DAS GESCHÄFT - TEIL 1. Christoph Hoenings
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Er saß im Halbdunkel, und außer dem Barkeeper kümmerte sich niemand um ihn. Niemand nahm Notiz von ihm. Er versuchte, von Lippen abzulesen, um was sich die Unterhaltung drehte, allerdings ohne Erfolg.
Was er feststellte, war, dass Liliana de Fernandez, wenn sie Roxana Torreblanca ansah, kritisch, abschätzend wirkte, und sie schien sie sehr von oben herab zu behandeln.
Pato beschaute sich die Personen, die er heute zum ersten Mal alle beieinander sah. Den dicklichen Ludwig Kinzel, der trotz offensichtlich teurer Kleidung nicht elegant aussah.
Seine Frau Karin war auch nicht gerade schlank, wirkte aber ungleich eleganter als Kinzel.
Pato war sicher, dass ihre Haarfarbe nicht ohne chemische Nachhilfe so blond war.
Pato hatte während seines Aufenthaltes in Deutschland viele Frauen ihres Typs gesehen, kräftig, mit runden Formen, eher mütterlich als erotisch, trotz eleganter Kleidung und teuren Schmucks.
Walter Fernandez: Übergewichtig, hochelegant, schon beinahe feminin, einen dicken Goldring am Finger, gegenüber den Damen sprühend vor Charme, unablässig lächelnd.
Dazu diese erheblich jüngere Frau, die Pato als affektiert empfand, rassig zwar, ebenfalls sehr elegant, aber arrogant gegenüber den Kellnern.
Pato fragte sich, ob er Graf sympathisch fand. Er war für Pato schwer einschätzbar. Er schien Autorität zu haben. Seine Kleidung fand Pato zu jugendlich für Grafs Alter. Andererseits hatte er in Deutschland viele Männer gesehen, die sich einen Tick zu jugendlich kleideten, die offenbar Schwierigkeiten mit dem Älterwerden hatten. Was Pato gefiel, war, dass Graf nicht wie viele Männer seines Alter versuchte, seine Glatze zu verstecken sondern sie im Gegenteil durch den kahlgeschorenen Kopf kultivierte.
Am bestengefiel Pato Roxana Torreblanca. Pato fand sie sehr attraktiv, mit einer Figur, die ihm eine Pfütze auf der Zunge zusammenlaufen ließ, einem wunderschönen Po, der sich, als vorhin alle an der Bar gestanden hatten, unter ihrem engen Kleid abgezeichnet hatte.
Mit Roxana, überlegte Enrique Pato, sollte er je die Chance bekommen, würde er sofort ins Bett gehen.
Sie war ungefähr so alt wie er. Unter normalen Umständen hätte er sie aufgrund seines Aussehens, seiner beruflichen und seiner gesellschaftlichen Stellung für sich gewinnen können. Aber, so sagte ihm eine innere Stimme, nachdem sie in den Kreis so wohlhabender Männer wie Fernandez, Graf und Kinzel geraten war, würde sie für ihn wahrscheinlich nur ein müdes Lächeln übrig haben.
Es wurmte und berührte ihn, wie Roxana Graf anhimmelte. Pato fühlte so etwas wie Eifersucht.
Dass Graf morgen abflöge, wusste er.
Kinzel und Fernandez würde er im Auge behalten. Roxana Torreblanca ebenfalls. Was immer geplant war, dies konnte nur der Auftakt gewesen sein.
Im Auge behalten müsste er auch Garcia.
Pato war verwundert, dass Garcia heute Abend nicht hier war.
Aber vielleicht saß ja doch deshalb Roxana Torreblanca mit am Tisch.
Pato dachte darüber nach, dass er mit Ausnahme Lilianas niemanden in der Runde richtig unsympathisch fand, Roxana und Graf sogar sympathisch. Trotzdem würde er nicht die geringste Hemmung haben, sie allesamt hochgehen zu lassen.
Er verließ das Clubhaus, als er sah, dass Walter Fernandez an der Bartheke diskret die Rechnung zeichnete, und setzte sich in seinen Wagen.
