Sky-Navy 10 - Feind ohne Gesicht. Michael Schenk
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In Äquatorhöhe konnte man die farbig hervorgehobenen Einfassungen von Hangartoren sehen. Der Kreuzer führte zwei Landungsboote vom Typ Fast Landing Vehicle (FLV) und zwei Jagdbomber vom Typ Superbolt mit sich.
An Bug und Heck befanden sich auf jeder Seite die typischen Schächte der Staustrahltriebwerke. Die Dimension der insgesamt vier Triebwerke ließ keinen Zweifel, dass dieses Schiff für atmosphärische Manöver und Landungen geeignet war.
Die Zentrale des Schiffes, bei der Navy der Tradition gemäß als Brücke bezeichnet, befand sich auf der Oberschale, im Übergang vom vorderen zum mittleren Rumpfdrittel. Ihre Außenseiten bestanden vollständig aus Klarstahl und ermöglichten Direktsicht. Im Gefechtsmodus wurde sie jedoch in den Rumpf eingefahren und von einer Panzerblende geschützt.
Der Rumpf des Kreuzers bestand vollständig aus Tri-Stahl und war in der weiß-grauen Farbe der Direktoratsschiffe gehalten. Ein mittelblauer breiter Farbbalken zog sich schräg vom hinteren Drittel zur Mitte und wies die Zugehörigkeit zur Sky-Navy aus. In gleicher Farbe war in Schablonenschrift im vorderen Drittel die Kennung des Schiffes lesbar. Die große Kennziffer 72 und der Namenszug D.S. San Marco.
Bei allen vier Kreuzern des kleinen Geschwaders verlief ein schmaler gelber Balken parallel zum blauen und zeigte damit an, dass das betreffende Schiff eine Truppe der Sky-Cavalry an Bord hatte.
Da die San Marco als Kommandoschiff eines Flaggoffiziers diente, hatte man den, zwischen Kapitänskabine und Offiziersmesse liegenden, kleinen Konferenzraum als Dienstraum der Sub-Admiralin eingerichtet. Er diente zugleich als Quartier und Besprechungsbereich und war entsprechend beengt, aber Angehörige der Streitkräfte waren es gewöhnt, dass großzügige Raumgestaltung hinter praktischen Erfordernissen zurückstand.
Rahami war eine zierliche Frau, deren silbergraue Haare wie eine Kappe am Kopf anlagen. Sie hatte ihr erstes Schiff vor über achtzig Jahren als Ensign betreten und schließlich als Captain ihr erstes Kommando erhalten. Vor wenigen Jahren war sie zur Sub-Admiralin befördert worden. So kurz vor ihrem Ruhestand hatte sie eigentlich nicht mehr damit gerechnet, doch seitdem die Menschheit, dank des Hiromata-Nullzeit-Sturzantriebs, eine ungeheuere Expansionswelle erlebte und zudem im Krieg mit den insektoiden Greens lag, fehlte es in der Flotte an Schiffen, Besatzungen und Führungsoffizieren. Eigentlich scheute Rahami keine Verantwortung, doch im Augenblick empfand sie Unbehagen darüber, über das Schicksal von vier Schiffen entscheiden zu müssen.
Die Sub-Admiralin trug die große Dienstuniform der Flotte. Mittelblaue Hosen, eine graugrüne hüftlange Jacke und dazu schwarzes Schuhwerk und ein mittelblaues Barett. Auf beiden Schultern waren schmale Rangabzeichen befestigt, die den stilisierten silberfarbenen Phönix, das Hoheitszeichen des Direktorats, auf mittelblauem Grund zeigten. Der Phönix war zum Symbol für die Menschheit geworden, die ihre alte Erde aufgrund der Umweltzerstörungen hatten verlassen müssen und ihre neue Heimat auf dem Mars und in den Tiefen des Weltalls fanden.
Die Kabine der Offizierin verfügte über den Luxus einer Panoramascheibe, die den freien Ausblick in den Weltraum ermöglichte und zugleich als Holoschirm diente. Rahami hatte auf „Voraussicht und Vergrößerung“ geschaltet, so dass sie den in Fahrtrichtung liegenden und nun immer größer werdenden fünften Planeten betrachten konnte. Es war ein Anblick, der ihr immer mehr Unbehagen bereitete, je näher ihm das Geschwader kam.
