Silber. Hans.Joachim Steigertahl

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Silber - Hans.Joachim Steigertahl

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so tief, wie die unterste Fundstelle, aber nun arbeiteten sie mindestens 20 Fuß über dem Schachtboden, so dass sie genauso viel Kraft brauchten, nicht von der Stelle zu rutschen als Gestein zu hauen. „Hol die Proben, und dann schauen wir nach, was Du wirklich entdeckt hast!“ Cuno stieg zum Schachtboden hinab, füllte das herausgehauene Gestein hinein, trug es zur Wanne und schaute ihr nach, als sie nach oben stieg und der Geselle des Schachtmeisters unten aus der anderen Wanne sprang. Während Boris schon die Leitern hinaufstieg, blieb Cuno unten, bis alles Gestein verladen war. Als auch er oben ankam, sah er, dass Boris den Inhalt der ersten Wanne bereits einem Hauer zugeschoben hatte. Wie viele andere saß dieser gleich hinter dem Gesteinswall, der den Schacht umgab, auf einem Sitzbalken, vor sich einen Granitwürfel, so hoch wie der Balken. In der Oberfläche war durch das dauernde Hauen eine Kuhle entstanden, in die der Hauer nun das neu gebrochene Gestein legte. Mit einem Holzschlegel und einem Flacheisen rückte er den Brocken zu Leibe und zerschlug sie in kieselgroße Stückchen. Ein Junge füllte diese Splitter in einen Korb, und als die „Ernte“ von Cuno und Boris zerkleinert war, lud sie der Junge auf eine Schubkarre und führte sie zu dem Schmelzofen, der gerade die größte Hitze entwickelte. „Jetzt wird es spannend“, sagte der Schwarze Boris und wies einen Knecht an, den Karreninhalt in einen der großen tönernen Tiegel zu füllen und schob diesen eigenhändig auf eisernen Schienen in die Glut. Der Knecht stellte eine Sanduhr auf „Beginn“; neben ihm begann ein dritter Helfer, den Blasebalg mit beiden Händen zu ziehen. Die Hitze in der Schmelzhütte war enorm, die Knechte trugen eigentlich nur Lederschürzen, um sich vor herausfallender Glut oder gar geschmolzenem Metall zu schützen. „Warum sind die Schmelzöfen eigentlich von Mauern umgeben und haben ein Dach? Die Hitze kann man doch kaum ertragen, und wenn einem der Schweiß in die Augen läuft, wie mir gerade, kann doch viel passieren.“ „Das stimmt schon“, lachte Boris, „Aber Hitze brauchen wir nun mal zum Schmelzen, und es ist teuer genug, die Hitze zu erzeugen, da wollen wir doch nicht den Wald dadrüben mit erwärmen!“ Als der Sand in der Uhr durchgelaufen war, zog der Knecht den Tiegel wieder aus der Glut, stellte einen anderen davor, befüllte diesen und das Ganze wiederholte sich. Boris und Cuno waren zu neugierig, um abzuwarten, bis der erste Tiegel ausgekühlt war. Cuno schnappte sich einen Holzspaten, mit dem gewöhnlich die Holzkohle aufgelegt wird und schob das heiße Gestein heraus. Und am Boden blieb eine ziemlich große, mattgraue Lache übrig. Als Cuno den Spaten in die Lache stieß, brach die mattgraue Haut darüber und das hellglänzende Silber kam zum Vorschein. „Junge, damit hast du dir in ein paar Stunden einen ordentlichen Einstand geschaffen,“ rief der Schwarze Boris und schlug Cuno auf die Schulter; denn wie im ganzen Reich erhielt der Steiger auch in Böhmen den zehnten Teil des erschmolzenen Silbers als Lohn, und das Zehntel der ersten Schmelzung sofort. „Damit kannst du deinen vornehmen Herren und Knappen heute Abend so manchen Krug Bier kaufen!“ „Ihr seid eingeladen, Boris, und der Schachtmeister auch!“

      Als Cuno bei Sonnenuntergang zurück zur Burg mehr schwankte als ging, hatte er „seinen“ Erzgang schon so weit vertieft, dass er beim Hauen in der Höhlung knien konnte, und die Ausbeute war weiter gut gewesen. Die Hände schmerzten vom Aufprall der Haue auf das Gestein, die Finger waren blutig vom Zusammenklauben der Brocken, aber trotzdem war er glücklich. Er hatte einen Fladen Silber in der Tasche und endlich ging es vorwärts mit seinen Kenntnissen über den Bergbau. Allein die Vorrichtungen wie der Schachtturm oder der ausgeklügelte Schmelzofen, die er in den letzten Wochen kennengelernt hatte, würden die Produktion in Steigerthal vervielfachen. Er musste nur noch die Technik soweit verstehen, dass er sie nachbauen konnte. Wenn er da an die primitive Kurbel dachte, mit der das Gestein zu Hause aus dem Schacht gezogen wurde – wie Wasser aus dem Brunnen! Und die Schmelzen waren eher wie der Holzkohlehaufen an der südlichen Bastei, damals, als Graf Hohnstein und sein widerstrebender Vater versucht hatten, Silber zu verschneiden. Vieles aber verstand er noch überhaupt nicht, und deswegen war es gut, dass er bis zum Winter dem Schwarzen Boris zugeteilt war, auch wenn er seine Knappenbrüder nur des Abends wiedersah.

