Wo du hingehst, will ich nicht hin!. Wilma Burk

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Wo du hingehst, will ich nicht hin! - Wilma Burk

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und mich gebeten, ihnen wieder ein Zimmer in der Pension bei uns um die Ecke zu bestellen. Sie wollten für das nächste Wochenende zu mir kommen. Helmut und Margot waren oft bei mir. So, wie Helmut versprochen hatte, er würde immer für mich da sein, so hielt er es auch. Sie waren es gewesen, die sofort kamen, als ich ratlos nach Konrads Tod allein dastand. Sie hatten mir bei all den schweren Wegen, die zu erledigen waren, geholfen. Und sie hatten mich gestützt, als ich hinter seinem Sarg hergehen musste und am liebsten mit ihm gegangen wäre. Ich war ihnen sehr dankbar dafür.

      Helmut und mich verband eine tiefe, vertraute Freundschaft. Als ich Margot zuerst kennenlernte, da spürte ich kurz eine gewisse Zurückhaltung bei ihr, fast wie Eifersucht. Doch bald hatte sie wohl unsere Geschichte erfahren, hatte verstanden, dass von mir keine Gefahr ausging und ich gewann noch eine aufrichtige Freundin dazu. Helmut hatte sich gleich in mich verliebt, als er mir zum ersten Mal begegnet war. Da war ich aber bereits die Frau seines besten Freundes aus Kriegstagen gewesen. Mir gefiel seine aufmerksame Art, mit der er mich damals bedachte. Lange hatte ich nichts geahnt, ja, ich schloss mich ihm sogar gefährlich eng an, je größer die Enttäuschungen und Spannungen zwischen Konrad und mir wurden. Als dann unsere Ehe beinahe zerbrochen wäre, hatte sich Helmut Hoffnungen gemacht. Konrad und ich fanden aber wieder zueinander. Zwei Jahre lang hatten wir ihn danach nicht mehr gesehen. Doch plötzlich war er durch einen Zufall wieder da gewesen. Geblieben ist von alldem eine besonders vertraute Freundschaft, die uns beide seither miteinander verbindet. Das aber hat niemanden wehgetan, weder Konrad noch später Margot. „Wir wissen schon, wie wir mit euch dran sind“, hatten sie manchmal lachend gesagt.

      Das war nun viele Jahre her. Ihre beiden Kinder, Niklas und Katja, waren erwachsen und gingen bereits eigene Wege. Katja war längst zu Hause ausgezogen, lebte in einer eigenen Wohnung und hatte, wie es schien, einen festen Freund. Der wiederum besaß ein Appartement. So waren sie mal bei ihm oder mal bei ihr zusammen. Dass ihnen das gefiel, verstand Niklas nicht. Er, dem es nicht an Freundinnen mangelte, zog es vor, noch in dem komfortablen Haus seiner Eltern zu wohnen. Das befand sich in einer vornehmen Gegend von Berlin, im Grunewald. Margot und Helmut waren eben sehr wohlhabend mit ihrem Anteil vom Vater her an der Baufirma „Zumbold“, die in Berlin nicht unbekannt war. Dennoch hat es in all den Jahren unserer Freundschaft zwischen uns nie eine Unstimmigkeit aus Neid gegeben, obgleich wir ihnen gegenüber bescheiden lebten. Nur als Margot ihre Kinder zur Welt brachte, da hatte es mir noch einmal wehgetan, weil ich kurz vor der Entbindung mein Kind verloren hatte und damit auch die Fähigkeit, jemals Kinder zu bekommen.

      Irgendwann danach dachte ich daran, wieder arbeiten zu gehen und bekam nach längerer Arbeitslosigkeit eine Stellung in einem Verlag. Wir konnten viele Reisen in die Berge machen, wann wir wollten, ohne Rücksicht auf Kinder nehmen zu müssen. Durch diesen Verlag kam es wohl dazu, dass ich selbst eines Tages begann zu schreiben. Allerdings wollte mir der richtige Durchbruch damit nicht gelingen.

      Manchmal hatte ich mich sogar gefragt, ob Konrad das überhaupt verkraftet hätte. Die jungen Frauen von heute erwarten das von ihren Männern. Doch ich glaube, es bringt kein Mann, nicht eifersüchtig auf den Erfolg seiner Frau zu sein. Oder warum sitzen Frauen noch immer hauptsächlich in untergeordneten Stellungen? Und wie schwer ist es noch immer für eine Frau, Familie und Beruf miteinander zu verbinden? Schon die Wirtschaftswelt tut wenig dazu, der Frau das zu erleichtern. Es wird erwartet, dass eine Frau sich beruflich so einsetzen kann wie ein Mann, wenn sie Erfolg haben will. Hatte Mama nicht recht gehabt, wenn sie behauptete, die Frauen machten sich mit ihrer Emanzipation etwas vor, so viel, wie sie glaubten, hätten sie in Wahrheit noch nicht erreicht?

      Katja, die Tochter von Helmut und Margot, hatte sich darüber wohl Gedanken gemacht. Sie war jetzt fünfundzwanzig Jahre alt und studierte seit ein paar Jahren Architektur. Sie ging noch zur Schule, als sie bereits verkündete, sie würde nie heiraten, denn sie wollte eine Karriere als Architektin machen, und eins ginge nur. „Mich kann nur einer sonntags haben. Für seine Pantoffeln muss er selbst sorgen“, pflegte sie zu sagen. So war es eigentlich erstaunlich, dass ihre Freundschaft mit Alexander bereits so lange hielt. Er lachte sogar dazu. Ich hatte manchmal den Verdacht, vielleicht war es ihm sogar recht.

