Schattenschwestern. Maya Shepherd

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Schattenschwestern - Maya Shepherd Dear Sister

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und legte mich auf mein Bett. Will ließ sich neben mir nieder. Selbst wenn er sich auf mich gelegt hätte, hätte ich davon nichts bemerkt. Es war nicht so, als ob er durch mich oder ich durch ihn hätte hindurchfassen können. Wenn ich ihn berührte, fühlte es sich eher an, als würde ich gegen eine Glasscheibe fassen: kalt und leblos.

      „Deine Tante ist heiß“, scherzte er nun. Noch mehr als wenn er sich zeigte, hasste ich es, wenn er mich beobachtete, ohne sich bemerkbar zu machen. Früher wäre er nie so direkt gewesen. Er war charmant und witzig, aber seine guten Manieren schien er mit seinem Tod verloren zu haben.

      Ich zuckte nur mit den Schultern. „Wenn du meinst.“

      „Ich habe dir von Anfang an gesagt, dass es unmöglich ist, dass du die einzige Schattenwandlerin in deiner Familie bist.“

      Er hatte mir einmal von seinem Vater erzählt, der ebenfalls ein Schattenwandler war, aber ihr Verhältnis war nicht gut. Ob er zu der Beerdigung seines Sohnes kommen würde? Ich wusste nicht einmal, ob sie schon stattgefunden hatte. Mit schlechtem Gewissen dachte ich an seine Mutter, die nun nicht nur ihren Mann, sondern auch noch durch meine Schuld ihren einzigen Sohn verloren hatte. Ein trauriger Ausdruck legte sich auf Wills Gesicht. Manchmal schien es mir, als könne er meine Gedanken lesen, aber er hatte mir bisher darauf keine Antwort gegeben. Auch dieses Mal nicht. Er verschwand so plötzlich wie er gekommen war und ließ mich alleine mit meinen Schuldgefühlen zurück. „Es tut mir Leid“, flüsterte ich in die Stille. Das tat es mir wirklich.

      Winter

      Es hatte aufgehört zu schneien, aber an den Straßenrändern türmten sich graue Schneeberge, während der Boden von einer rutschigen Eisschicht überzogen war. Mein Atem hinterließ kleine Wolken in der Luft, während ich über den Bürgersteig hastete, um den Schulbus noch rechtzeitig zu erreichen. Ich war etwas nervös – Untertreibung des noch so frischen Jahres! In Wahrheit schlug mir mein Herz bis zum Hals und meine Hände waren in meinen Handschuhen feucht, aber nicht vor Anstrengung, sondern aus lauter Angstschweiß. Ich war zuletzt vor drei Monaten in der Schule gewesen. Vermutlich wusste bereits jeder, dass ich in der Psychiatrie gewesen war. Wenn dann auch noch die Anklage von Eliza wegen Mordes dazukam, konnte ich mich auf etwas gefasst machen. Am liebsten wäre ich gar nicht in die Schule gegangen. Ich hatte meinen Eltern versucht glaubhaft zu machen, dass ich eine schlimme Erkältung hätte und deshalb unmöglich in die Schule gehen könnte. Aber ich war eine deutlich schlechtere Schauspielerin als Eliza und sie hatten mich sofort durchschaut. Trotzdem waren sie bestürzt gewesen, denn ich gehörte nicht zu den Mädchen die regelmäßig Schule schwänzen. Eigentlich hatte ich damit erst begonnen, seitdem Eliza zurück in Wexford war.

      Ich sah den Bus mit laufendem Motor an der Haltestelle stehen und beschleunigte meine Schritte, was auf dem gefrorenen Boden einer Rutschpartie glich. Außer Atem sprang ich in die geöffnete Tür. „Danke!“, keuchte ich dem Busfahrer entgegen, der offenbar auf mich gewartet hatte. „Danke nicht mir, sondern deinem Freund“, grinste er und deutete auf einen Jungen mit grauer Mütze, der direkt hinter der Fahrerkabine stand: Lucas. „Er hat mir gedroht die Notbremse zu ziehen, sollte ich es wagen ohne dich loszufahren“, scherzte der Mann amüsiert. „Nun setzt euch aber!“

      Lucas lächelte mich unsicher an. Er hatte ein schönes Lächeln, das bis zu seinen blauen Augen reichte. Früher hatte ein Blick in sein Gesicht genügt, damit meine Beine zu Gummi wurden und mein Bauch Purzelbäume schlug, aber jetzt tat es einfach nur weh ihn anzusehen. Vielleicht gab er sich tatsächlich Mühe, aber ich fühlte mich von ihm genauso verraten und im Stich gelassen, wie von allen anderen auch.

      „Danke“, murmelte ich und drängte mich an ihm vorbei.