      Miška war nach Hause geritten um den alten Vater als Herrn der Güter abzulösen. Tibor war alleine von Prag zurückgekommen und hatte Wolf wieder mitgebracht, dem es ohne Cuno zu langweilig geworden wäre. Er war jetzt ein erwachsener Wolf, der sehr wohl sein Fressen selbst besorgen konnte, aber er war auch so gut erzogen, dass selbst Friedrich ihn jetzt in der Knappenkammer akzeptierte, vielleicht auch, weil Wolf als einziger sich nicht über ihn lustig machte. Als Cuno eintrat, stürmte der Hund schwanzwedelnd auf ihn zu, und so wackelig, wie Cuno auf den Beinen war, hätte er ihn fast umgeworfen. Gemeinsam gingen sie in den Stall, wo Cuno wie jeden Abend Váží noch einmal sattelte und rund um die Burg eine kleine Runde drehte. Diesmal ritten sie allerdings in die Stadt hinein, wo Cuno im besten Wirtshaus der Stadt für einen kleinen Teil seines Silberfladens ein Fässchen Bier erstand, das er vor sich auf dem Sattel zur Halle transportierte. Vorsichtig stieg er mit seinen schmerzenden Knochen von Váží, der gar nicht mehr so klein zu sein schien, und trug das Bier in die Halle, wo er und das Fass mit großem Hallo begrüßt wurden.

      Am nächsten Morgen taten ihm seine Knochen immer noch weh, aber zusätzlich der Kopf! Der Schwarze Boris erwartete ihn schon am Schachtturm, doch als Cuno sich auf den Weg nach unten machen wollte, hielt ihn Boris am Arm fest. „Du hast doch einen unvoreingenommenen Blick von außen“, sagte er. „Wenn Du jetzt mal überlegst, was Dir gestern passiert ist: Kann man schneller eine Silberader finden? Nein! Gibt es eine andere Möglichkeit, das Gestein herauszuschlagen? Ja, nämlich mit Holzkeilen, die wir in vorhandene Spalten schlagen und dann mit Wasser befeuchten, bis sie aufquellen und so den Stein brechen. Aber das geht nicht im Schacht, da ist die Gefahr, dass der Bruch riesig wird, zu groß. Gibt es eine Möglichkeit, das Gestein schneller aus dem Schacht zu befördern? Nein!“ „Doch“, unterbrach ihn Cuno, „das haben wir sogar in Steigertahl schon mal gemacht, als uns vor zwei Jahren viel Silber gestohlen worden war und wir viel mehr herausbrechen mussten als normal üblich: Wir haben damals aus einer alten Windmühle die Flügelwelle, die die Flügel trägt mitsamt dem Kammrad ausgebaut. Die Welle haben wir aufrecht in ein Holzgestell gesteckt und an die Flügel jeweils einen Ochsen geschirrt, die statt des Windes die Welle gedreht haben. Das Kammrad, also ein Holzrad mit ganz vielen Zapfen am Rand, haben wir mit einem zweiten Kammrad verbunden, das auf der Welle saß, an dem der Fördereimer festgemacht war. Wenn sich die Ochsen also im Kreis bewegten, drehten sie das Kammrad auf der Welle und dieses Kammrad drehte die Seilwicklung. War der Eimer oben, wurde er geleert, durch einen Hebel wurden die beiden Kammräder getrennt und der leere Eimer fiel wieder an seinem Seil in den Schacht; war er voll, wurde der Hebel wieder entfernt und der Eimer rauschte nach oben. Nur schade, dass das Holz schon sehr alt und mürbe war, so dass wir nicht allzu lange die Förderung so einfach hatten.“ „Habt ihr nicht versucht, diese Vorrichtung noch einmal zu bauen?“ „Nein, ich glaube, die Steiger und die Knechte wollten das nicht – und was machst du mit einem Bergwerk, wenn die Steiger nicht wollen?“ Boris setzte sich auf den Wall am Schacht, nahm einen Stein auf und versuchte, die von Cuno beschriebene Vorrichtung in den Staub zu zeichnen. „Lauf zurück zur Burg, nimm dein Pferd und reite zu Ješko, dem Zimmermann, der seine Werkstatt direkt an der Mündung der Jihlávka hat. Bring ihn so bald wie möglich her. Und er soll seinen Kopf mitbringen, wir brauchen ihn hier!“ Cuno rannte los, stürmte in den Stall, wo er von Wolf mit Schwanzgewedel und von Váží mit einem Stupsen der Schnauze an die Schulter begrüßt wurde. Er führte das Pferd in den Hof, legte ihm die Trense an und schwang sich ohne gesattelt zu haben auf dessen Rücken. In leichtem Galopp ging es, begleitet von dem weitausgreifenden Wolf zum Burgtor hinaus, den Pfad hinunter und in das Gedränge der Händler, Käufer und Gaffer am Fluss. Als er die Einmündung der Jihlávka gefunden hatte, schaute er sich suchend um und fand schließlich das schmale, vielstöckige Haus mit dem Dreieck und der Bügelsäge als Abzeichen über der Tür. Ješko saß an seiner Werkbank und glättete mit einem Zugeisen die Rundung eines Holzrades. Als Cuno halb durch das Tor trat, die Zügel in der Hand und Wolf an den rechten Fuß geschmiegt, fragte der Handwerksmeister unwirsch: „Was willst Du? Du nimmst mir das Licht!“ Wolf gefiel der drohende Tonfall gar nicht und lies ein kurzes Heulen hören. Der Alte sprang mit vor Angst geweiteten Augen auf, drückte den Rücken an die Wand und hob das Zieheisen als einziges, was er als Waffe in Reichweite hatte. „Hsch, Wolf“ zischte Cuno und das gehorsame Tier legte sich sofort auf den Bauch, wedelte ein wenig mit dem Schwanz und legte die Schnauze auf Cunos Schuh. Ješko entspannte sich

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