Schattenschwestern. Maya Shepherd
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„Du hättest sie umbringen sollen, das wäre für alle das Beste gewesen“, fuhr Wendy fort. Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Doch ehe ich einen Fehler begehen konnte, trat Dairine in Begleitung von Evan plötzlich an unseren Tisch.
„Geh jemand anderem auf die Nerven“, forderte Evan streng. Überraschenderweise hörte Wendy auf ihn, ohne Widerworte zu geben und stolzierte mit ihren Freundinnen aus der Cafeteria.
„Danke“, sagten Dairine und ich zeitgleich, worauf sie kicherte und Evan vertraut auf die Schultern klopfte. „Sehen wir uns später?“
Ihre Stimme klang dabei ganz ungewohnt. Viel höher und sanfter als ich es von ihr gewohnt war, fast etwas unsicher. Evan grinste sie an. „Ich komme nach dem Training bei dir vorbei.“
„Ich freue mich“, flötete Dairine und sah ihm nach, als er mit den anderen Jungen der Fußballmannschaft den Saal verließ. Mit verträumtem Gesichtsausdruck ließ sie sich seufzend neben mir nieder. Vor lauter Überraschung vergaß ich sogar wütend auf sie zu sein. „Habe ich da etwas verpasst?“
Ein breites Grinsen erschien auf ihrem Gesicht. „Wir wollen es langsam angehen lassen.“
„Wie kommt es? Fandest du Fußballspieler nicht immer doof?“, fragte ich sie verdutzt.
„Finde ich immer noch, aber Evan ist ganz anders, als ich es erwartet hätte. Er ist einfühlsam und wir können super miteinander reden“, schwärmte sie.
Ich hatte sie noch nie so glücklich gesehen und freute mich für sie, aber gleichzeitig tat es weh, dass sich in meiner Abwesenheit so viel in ihrem Leben verändert hatte und ich nicht dabei gewesen war. Während sich bei ihr alles zum Positiven wendete, ging bei mir alles den Bach runter.
Dairine sah mich mitfühlend an, als sie meinen traurigen Gesichtsausdruck bemerkte. „Ich weiß, du hast es gerade nicht leicht, aber ich bin immer für dich da, wenn du reden möchtest. Du bist und bleibst meine beste Freundin!“
„Das habe ich gemerkt“, zischte ich. Sie wich schuldbewusst vor mir zurück. „Es tut mir leid, dass ich dich nicht mehr in der Klinik besucht habe“, entschuldigte sie sich. „Aber ich konnte einfach nicht vergessen, wie du warst, als ich das eine Mal bei dir war. Ich hatte das Gefühl mit einer Fremden zu sprechen.“
Ich gab ein abfälliges Grunzen von mir. „Genau so geht es mir, wenn ich dich jetzt ansehe.“
Sie fuhr unbeirrt fort: „Du warst nicht du selbst, sondern voller Hass und hast kaum ein Wort gesagt. Ich konnte damit nicht umgehen.“
„Ich war in der Psychiatrie, was hast du erwartet? Dachtest du etwa sie würden mir rosa Pillen geben und alles wäre wieder gut?“ Ich schrie sie an, ungeachtet der anderen Schüler, die sich bereits zu uns umdrehten. Es wusste doch ohnehin schon jeder, wo ich die letzten Monate gewesen war.
Dairine beugte sich alarmiert zu mir vor und wollte ihre Hand beruhigend auf meine legen, doch ich ließ sie nicht. „Nein, natürlich nicht, aber ich hätte nicht gedacht, dass sie dich deiner Persönlichkeit berauben würden“, etwas trauriger fügte sie hinzu: „Du hast nicht einmal mehr gelacht.“
„Entschuldige, dass es nichts gab, worüber ich hätte lachen können“, schnaubte ich sarkastisch. Dairines Worte waren für mich nur lahme Ausreden und das tat mehr weh, als wenn sie gar nichts dazu gesagt hätte.
Wir sahen uns für einen Moment beide verzweifelt an. Sie wollte, dass ich sie verstand, schließlich senkte sie den Blick. „Ich hatte Angst vor dir“, gestand sie. Zuerst wollte ich ihr sagen, wie lächerlich ihre Behauptung war, doch dann erinnerte ich mich daran, dass sie sowohl dabei gewesen war, als ich meine eigene Schwester versucht hatte zu erwürgen, als auch bei Will, auf den ich wie eine Furie losgegangen war mit dem Ziel ihn umzubringen. Vielleicht hatte sie es bei Eliza wenigstens noch etwas verstehen können, aber Will war im Grunde ein Fremder für mich gewesen, der mir nichts getan hatte. Was hätte ich an ihrer Stelle gedacht? Wäre mein Vertrauen in sie so groß gewesen, dass ich mir hätte sicher sein können, dass ihre unbändige Wut sich nicht eines Tages auch gegen mich richten würde?