Neben der San Marco befehligte die Sub-Admiralin die APS-Kreuzer D.S. Murray Leinster, Registernummer 73, die D.S. Karthago, Registernummer 135 und die D.S. Europe mit der Registernummer 83. Die Registernummern machten Verwechslungen unmöglich, sagten jedoch nichts über das Alter oder den Typ eines Schiffes aus. In der Sky-Navy war es üblich, ausgemusterte oder zerstörte Schiffe durch Neubauten zu ersetzen, welche den gleichen Namen und die gleiche Nummer trugen, um die Tradition fortzusetzen.
Rahami war sich noch immer nicht schlüssig, welches der Schiffe sie dem Feind als Erstes entgegen schicken sollte. An dieser Mission war nahezu alles unbekannt, mit Ausnahme der Tatsache, dass man einem unbarmherzigen Feind gegenüber stand.
Als der Summer der Kabinentür ertönte, wandte sie sich von der Scheibe ab. „Herein.“
Der Eintretende trug drei silbernen Balken auf den Schulterstreifen. Captain Basker wusste, dass Rahami lieber auf Förmlichkeiten verzichtete, wenn die Umstände dies zuließen und so nickte er seiner Vorgesetzten nur knapp zu, bevor er Meldung machte. „Wir schwenken in einer halben Stunde in die Umlaufbahn um Nummer Fünf ein, Ma´am. Sie hatten mich gebeten, Sie diesbezüglich persönlich zu informieren.“
Sie deutete auf einen der beiden Stühle vor ihrem kleinen Arbeitstisch. „Nehmen Sie Platz, Captain. Ich bin mir über mein Vorgehen noch nicht ganz schlüssig“, gab sie offen zu. „Daher werde ich mein Vorrecht nutzen und mich mit Ihnen beraten.“
Basker nickte mit einem leichten Lächeln. „Ich hoffe, ich kann behilflich sein, Ma´am.“
Sie seufzte. „Wenn wir unter uns sind, Basker, verzichten Sie bitte auf dieses ständige „Ma´am“. Dies ist ein Vier-Augen-Gespräch, bei dem ich um Offenheit bitte. Und keine Sorge, ich werde mich in meinen Entscheidungen nicht auf Sie berufen.“
Basker runzelte die Stirn. „Ich habe das Gefühl, dass Ihnen diese Mission nicht unerhebliche Kopfschmerzen bereitet.“
„Sogar ganz erhebliche Kopfschmerzen“, gab sie unumwunden zu. „Aus dem einfachen Grund, weil wir es hier mit einem Volk zu tun haben, von dem wir praktisch nichts wissen, außer, dass es uns hier ausgesprochen feindselig gegenüber tritt. Wir wissen nicht, warum sie feindselig sind, wir wissen nicht, wie stark sie sind und wir kennen ihre Absichten nicht. Sehen Sie, Captain, wir haben das Volk der Negaruyen auf ihrer Heimatwelt kennengelernt. Jener Welt, welche die Piraten der schwarzen Bruderschaft als Hauptbasis benutzten, bis wir ihr Nest ausgeräuchert haben. Zwischen den Piraten und den Negaruyen gab es Handel und gewisse, äh, zwischenmenschliche Kontakte. Immerhin unterscheiden sich die Negaruyen nur in soweit von uns, dass sie an Stelle unserer Nasen nur über zwei senkrechte Schlitze verfügen. Ansonsten gibt es keine anatomischen Unterschiede.“ Rahami setzte sich nicht hinter ihren Arbeitstisch, sondern in den freien Stuhl neben dem des Captains. „Doch das spielt keine Rolle. Interessant ist vielmehr, dass die Negaruyen einst die interstellare Raumfahrt beherrschten, sie jedoch vor Jahrhunderten wieder aufgaben. Seitdem leben sie in einer eher mittelalterlichen Kultur und fahren mit ihren Dampfschiffen auf das Sandmeer hinaus, um dort nach Krebsen zu jagen.“
„Das klingt nicht danach, als seien sie unsere Feinde.“
„Die Negaruyen auf ihrer Heimatwelt sind das sicherlich nicht. Sie waren froh, dass wir sie von den Sternenmenschen, wie sie die Piraten bezeichneten, befreit haben und erlauben uns einen ständigen Handelsposten auf ihrer Welt. Wobei sie keinerlei Wert darauf legen, in den Genuss unserer technischen Errungenschaften zu gelangen.“ Rahami legte die Hände über ihr Knie und blickte nachdenklich zu Boden. „Sie sind keinesfalls mit jenen Angreifern identisch, die uns von der Nanjing gemeldet wurden.“
„Viel konnte man dem Hilferuf von Captain Tyne nicht entnehmen“, meinte Basker. „Seine Nanjing