Schattenschwestern. Maya Shepherd

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Schattenschwestern - Maya Shepherd Dear Sister

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Freiheit. Es bot für ihn eine gelungene Abwechslung zu dem tristen Alltag in der Klinik. Unsere Hände verschränkten sich miteinander, als wir zur Cafeteria gingen.

      Mit unseren Tabletts suchten wir uns etwas abseits einen Platz, wo wir ungestört reden konnten. Kaum, dass wir saßen, nährte sich uns jedoch eine Gruppe bestehend aus drei Personen. Eine von ihnen war Wendy. Sie lächelte mich an, als wären wir beste Freundinnen und blieb genau vor unserem Tisch stehen. „Dürfen wir uns zu euch setzen?“, fragte sie freundlich. Ihre Drohung schien sie vergessen zu haben. Ehe ich hätte widersprechen können, nickte Aidan gutmütig.

      „Danke“, flöteten die drei Mädchen im Chor und ließen sich neben uns nieder.

      „Aidan, wie kommt es, dass du mitten im Jahr an unsere Schule gewechselt bist?“, fragte Wendy scheinbar interessiert. Aidan zögerte mit seiner Antwort. Ich wusste, dass er gerne die Wahrheit gesagt hätte, da er sich nicht dafür schämen wollte wer er war, aber er war klug genug, um stattdessen zu sagen: „Meine Eltern sind umgezogen!“

      Auch wenn Aidan in Velvet Hill mehr Kontakte zu Gleichaltrigen geschlossen hatte als ich, war er im Umgang mit unseren Mitschülern deutlich unerfahrener. Er versuchte in jedem das Gute zu sehen und verstand nicht, dass es manchen nur darum ging sich über andere lustig zu machen.

      „Und wie gefällt es dir in Wexford?“, fragte Wendys schwarzhaarige Freundin.

      „Ich habe noch nicht viel außer der Schule gesehen“, gestand Aidan.

      „Und wie habt ihr euch dann kennengelernt?“, lachte Wendy mit einem herablassenden Blick in meine Richtung. „Lass mich raten. Übers Internet?“

      Aidan schüttelte den Kopf. Hilfesuchend blickte er mich an, doch ich war nicht so schlagfertig wie Dairine oder Winter. Anstatt Wendy zu antworten, fragte ich Aidan: „Wollen wir spazieren gehen?“

      Ich hatte meinen Teller nicht einmal angerührt, worauf Wendy mich sofort ansprach: „Haben wir dir irgendetwas getan? Wenn man neu an einer Schule ist, sollte man wenigstens versuchen Freundschaften zu schließen.“

      Ihre Freundin beugte sich vertraut zu Aidan und raunte: „Hat sie dir erzählt, dass sie mit ihrer Pflegeschwester in der Psychiatrie war? Du kennst doch sicher Winter, oder? Sie hat im Kunstunterricht letztes Jahr versucht ihre eigene Schwester zu erwürgen!“

      Aidan war sichtlich überfordert mit der Situation. „Ich mag Winter“, erwiderte er kleinlaut.

      „Ihre Schwester ist eine Mörderin!“, erinnerte ihn Wendy. „Wenn ich dir einen guten Rat geben darf, suche dir neue Freunde!“ Sie beugte sich etwas näher zu ihm. „Es gibt viele Mädchen, die auf geheimnisvolle Typen stehen.“

      Das war zu viel! Ich hatte das Gefühl etwas würde in meinem Inneren explodieren. Nicht nur, dass Wendy mich vor Aidan versuchte schlecht zu machen, nun flirtete sie auch noch mit ihm. Ich stieß mich mit einem Ruck vom Tisch ab, sodass dieser bedrohlich wackelte und die Getränkedosen dabei umfielen. Die Mädchen kreischten erschrocken auf. Ihre grellen Stimmen stachen wie Dolche in meinen Kopf.

      „Spinnst du?“, fauchte Wendy, während sie versuchte sich die Cola von ihrer weißen Bluse zu wischen. Sie schmiss die leere Dose wütend in Richtung meines Gesichts. Ich wich ihr aus, bevor ich beide Hände flach auf den Tisch schlug. Wendy ließ sich von mir nicht einschüchtern und erhob sich ebenfalls. Wir fixierten einander wie zwei Raubtiere, bevor sie aufeinander losgehen.

      „Psycho!“, zischte sie.