Während ich darüber nachdachte, ergriff sie erneut das Wort: „Es tut mir wirklich leid. Du hast jedes Recht wütend auf mich zu sein. Ich habe dich im Stich gelassen, als du mich am dringendsten gebraucht hast. Ich war dir eine schlechte Freundin.“ Sie sah mich reumütig an. „Bitte verzeih mir und gib mir eine zweite Chance. Du hast mir wirklich gefehlt! Auch wenn ich nicht bei dir war, habe ich jeden Tag an dich gedacht.“
Ihr Blick war so ehrlich, dass ich nicht anders konnte als ihr zu glauben. Trotzdem konnte ich nicht einfach so tun, als wäre nichts geschehen. „Ich kann dir darauf nicht sofort eine Antwort geben. Du hast mich sehr verletzt und ich weiß nicht, ob ich das einfach vergessen kann“, antwortete ich ihr in ruhigem Tonfall.
Dairines Augen füllten sich mit Tränen, aber sie nickte verständnisvoll. „Das verstehe ich, aber ich bin trotzdem jederzeit für dich da. Du kannst mich immer anrufen, wenn du jemanden zum Reden brauchst. Egal wann, auch mitten in der Nacht.“
Ein schwaches Lächeln glitt über meine Mundwinkel. „Ich werde es mir merken“, erwiderte ich versöhnlich. Ein Gefühl der Erleichterung durchströmte mich. Obwohl ich sie angeschrien und mich ihre Worte erst verletzt hatten, fühlte ich mich nun ein kleines bisschen besser - Irgendwie leichter. Es hatte gutgetan mich mit ihr auszusprechen. Würde ich dasselbe empfinden, wenn ich mich endlich trauen würde mit Eliza zu sprechen?
Nach der Schule nahm ich nicht den Bus nach Slade’s Castle, sondern lief stattdessen in Richtung Wexford zur Polizeiwache. Ich war denselben Weg schon einmal vor Monaten gegangen, auch wenn meine Erinnerungen daran verschwommen waren. Es war nach einem Fußballspiel gewesen. Ich hatte mich mit Lucas wieder vertragen wollen, stattdessen hatte ich ihn und Eliza knutschend in den Umkleiden erwischt. Der Schmerz, den ich empfunden hatte, war mit nichts zu beschreiben. Ohne nachzudenken hatte ich mich von meinem Hass leiten lassen und war geradewegs zur Polizei gegangen, um Eliza des Mordes zu beschuldigen. Vermutlich war es deshalb auch irgendwie meine Schuld, dass sie nun in Untersuchungshaft saß. Wenn ich als ihre eigene Schwester nicht gegen sie ausgesagt hätte, wäre sie vielleicht nie in Verdacht geraten. Wenn ich die Zeit zurückdrehen könnte, würde ich es anders machen. Ich wäre zwar immer noch wahnsinnig enttäuscht und verletzt, aber ich würde sie nicht verraten. Eliza hatte viel falsch gemacht, mehr als vielleicht verzeihbar war, aber sie würde immer meine Schwester bleiben, daran könnte nichts etwas ändern..
Ich atmete noch einmal tief durch, bevor ich die Tür zum Polizeirevier aufstieß. Am Empfang saß eine junge Polizistin, die neugierig aufsah, als ich eintrat. „Kann ich Ihnen weiterhelfen?“
„Ich würde gerne meine Schwester Eliza Rice besuchen. Sie befindet sich in Untersuchungshaft“, sagte ich eilig, wobei meine Stimme leicht vor Nervosität zitterte. Die Polizistin sah mich überrascht an, aber griff dann nach dem Telefonhörer. „Einen Moment, bitte.“ Sie tippte eine dreistellige Ziffernfolge ein und wartete, bis am anderen Ende jemand abhob. „Hier ist ein Mädchen, das Eliza Rice besuchen möchte.“ Sie wand sich kurz an mich. „Ihr Name?“
„Winter Rice.“
Sie gab meinen Namen weiter und legte schließlich mit den Worten „Okay, sage ich ihr“ auf. Sie erhob sich und kam mir entgegen. „Wenn du deine Schwester nochmal besuchen möchtest, melde dich bitte vorher an. Normalerweise genehmigen wir keine spontanen Besuche, aber deine Schwester hat schon oft nach dir gefragt.“
Ich