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Als kurz darauf die Gesellschaft ins Freie trat, verstand Pato zunächst nicht die Unruhe, die erkennbar wurde. Kinzel guckte in sein Auto und ging zurück ins Klubhaus.
Nach wenigen Augenblicken, die anderen hatten in der Nähe der Fahrzeuge gestanden und sich unterhalten, kam Kinzel zurück.
Jetzt wurde gerufen. Pato glaubte, den Namen Oscar zu hören.
Kinzel ging zur Fahrertür des Mercedes und schien überrascht, dass diese nicht abgeschlossen war. Er setzte sich in das Auto, die Scheinwerfer gingen an, und es wurde mehrfach gehupt. Kinzel stieg erneut aus und rief.
Die Frau Kinzels ging zurück ins Restaurant, kam ebenfalls nach wenigen Augenblicken mit dem Portier wieder heraus.
Es folgte wiederum, diesmal mehrstimmiges Rufen, und dieses Mal war Pato sicher, dass 'Oscar' gerufen wurde.
Erneutes, diesmal anhaltendes Hupen.
Nach einer guten Viertelstunde, eher zwanzig Minuten weiteren Rufens, Hupens und ratloser Diskussionen stiegen schließlich Graf und Roxana zu Kinzel in den Mercedes, Fernandez und Frau in ihren BMW und die Frau Kinzels in ihren Golf. Alle drei Fahrzeuge setzten sich in Gang, der Mercedes zuerst, dann der Golf. Fernandez' BMW fuhr als letzter vom Parkplatz und bog in die Straße, die vom Golfplatz aus zur Hauptstraße führte.
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"Ihr müsst bitte entschuldigen, aber so was ist mir mit Oscar noch nie passiert," sagte Ludwig Kinzel zu Graf und Roxana, während sie in Richtung Innenstadt rollten. "Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, einfach wegzulaufen. Das sieht ihm überhaupt nicht ähnlich!"
"Vielleicht hat er eine nette Dame kennengelernt, die nach Hause gebracht werden wollte," sagte Graf von hinten.
Roxana saß auf dem Beifahrersitz.
"Wenn er weggegangen wäre, hätte er eine Nachricht hinterlassen. Er ist immer zuverlässig! Ich verstehe das nicht." Kinzel war immer noch ratlos.
"Reg´ dich nicht auf, Lutz, es gibt bestimmt eine ganz einfache Erklärung. Warte ab, morgen taucht er wieder auf. Immerhin hat er dir die Autoschlüssel dagelassen."
Graf war unbeeindruckt. Er müsste um sechs Uhr aufstehen.
Deshalb hatte er darauf gedrängt, dem Portier des Restaurants einen größeren Geldbetrag zu hinterlassen mit der Anweisung, diesen Oscar auszuhändigen, wenn er wieder auftauchen würde, damit er mit einem Taxi nach Hause fahren könnte. Graf hatte allerdings Zweifel, ob der Portier ihm das Geld tatsächlich aushändigen und nicht lieber selbst einstecken würde.
Das war ihm allerdings jetzt auch egal, er wollte zurück ins Hotel.
"Na, Roxana, wie hat dir der Abend gefallen?" wollte er wissen. Über die Rücklehne ihres Sitzes hinweg kraulte er ihren Nacken.
"Es war sehr schön und sehr interessant, Rupert. Vielen Dank, dass ihr mich mitgenommen habt. Und vielen Dank, dass ihr euch bei Bustamante für mich eingesetzt habt."
Sie drückte ihren Kopf nach hinten, um seine Hand stärker zu fühlen.
"Schließlich kann der für Señorita Roxana auch was tun, bei dem, was wir für ihn tun," sagte Kinzel.
Roxana hätte gerne gefragt, was sie denn für Bustamante täten, hielt aber den Mund.
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Sie fand es sehr höflich von beiden, dass sie in ihrer Anwesenheit Spanisch und nicht Deutsch gesprochen hatten, auch wenn sie von dem Sinn des Gespräches nichts verstanden hatte.
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