Silber. Hans.Joachim Steigertahl

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Silber - Hans.Joachim Steigertahl

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      „Wer kann es dann gewesen sein?“ „ Fragt besser, wer es nicht gewesen sein kann“, erwiderte der Alte. Cuonrad von Hohnstein verzog angewidert den Mund. „Ich weiß, dass alle Ritter in der Umgebung dazu in der Lage und dazu gewillt gewesen wären, ärgert sie doch immer noch Eure nicht ganz ritterliche Herkunft und Euer Wohlstand.“ „Weil sie zu beschränkt sind, um sich in wandelnden Zeiten wandelnde Erwerbsquellen zu suchen!“ antwortete der Alte, ohne auf die versteckte Kritik einzugehen. „ Silber gibt es doch nicht nur in Steigerthal, sondern in der ganzen Region bis hinunter nach Böhmen, aber sie sind so ehrversessen und wenig auf Veränderungen bedacht, dass sie es an uns auslassen, weil wir ein besseres Leben mit ausreichend Essen und Trinken und ohne Kriegswunden führen können, und das ‚wir‘ sind nicht nur wir Steigerthals, sondern auch die Leute im Dorf und im ganzen Lehen“.

      Hohnstein wusste sehr wohl, worauf der Alte anspielte: Das in der Landgrafschaft übliche Fehdewesen führte dazu, dass Kleinigkeiten als Ehrverletzung aufgefasst wurden und jedes Rittergeschlecht versuchte, das andere zu übertrumpfen. Da waren die Steigerthals gute Sündenböcke, denn deren Ritterlichkeit beruhte nicht auf langen Reihen von ritterlichen Vorfahren, sondern auf der Belehnung vor kaum fünfzig Jahren durch den Landgrafen Heinrich aus dem mächtigen Geschlecht der Wettiner, die seit zwei Generationen um die Herrschaft über Thüringen kämpften. Davor war der erste Gernot erst Leibeigener aus dem Dorf Steigerthal, dann Diener Heinrichs gewesen, kam also wirklich aus niederstem Stand. Doch nachdem er Heinrich zwei Mal das Leben gerettet hatte, hatte dieser nicht gezögert, ihn zum Ritter zu schlagen.

      Einer der Knappen, die mit dem Kleinen in Nordhausen gewesen waren, brachte einen Krug und Pokale. Der Alte reichte Hohnstein und seinem Ältesten ein Trinkgefäß, füllte das des Gastes, dann seines und dann das des Sohnes. Cuno hatte nicht verstanden, was die beiden mit der Ehrversessenheit und der Beschränktheit der anderen Ritter gemeint hatten, aber nach der Zurechtweisung durch den Vater vorhin getraute er sich nicht nachzufragen. Da er wusste, was in dem Krug sein würde, wartete er auf den Gesichtsausdruck des Grafen, wenn der den ersten Schluck probiert hatte.

      „Wo habt Ihr diesen Tropfen her?“ brach es aus dem Grafen hervor. Trotz der misslichen Lage musste der Alte lächeln: „Den habe ich bei meiner lothringischen Verwandtschaft gekauft und der Hansekaufmann Wiebold aus Brügge hat ihn mir neulich mitgebracht, als er meinen Teil vom Silber abholte. Da er von über 50 Landsknechten begleitet war, ist dem Wein nichts passiert und – soweit ich weiß – auch dem ganzen Silber nicht, hat er doch bis hinunter ins böhmische Iglau das edle Metall für den Kaiser Heinrich aufgekauft. Ich verstehe nicht, warum König Johann sein Silber vom Händler seines Todfeindes aufkaufen lässt…“ Hohnstein lachte bitter: „Aus dem gleichen Grund, aus dem die Spitzbuben unser Silber gestohlen haben: Gier auf schnellen Gewinn ohne größere Anstrengung, egal, was passieren könnte, wenn der Plan nicht aufginge.“

      Der Alte wies auf die in die dicke Wand eingelassenen, einander gegenüberliegenden Sitzbänke, auf die Cuno schnell ein paar Kissen gelegt hatte: „Setzt Euch – wir müssen überlegen, was wir tun können. Bis wann müsst Ihr die Münzen für Landgraf Friedrich geschlagen haben? “ „Er braucht sie spätestens beim Hoftag im Herbst – dann muss der Sold der Reisigen ausbezahlt werden und der gesamte Adel Thüringens wird versuchen, ihm Küche und Keller leer zu fressen und leer zu saufen - verratet ihm ja nichts von Eurem Wein, sonst kommt der ganze Haufen hierher!“, schloss er wieder lachend. „Aber im Ernst: ich muss bis Anfang September das Silber haben, und zwar mehr als 150 Pfund, sonst schaffen es meine Münzknechte nicht mehr, daraus die Münzen zu schlagen.“

      „Und das schaffen wir nicht – wir hatten fast 90 Pfund bereit, und selbst, wenn wir alle Silberadern gleichzeitig ausbeuten könnten, würde es nicht reichen.“ „Aber ich kann auch nirgendwo anderes Silber kaufen, denn erstens ist Euer Silber garantiert rein, was ich bei anderen bezweifle, zweitens wüsste ich nicht, womit ich es bezahlen sollte und drittens würde es sofort heißen, dass der Landgraf so schlecht wirtschaftet, dass er viel mehr verbraucht als er einnimmt. Wenn wir herumerzählen, dass Diebe Euer Silber gestohlen haben und wir deshalb Silber an anderen Orten kaufen müssen, hat das die gleichen Folgen. Wir können also nur darauf vertrauen, dass die Gauner hübsch verheimlichen, wieso sie plötzlich so wohlhabend geworden sind…“