      Über ihren großen Bruder Niklas, siebenundzwanzig Jahre alt, schüttelte sie nur den Kopf. Er wollte einmal eine Frau heiraten, die, genau wie seine Mutter, nur für die Familie da sein und Zeit für ihn und die Kinder haben sollte. „Ich will am Abend nicht eine abgehetzte Frau vorfinden, die nicht weiß, was sie zuerst machen soll, und von mir noch erwartet, dass ich das Staubtuch schwinge“, sagte er. Meistens jedoch waren seine Freundinnen studierte Frauen, von denen das wohl kaum zu erwarten war.

      Katja lachte darüber. „So eine, wie du suchst, findest du heute nicht mehr, wenn du auch noch wert darauf legst, dass sie deinen geistigen Ansprüchen genügt“, hielt sie ihm vor.

      Margot meinte dazu: „Jeder sollte leben können wie er will und sich nicht nach den andern richten. Ich finde es schlimm, wenn die Menschen irgendeinem Trend der Zeit hinterherlaufen und etwas tun, nur weil es gerade so gemacht wird.“

      Ich freute mich auf den Besuch von Helmut und Margot am Wochenende. Neugierig war ich darauf, was sie mir von Susanne und Robert erzählen würden. Sicher wusste Margot mehr davon als Traudel. Wozu aber sollte man Susanne nur raten? Wie ich auch überlegte, ich wusste es nicht. Ich vermied es auch, sie in den nächsten Tagen anzurufen. Da ging es mir wohl wie ihrem Vater Karl-Heinz, ich wollte sie bei dieser schwierigen Entscheidung nicht noch mit meiner Meinung verwirren.

      *

      Mit frohem Gefühl erwachte ich, als mich Julchen an dem Tag wach stupste, da Helmut und Margot zu mir kommen wollten. Das Zimmer für sie in der Pension hatte ich bestellt. Noch als Konrad lebte, waren sie oft hergekommen. „Wenn ihr geglaubt habt, ihr werdet uns los, nur weil ihr von Berlin weggezogen seid, dann habt ihr euch geirrt“, flachste Helmut. Nur bei uns mit im Haus wohnen, das wollten sie nicht. „Ihr sollt euch freuen, wenn wir kommen. Wir wollen euch nicht auf den Geist gehen, nur weil wir uns nicht aus dem Wege gehen können“, meinten sie dazu. Vielleicht hatten sie recht. Besonders als Konrad zuletzt alles mehr und mehr anstrengte, war es sicher gut. Sie achteten auch darauf und waren immer rücksichtsvoll. Margot war ohnehin kein Mensch, der sich aufdrängte. Als dann Konrad gestorben war, behielten wir es einfach bei, dass sie in der Pension wohnten, obwohl jetzt wirklich Platz genug im Haus wäre.

      Noch schlaftrunken griff ich Julchen ins Fell, die wie jeden Morgen erst einmal zu mir ins Bett gesprungen war. Ohne Streicheleinheiten am Morgen, das hätte sie mir übel genommen. Prüfend sah ich zu den noch zugezogenen Vorhängen hin. Das wird ein schöner Tag, glaubte ich. Mir war, als könnte ich den Sonnenschein des beginnenden Tages durch die dichten Vorhänge am Fenster ahnen.

      Meine Vermutung fand ich bestätigt, als ich aufstand und die Vorhänge beiseiteschob. Windstill war es und die Sonne warf von Bäumen und Sträuchern noch lange Schatten im Garten. Oben auf dem Weg über den Berg gingen einige mit ihren Hunden entlang. Ein einzelner Reiter zog dort auch seines Weges in den frühen Morgen.

      Julchen stand bereits an der Tür und wartete darauf, dass ich mit ihr unsere erste Runde ging. Ich nahm die Gießkanne mit. Sicher waren die Blumen auf dem Friedhof wieder durstig bei diesem trockenen und sonnigen Wetter.

      Julchen sah die Gießkanne in meiner Hand und schon schlug sie gleich den Weg zum Friedhof ein. Fröhlich sprang sie vor mir her. Sie schnupperte hier, sie schnupperte da, damit erfuhr sie, wer alles schon vor ihr da gewesen war. Manchmal sträubte sich ihr Fell dabei, manchmal wedelte sie freudig mit dem Schwanz. Damit konnte ich ahnen, was sie mir vielleicht mitteilen würde: „Aha, hier war der alberne Köter mit dem zotteligen Fell, der mich immer nervt mit seinem Gepiepse und seiner Aufforderung zum Herumtoben. Doch nicht mit mir! Und da, das ist doch wirklich der Duft dieser eingebildeten Hündin, die Schwanz und Kopf nicht hoch genug tragen kann. Na warte! Ein Paar Tropfen muss ich noch in der Blase haben. Mal erst zu Frauchen hoch schielen - aha, sie lacht, sie weiß, was ich tun will. Also, dann! Wo genau ist die Stelle? Nur richtig zielen - ist

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