DAS GESCHÄFT - TEIL 1. Christoph Hoenings

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DAS GESCHÄFT - TEIL 1 - Christoph Hoenings

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geschehen war. Pato war in Deutschland aufgewachsen, liebte dieses Land aber nicht. Die deutsche Sprache beherrschte er perfekt. Als sein Vater im Generalkonsulat in Hamburg arbeitete, war er dort zur Schule gegangen, wegen seines leicht indianischen Aussehens aber von den Mitschülern häufig als der Inka gehänselt worden. Dass er Pato hieß, und Pato auf Deutsch Ente bedeutet, hatte erheblich zur Belustigung seiner Mitschüler beigetragen. Er war froh, als er mit achtzehn Jahren nach Lima zurückkehren konnte. Nach seinem Studium an der Universidad Catolica, wo er Wirtschaftswissenschaften, Politologie und, sinnigerweise, Deutsch studiert hatte, wurde er von einem Freund seines Vaters, Maximo Nasini, zur PIP verpflichtet. Nasini bekleidete damals schon einen Posten im Generalsrang und hatte die Arbeit in schillerndsten Farben geschildert. Im Übrigen ersparte die Arbeit bei der PIP Enrique Pato den Wehrdienst.

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      Das Gespräch war geführt worden aus dem lokalen Vertretungsbüro der Deutschen Rhein-Ruhr-Stahlwerke an der Avenida Venezuela.

      Das Büro hatte, wie Pato von seinem Rechner erfuhr, etliche peruanische Mitarbeiter, nur der Leiter, Ludwig Kinzel, war Deutscher. Pato kannte die DRRS als einen großen Industriekonzern mit Aktivitäten im internationalen Kraftwerks- und Anlagenbau. Und als Hersteller von Rüstungsgütern.

      Er beschloss, sich Kinzel anzusehen.

      Das war für ihn einfach.

      Er rief die Datei der in Lima registrierten deutschen Anwohner auf. Ludwig Kinzel zu finden, war kein Problem. Das Bild eines dicklichen Mannes, Kinzels Lebenslauf, Adresse in Miraflores, einem von Ausländern und reichen Limensern bevorzugten Stadtteil, Antrag auf Aufenthaltsgenehmigung, Details über seine Familie, Angaben über soziale und geschäftliche Kontakte, all das erschien auf Mausklick auf Patos Bildschirm. Sogar Kinzels Fingerabdrücke waren abgebildet. Kinzel hatte Abdrücke aller zehn Fingern machen lassen müssen, als er seine Aufenthaltsgenehmigung beantragt hatte.

      Enrique Pato stellte sicher, dass jeder telefonische Kontakt, den Kinzel im Büro oder zuhause vorläufig hätte, mitgeschnitten werden würde.

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      Auch Oberst Carlos Garcia Alvarez nahm den Kopfhörer ab. Garcias Aufgabe in der Inteligencia Militar, dem militärischen Geheimdienst war, Ferngespräche und E-Mail-Austausch deutscher Geschäftsleute mit dem Heimatland zu überwachen und auszuwerten. Da es für die deutsche Sprache nur wenige Experten gab, war sein Rang für diese Aufgabe relativ hoch. Dies lag auch daran, dass er vor zwei Jahren hatte wertvolle Tipps geben können, als der Kauf von Schützenpanzerwagen anstand und die Deutschen ungeniert am Telefon mit der Unternehmensleitung zuhause über die Preiskalkulation konferierten. Er hatte herausgefunden, dass sein Land fünf Millionen Dollar würde sparen können.

      Ludwig Kinzel hatte er persönlich nie gesehen. Trotzdem kannte Garcia Kinzels Stimme. Das brachte es mit sich, wenn man Telefonate mithörte oder Tonbänder mitgeschnittener Gespräche auswertete.

      Garcia war froh, dass er das Telefongespräch Kinzels mit dem Teilnehmer in Deutschland zeitgleich mitgehört hatte. Nachdenklich betrachtete er das Tonband, das mitgelaufen war.

      Dann schaltete er seine Geräte so, dass ab sofort jedes Telefonat und jede e-mail von oder zu Kinzel mitgeschnitten würde.

      Der Name Fernandez sagte ihm nichts. Fernandez´gab es Lima zu Hunderten.