      Meine Faust landete direkte auf ihrer Nase, die ein leises Knacken von sich gab, bevor Blut wie eine Fontäne aus ihr hervorschoss. Es war, als würde mich die dunkelrote Farbe nur noch wütender machen und sich völlig über mein Bewusstsein legen.

      „Niemand beleidigt mich“, schrie ich sie an. Obwohl ich spürte wie mein Mund sich bewegte, hatte ich nicht das Gefühl, dass er meinem Willen gehorchte. Meine Stimme hörte sich so fremd an. Ich schien auf nichts von dem, was passierte, mehr Einfluss zu haben. Mein Körper und meine Stimme agierten alleine und alles was ich tun konnte, war zuzusehen – völlig willenlos.

      Andere Schüler kamen angelaufen, um mich von Wendy zu zerren, doch niemand schaffte es. Aidan verdrehte die Augen und begann am ganzen Körper zu zittern. Ich spürte wie ich völlig aus meinem Körper verdrängt wurde.

       Endlich gelang es Lucas Mona von der blutüberströmten Wendy herunterzuziehen. Er schüttelte sie an beiden Schultern. „Was ist los mit dir“, schrie er sie verständnislos an, wobei der Schrecken ihm ins Gesicht geschrieben stand. Monas Augen waren leer und ausdruckslos. In dem Moment hechtete Aidan an ihre Seite.

      „Die ist doch gemein gefährlich!“, brüllte eine von Wendys Freundinnen und deutete anklagend auf Mona. Auch Winter und Dairine waren hinzugekommen.

      „Das gibt ein Gespräch bei Mr. Sutherland“, meinte Dairine besorgt.

      „Ich hole Liam!“, rief Winter und rannte los. Niemand von ihnen verstand, was mit der sonst so ruhigen Mona geschehen war. Sie hatte Wendy angegriffen und verletzt. Wenn sie ganz viel Pech hatte, würde der Direktor sie sofort der Schule verweisen.

      „Sie steht völlig neben sich. Bevor sie mit dem Direktor sprechen kann, muss sie erstmal auf die Krankenstation“, entschied Aidan und zog Mona an sich. Lucas und Evan gingen voraus, um ihnen einen Weg durch die aufgebrachte Schülermeute zu bahnen, während Dairine Mona von der anderen Seite stützte.

      Ich saß mit hängendem Kopf und feuchten Fingern seit einer guten halben Stunde vor dem Direktor. Er warf mir vor, dass ich ein Mädchen schwer verletzt hätte und er so etwas an seiner Schule nicht dulden könnte. Das Dumme war nur, dass ich mich an nichts davon erinnern konnte. Der einzige Beweis dafür, dass er die Wahrheit sprach, war das getrocknete Blut unter meinen Fingernägeln. Liam saß auf dem Stuhl neben mir.

      „Mr. Sutherland, meine Cousine hat es nicht leicht. Ihre Eltern sind beide tot und ihre Großmutter ist erst vor kurzer Zeit gestorben. Sie geht zum ersten Mal auf eine öffentliche Schule“, versuchte er mich zu verteidigen.

      „Ich bedauere ihr Schicksal, aber das ist keine Entschuldigung! Ich muss die Sicherheit der anderen Schüler gewehrleisten können.“

      Wenn er mich der Schule verwies, würde ich Aidan nicht mehr sehen können. Verzweifelte Tränen stiegen mir in die Augen und ich blickte flehend den Direktor an. „Es tut mir leid“, schluchzte ich.

      „So etwas wird bestimmt nicht noch einmal vorkommen“, versicherte Liam.

      Mr. Sutherland schüttelte unnachgiebig den Kopf. „Ich kann bei ihr keine Ausnahme machen, nur weil ihr Cousin zufällig als Lehrer an unserer Schule unterrichtet.“

      „Dann suspendieren Sie Mona für eine Woche, um ein Zeichen zu setzen, aber verweisen Sie das Mädchen bitte nicht direkt der Schule. Sie tut sich schwer Freundschaften zu schließen. Hat nicht jeder eine zweite Chance verdient?“

      Der Direktor machte einen nachdenklichen Gesichtsausdruck und schien mit sich zu ringen. Er warf mir einen prüfenden Blick zu. „Du befindest dich doch noch in Therapie, oder?“

      Ich nickte eilig. Als ich zuletzt die Schule verlassen hatte, war es auf meinen Wunsch hin geschehen und nicht weil ich irgendetwas verbrochen hatte.

      „Nun gut“, seufzte Mr. Sutherland und erhob sich aus seinem Stuhl. Er reichte

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