      Beide schwiegen lange und leerten ihre Pokale. Der Kleine schenkte nach und sah seinen Vater fragend an. „Woran denkst Du?“ meinte dieser. „Herr Graf, Ihr habt doch von den letztjährig geschlagenen Münzen auch Blei für Handrohr- und Kanonenkugeln gekauft, oder habe ich das falsch gehört?“ „Nein, das ist richtig.“ „Und seitdem haben die thüringischen Truppen doch keine größeren Feldzüge gemacht, oder?“ „Stimmt, wir versuchen, uns in diesen Zeiten des Streites darüber, wer denn nun der wirkliche Herr des Reiches, Ungarns, Böhmens ist, fein herauszuhalten.“ „Wenn man die Bleikugeln, die man für das Handrohr braucht, oder Teile von Kanonenkugeln flachschlägt, dann sind sie doch etwa so groß wie ein Silbertaler?“ „Worauf willst Du hinaus?“ Wenn man nun neue Münzprägestöcke machte, die Münzen ergeben, die es eben nur in diesem Jahr gibt und dann das wenige Silber, das wir haben, etwas ‚verdünnt‘…“ „Bist Du von allen guten Geistern verlassen“, brüllte der Alte. „Willst Du die thüringischen Taler verschneiden, so dass wir alle zum Gespött des Reiches werden? Und wir Steigerthals die Verderber des Reiches?“

      Der Kleine duckte sich auf seinem Hocker und ließ den Kopf sinken: „Das hatte ich nicht bedacht, Vater, ich suche doch nur nach Auswegen.“

      Graf Hohnstein schaute ihn unverwandt an und wandte sich dann an den alten Gernot: “Wie lange brauchen Eure Leute, bis sie die 150 Pfund wieder aus dem Berg geholt und in Barren geschmolzen haben?“ „Wenn ich genügend Bergleute und Hilfskräfte hätte und zum Schmelzen genügend Holzkohle, dann könnten wir bis zum nächsten Mai das Silber zusammen haben, aber ich habe weder das Eine noch das Andere. Und ich weiß auch nicht, ob der Berg das noch hergibt.“ „Und ich brauche das Silber in vier Monaten!“

      „Es ist zum Verzweifeln,“ brach es aus dem Alten heraus, „ wir wissen einfach viel zu wenig über Silber, den Bergbau – wenn nicht schon meine Vorfahren hier immer wieder Erz gefunden hätten, wäre ich wahrscheinlich genauso unwissend wie die Ritter der Umgebung - und genauso arm!“ Hohnstein lächelte erneut: „Damit gebt Ihr mir fast schon eine Antwort auf meine noch nicht gestellte Frage! Wundert Ihr Euch nicht, dass ich so schnell nach dem Überfall schon hier bin?“ „Doch, stimmt, aber…“ „Ich war auf dem Weg zu Euch, weil ich Euch einen Vorschlag machen wollte.“

      Er schaute sich im Refugium Gernots um, entdeckte den fast hinter einem bemalten Kasten versteckten Cuno, winkte ihn zu sich und fuhr fort: „Ihr wisst, einer meiner alten Kampfgenossen ist Boleslav Přemisl, der Herr über die Lande um Iglau und damit fast der Herr der bedeutendsten Bergbaustadt Böhmens. Wir haben zusammen als Knappen bei Heinrich von Meißen gedient, bevor er sein Erbe antreten konnte. Ich habe ihn vor kurzer Zeit am Hof in Erfurt getroffen, wo er mit Landgraf Friedrich über Hilfen für Jan von Luxemburg verhandelt hat. Ihr wisst, dass Jan die Krone Böhmens beansprucht. Dabei haben wir unter uns bei einem Becher Wein – viel schlechter als Eurer - über die missliche finanzielle Lage Friedrichs gesprochen. Er hat mir ein Angebot gemacht, das es Thüringen möglich machen würde, mit genügend eigenen Mitteln auszukommen, ohne dass Boleslav große Konkurrenz entsteht. Er braucht sowieso immer Knappen und er würde einen Knappen aus Thüringen in seinen Haushalt aufnehmen. Boleslav ist dabei nicht nur ein erprobter, heldenhafter Ritter, sondern auch der Besitzer vieler Silberbergwerke. Der Knappe, den er an seinen Hof ziehen möchte, würde in allen ritterlichen Tugenden ausgebildet werden und daneben alles lernen, was man über Bergbau wissen kann. Allerdings würde wenig Zeit für Unterricht in Lesen, Schreiben und Minnesang bleiben. Ihr könnt Euch denken, dass ich sofort an meinen Patensohn Cuno gedacht habe. Er hat bei eurer Gemahlin ja schon fast alles gelernt, was er als Page wissen sollte und könnte, wenn auch verfrüht, bei Boleslav dienen. Du, Cuno,“ wandte er sich direkt an ihn „ würdest alles lernen, was ein Ritter können muss - und da fehlt dir vieles – aber du

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