      Den Mitschnitt des Gespräches speicherte er auf einem USB-Stick, um anschließend das Band zu löschen. Den Datenträger steckte er sorgfältig weg.

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      Am folgenden Nachmittag ließ Rupert Graf seine Sekretärin eine E-Mail an Kinzel senden.

      Graf war ein Mann in der zweiten Hälfte der Fünfziger, mittelgroß, schlank und fast kahlköpfig. Die verbliebenen Haare rasierte er sich weg, weil er fand, dass ihn ein kahler Schädel jünger aussehen ließ als ein Kopf mit grauem Haarkranz.

      „Wenn Du kurzfristig den Termin arrangieren kannst, komme ich am Wochenende. Sobald Du bestätigst, wird meine Sekretärin die Flugdaten durchgeben."

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      Kinzel rief seinen Freund Walter Fernandez an.

      Nach dem Austausch von Höflichkeiten, wechselseitigen Fragen nach dem Wohlbefinden der Familie - Kinzel hasste diese Vergeudung von Zeit und diese Scheinheiligkeit, weil diese Prozedur durchgemacht werden musste, selbst wenn man sich noch drei Stunden zuvor gesehen hatte - sagte Kinzel:

      "Mein Freund aus Deutschland kann am Wochenende kommen."

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      In den Büros von Oberst Carlos Garcia und von Enrique Pato schalteten die Computer ab. Sie hatten die E-Mail und das anschließende Telefonat aufgenommen. Sie hatten weiterhin anhand des Wahltons die von Kinzel angewählte Rufnummer analysiert und warfen soeben den Namen Walter Fernandez Semenario und dessen Anschrift im Stadtteil Miraflores aus.

      Oberst Garcia war schon früh im Büro und hatte die Telefonate Kinzels mitgehört. Die E-Mails hatte er mitgelesen. Sobald er die Anschrift von Walter Fernandez ausgedruckt bekam, stand er auf und führte aus dem Nebenzimmer ein Telefonat.

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      Vize Admiral Rogerio Homer Chavez Vicario saß am Schreibtisch seines Arbeitszimmers. Er hatte eine Reihe seiner Offiziere um sich, die über eine Übungsfahrt mit einem der zwei noch halbwegs intakten U-Boote berichteten. Es hatte Probleme mit den überalterten Batterien gegeben, die dringend des Austausches bedurften. Angesichts der aktuellen politischen Lage waren jedoch im Moment Überwasserschiffe wichtiger, damit sein Land in der 200-Meilenzone vor einer zweitausend Kilometer langen Küste Präsenz zeigen konnte. Der bissige Anruf des Ministers für Fischereiwesen vor zwei Wochen, warum sich das Land den Luxus einer Marine leistete, wenn japanische und russische Fangflotten das Meer vor der peruanischen Küste in Seelenruhe leerfischten, hatte ihn geärgert.

      "Exzellenz," hatte er gesagt, "Geben Sie mir endlich Mittel, die Marine zu modernisieren! Wir brauchen dringend neue Schiffe! Wenn wir selbst in der Lage sind, den geraubten Fisch zu vermarkten, machen sich neue Schiffe schnell bezahlt."

      Der Minister hatte ihn aufgefordert, eine Vorlage zu erarbeiten, in der er diese Aussage belegte.

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      Eines der Telefone auf Admiral Chavez´ Schreibtisch klingelte.

      Sein Privatanschluss.

      Er hob ab. Eine Stimme sagte:

      "Es geht um Maria. Können wir Montag bei mir zuhause mit ihr zu Mittag essen?"

      Walter hatte es offenbar geschafft, die Deutschen zu interessieren.

      Chavez antwortete:

      "Montag passt."

      Die Stimme sagte: "Danke!" Die Leitung war unterbrochen.

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      Enrique Pato ärgerte sich über die Colectivos. Colectivos sind Sammeltaxen, die auf der Avenida Arequipa an jedem Block halten. Passagiere mit ähnlichen Fahrtzielen teilen sich Taxen, so dass die Taxifahrt für den Einzelnen kaum teurer wird als eine Busfahrt. Die Avenida Arequipa ist eine vierspurige Straße, in der Mitte mit einem Grünstreifen mit hohen Bäumen, die angenehmen Schatten spenden. Außerdem ist die Avenida Arequipa lang. Sie zieht sich schnurgerade vom Zentrum Limas bis in den Vorort

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