      „Dieselben Plätze wie immer?“, fragte er hoffnungsvoll. Normalerweise saßen wir immer im hinteren Bereich in einer Zweierbank auf der rechten Seite. Ich schüttelte den Kopf und sah ihn ernst an. „Ich würde lieber alleine sitzen.“ Zur Bekräftigung setzte ich mich direkt hinter den Busfahrer und wand mein Gesicht der Fensterscheibe zu. Ich spürte wie er für einen Moment neben mir verharrte, aber dann weiter durch den Bus ging. Nur für einen Augenblick hatte ich befürchtet, dass er meine Bitte ignorieren würde. Ich lehnte meinen Kopf gegen das kühle Glas der Scheibe und schloss die Augen. Obwohl es Lucas war, der mich betrogen, belogen und benutzt hatte, empfand ich ihm gegenüber ein schlechtes Gewissen. Es fiel mir nicht leicht ihn abzuweisen, während er sich so bemühte. Aber der Gedanke so zu tun, als wären wir immer noch Freunde, tat noch viel mehr weh.

      Vor dem Eingang der Schule strömten die Massen an Schülern wild durcheinander. Es war der erste Tag nach den Ferien und alle hatten sich viel zu erzählen. Ich sah überall hin und gleichzeitig versuchte ich die Blicke mit denen ich bedacht wurde, auszublenden. So bemerkte ich Dairine erst, als ich aus dem Bus stieg und beinahe direkt in sie hineingelaufen wäre. Sie musste auf mich gewartet haben, denn nun breitete sie ihre Arme aus und zog mich in eine feste Umarmung. Ich atmete den Geruch ihres Apfelshampoos ein und freute mich tatsächlich sie zu sehen. „Du hast mir so gefehlt“, kreischte sie freudig und küsste mich auf die Wange. Als sie sich von mir löste, konnte ich sie erst richtig ansehen. Sie sah verändert aus. Die vielen bunten Strähnen waren aus ihrem schwarzen Haar völlig verschwunden. Sonst hatte sie auf ihrer Schuluniform immer eine Vielzahl von Buttons verschiedener Rockbands und farbige Bänder getragen, doch auch davon war nichts mehr übrig geblieben. Ihre Veränderung erinnerte mich daran, dass sie mich in Velvet Hill nur einmal besucht hatte und danach nie wieder, dabei hätte ich eine Freundin gut gebrauchen können. Nun stand sie mir genau wie Lucas gegenüber und tat, als wäre nichts gewesen. Fairerweise musste ich zugeben, dass sie mir an Weihnachten und Silvester mehrere Nachrichten geschickt und mich immer wieder versucht hatte anzurufen, aber ich sie beharrlich ignoriert hatte. Wenn sie mich gefragt hätte wie es mir ging, hätte ich nicht gewusst, was ich ihr antworten sollte.

      Dairine bemerkte meinen kritischen Blick und das Lächeln verschwand aus ihrem Gesicht. Schuldbewusst sah sie mich an, so als wüsste sie genau, was ich in diesem Moment gedacht hatte. „Ich bin froh, dass du wieder da bist“, bekräftigte sie noch einmal eindringlich. „Sollen wir reingehen?“

      Ich nickte und folgte ihr ins Schulgebäude. Immer wieder hörte ich wie mein Name in Gesprächen hinter vorgehaltener Hand gezischt wurde. Die Blicke der anderen schienen sich in meinen Rücken zu bohren, doch wenn ich mich umsah, taten alle so, als nähmen sie keine Notiz von mir.

      Als wir das Klassenzimmer betraten, wäre ich am liebsten sofort wieder rückwärts rausgegangen, denn Mona und Aidan saßen an einem Tisch, direkt vor dem Lehrerpult. Seine Hand lag vertraut auf ihrer, als sie zu uns aufsahen. „Hey“, sagte Mona leise, während Aidan sich erhob und auf uns zuging. Er streckte Dairine seine Hand entgegen. „Hallo, ich bin Aidan.“

      Dairine sah verwirrt zwischen mir und ihm hin und her. Sie spürte meine Abneigung, aber kannte den Grund dafür nicht. Das bewies nur wie viel mittlerweile zwischen uns lag. Sie war meine beste Freundin und wusste nicht einmal etwas über meinen letzten Beinahe-Freund. Als sie seine Hand ergriff, ging ich an ihnen vorbei und ließ mich auf meinen Platz in der hintersten Reihe fallen. Dairine setzte sich neben mich und schaute immer wieder besorgt zu mir, während sich das Klassenzimmer langsam füllte. „Alles ok?“, flüsterte sie.

      Dachte sie etwa ich könnte ihr alles, was mir in den letzten drei Monaten widerfahren war, innerhalb von ein paar Minuten erzählen? „Geht schon“, raunte ich abweisend und sehnte mir Mrs. Kelly, unsere Musiklehrerin, mehr denn je herbei. Doch auch nach Läuten der Schulglocke war sie noch nicht aufgetaucht. Es war schrecklich in dem kleinen Raum mit all den Anderen gefangen zu sein, die über mich oder meine Schwester tuschelten. Sie gaben sich nicht einmal mehr Mühe es zu verbergen.

      Bitte keine Freistunde!, betete ich in Gedanken, als die Tür schwungvoll aufgerissen wurde und Liam in Bikerboots

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