glatten Haut ab.

      »Blut hinterlässt immer so hässliche Flecken«, sagte Nelles. »So'n Kratzer lässt sich leicht reparieren, wenn's nicht mehr werden.«

      »Du bist und bleibst die Ratte aus der Gosse«, sagte Makowski beherrscht, als er die Wohnungstür öffnete.

      »Weißt du, was dein Problem ist?«, fragte Nelles. »Dass du nicht mehr der kleine Macker bist, der du mal warst. Damals hattest du nichts als ein paar Hühner und die Rolex an der Hand.«

      »Und was hast du?«

      »Ich bin frei, Macker! Eine Ratte hat nichts als ihr Leben. Nichts Überflüssiges, verstehst du? Und jetzt verschwinde! Aber lass den Schlüssel hier!«

      Nelles grinste überlegen, als Makowski ihm den Schlüssel des Apartments zuwarf.

      *

      Kriminaloberrat Otto Peikert warf Roths Bericht auf die Seite seines Schreibtisches. Er brauchte ihn nicht zu lesen. Was Roth geschrieben hatte, unterschied sich nicht von dem, was er gestern bei der Vernehmung vor dem Staatsanwalt und vor Kriminalhauptkommissar Tondorf, seinem unmittelbaren Vorgesetzten, ausgesagt hatte.

      »Ich habe heute Morgen schon mit dem Staatsanwalt gesprochen«, sagte Peikert. »Es wird nicht zu einem förmlichen Strafverfahren gegen Sie kommen. Aber um die Eröffnung eines Disziplinarverfahrens werden Sie nicht herumkommen. Sie nicht, und Gräfe ebenfalls nicht. Dort wird unweigerlich von Neuem die Frage auftauchen, die Sie und Gräfe auch gestern nicht beantworten wollten oder nicht beantworten konnten — warum Sie den Leiter der Sonderkommission Heinen nicht über Ihren Einsatz informiert haben!«

       Weil Volker Gräfe nicht von der Überzeugung abzubringen ist, dass es eine sehr intensive illegale Verbindung zwischen hohen Amtsträgern der Polizei und den Drahtziehern der kriminellen Szene gibt. Korruption, Herr Oberrat.

      Peikert beugte sich plötzlich vor. Er war ein untersetzter Mann, dem meistens ein freundliches, unverbindliches Lächeln im Gesicht klebte. Jetzt verschwand sein Lächeln, die Augen blickten kühl und scharf.

      »Warum wollen Sie nicht darüber sprechen? Jetzt? Was Sie mir hier sagen, wird nie außerhalb dieser vier Wände wiederholt werden, wenn Sie es nicht wollen!«

       Ich will nicht als der Mann dastehen, der sein eigenes Nest beschmutzt. Und ich will weder mein eigenes Leben noch das meines Freundes in Gefahr bringen. Es hat schon zu viele Tote gegeben, Herr Oberrat. Gräfe hat eine Frau und zwei Kinder.

       Es war schon schlimm genug, dass Gräfe sich selbst um Kopf und Kragen redete.

      Peikert schlug mit der Hand auf den Tisch.

      »Mann, Roth, laufen Sie nicht wie das personifizierte schlechte Gewissen herum! Sie sind Polizeibeamter, und Sie werden es bleiben, dafür stehe ich ein. Ihnen ist passiert, was jedem von uns jederzeit auch passieren kann!«

      Aber mir ist es passiert.

      Er hatte einen Menschen erschossen. Einen Unbeteiligten. Er war gezeichnet. In der Halle ging man ihm aus dem Weg, im Aufzug sahen sie an ihm vorbei.

      Peikert lehnte sich zurück. Das unverbindliche Lächeln erschien wieder in dem flachen Gesicht mit der eingedrückten Nase, die den ehemaligen Boxer verriet. Irgendwo hatte Roth einmal die alten Plakate gesehen, auf denen Peikerts Name stand. Bevor er von der Schutzpolizei zur Kripo wechselte, hatte er in der Boxstaffel der Polizei geboxt. Er war ein gefürchteter Mittelgewichtler gewesen, davon wussten nicht nur die älteren Kollegen zu erzählen.

      »Ihnen ist sicher klar, dass ich Sie von der Soko Heinen abziehen muss, Gräfe natürlich ebenfalls. Sie kehren beide bis auf Weiteres in ihre alten Abteilungen zurück, und bis zum Abschluss des Disziplinarverfahrens versehen Sie ausschließlich Innendienst. Das ist die Bedingung, um eine Suspendierung bis zur Klärung eventueller Dienstvergehen zu vermeiden.«

      Peikert sah Roth an, als ob er Fragen oder Einwände erwartete, doch Roth schwieg. Er hatte nicht die Kraft, zu kämpfen. Im Übrigen hätte er auch nicht gewusst, gegen wen, wofür oder worum er hätte kämpfen können.

      »Ich nehme an, dass in den nächsten Tagen noch Fragen auftauchen werden, es ist also sinnvoll, wenn Sie sich zur Verfügung halten. Danach machen Sie am besten Urlaub. Sie hatten dieses Jahr noch keinen, soviel ich weiß?«

      Roth schüttelte den Kopf.

      »Das trifft sich also gut. Spannen Sie aus, suchen Sie Abstand. Ich möchte Sie übrigens nicht im Betrugsdezernat bei der Bearbeitung von Bagatelldelikten versauern lassen. Ein Mann mit Ihrer Erfahrung kann seine Fähigkeiten an anderer Stelle besser entfalten. Ich denke an eine Tätigkeit als Sachverständiger im Erkennungsdienst, in der Aus- und Fortbildung oder in der Logistik. Denken Sie über mein Angebot nach, aber lassen Sie sich Zeit. Erst der Urlaub, dann sehen wir weiter.«

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