Welt mit kleinen Fehlern günstig abzugeben. Peter G. Kügler

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Welt mit kleinen Fehlern günstig abzugeben - Peter G. Kügler

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schrie Max in seinen Kopf. ‚UND KÖNNTEN WIR UNS JETZT WIEDER AUF DIE RETTUNG UNSERES ARSCHES KONZENTRIEREN? ICH KÖNNTE HIER ETWAS UNTERSTÜTZUNG GEBRAUCHEN!’

      „Ach, reg dich ab. So toll ist der jetzt auch wieder nicht.“

      „Wer? Schwarzenegger?“

      „Nein, unser Arsch.“

      „Ach der.“

      Max wusste für einen Moment nicht, was ihn mehr aufbrachte: die Angst vor dem Fremden oder die Wut über die Ignoranz der Situation in seinem Kopf. Die Wut siegte. Doch er konnte sich schlecht selbst verprügeln. Also warum sollte dann nicht wenigstens jemand anderes herhalten? Sein Gegenüber hatte es auf ihn abgesehen. Warum sollte er da seine Haut nicht so teuer wie möglich verkaufen? Er könnte ihm wenigstens noch ein bisschen wehtun bevor er unterging. Einer musste schließlich für seinen Kopf den Kopf herhalten. Und hieß es nicht immer Angriff sei die beste Verteidigung? In seinem Kopf wurde unterdessen zielgerichteter diskutiert.

      „Eine Waffe wäre nicht schlecht. Doch woher nehmen? An diesem Ort? Zu dieser Stunde?“

      „Das ist doch auch aus diesem Film. Der mit dem Flugzeug. Die… die… die… unglaublich, was man alles so vergisst.“

      „Film, gutes Stichwort! Im Film hätte der böse Bube ein Messer gezogen und sein zunächst wehrloses Opfer würde daraufhin geistesgegenwärtig eine herumstehende Flasche zerbrechen, um sich mit deren messerscharfen Kanten zu verteidigen. Also, lasst uns eine Flasche suchen!“

      „Das dürfte nicht allzu schwer sein. Laufen ja genug davon herum…“

      „Schnauze, Scherzkeks!“

      „Nur gut, dass wir soviel Fern sehen. Da behaupte noch einer, das würde verblöden!“

      „Um wieder auf die Flasche zurückzukommen…“

      „Folget der Flasche!“

      „Jehova! Jehova!“

      „Jeder nur ein Kreuz!“

      „NOCH EIN WORT UND IHR KOMMT DORTHIN, WO ES AM DUNKELSTEN IST!“, schrie die Chefstimme.

      „Hier unten ist kein Platz mehr!“, protestierte es aus ungewohnter Tiefe.

      „MAX, SUCH EINE FLASCHE!“

      Max sah sich hastig um. Auf dem Nachbartisch standen noch die Reste einer Mahlzeit, deren überwiegender Teil das Lokal mit ihrem neuen Besitzer schon längst verlassen hatte. ‚Schlampiges Personal. Das gibt Punktabzug in der B-Note. Auch wenn sie nur lausige Billigjobs hier haben. So kriegen die nie einen Stern.’ Keine Flasche zu sehen. Nur ein Pappbecher, der bis vor Kurzem noch einen halben Liter Milch in seinem Innern beherbergt hatte. Max glaubte nicht, dass dessen Bruchkanten sein Gegenüber in irgendeiner Weise beeindrucken würden. Da soll noch einmal einer sagen, Milch wäre gut für die Gesundheit! Für seine Gesundheit wäre eine Flasche Bier jetzt eindeutig besser. Aber bei seinem Glück wäre das bestimmt eine dieser neumodischen PET-Flaschen. Wie hieß es so schön in der Werbung? Unkaputtbar! Es lebe der Fortschritt. Und die Kerze auf dem Tisch, die Max so unpassend wie eine Rose in einem Trümmerfeld vorkam und wohl ein Hauch Atmosphäre in diesen Raum bringen sollte, war auch nicht wirklich als Waffe zu gebrauchen. Es sei denn, sein Gegenüber hätte eine ausgeprägte Wachsallergie. Die Wahrscheinlichkeit stufte Max allerdings als recht gering ein.

      „Vielleicht könnten wir dem Anderen mit voller Wucht die leere Pappschachtel entgegenschleudern und hoffen, dass ihn das wenigstens in totale Verwirrung stürzt?“

      „Wie bitte?!?“

      „War nur so ne Idee…“

      Diese blöden Vegetarier! Von wegen gesund! Diese Ernährung war für den Verteidigungsfall völlig ungeeignet und damit höchsten Grades ungesund! Welch Verletzungspotential dagegen doch eine als Wurfgeschoss genutzte gut durchgebratene Frikadelle hätte! Ein Eisbein in den falschen Händen könnte eine kosmische Katastrophe auslösen! Und schon allein der Anblick von triefenden Fritten aus altem Fett würde den gesündesten Körper praktisch innerhalb von Sekunden kollabieren lassen.

      „Hätten wir doch vorhin wenigstens einen Körnerweck bestellt. Dann könnten wir gezielt Kerne in sein Auge spucken und uns so einen kleinen strategischen Vorteil verschaffen.“

      „Oder wenn wir doch wenigstens furzen könnten. Das hat bisher noch jeden in die Flucht geschlagen. Aber nein! Wo sind die Blähungen, wenn man sie mal braucht?“

      „Nicht einmal eine Knoblauchfahne haben wir.“

      „Und der normale Mundgeruch, mit dem wir bisher noch jedem Zeugen Jehovas den Rest gegeben haben, reicht einfach nicht auf diese Entfernung. Na toll!“

      „Vielleicht sollten wir einfach auf einen plötzlichen Herztod des Anderen hoffen? Das Universum machte ja manchmal die absurdesten Scherze.“

      „?!?“

      „War ja nur so ein Gedanke…“

      „Wenn wir wenigstens eine stabile Lauchstange finden würden, die wir ihm in die Brust rammen könnten…“

      Zwiebelreste für die Augen? Keine da! Verschimmeltes Obst als Asthmaauslöser? Nichts! Gemüse mit Pestizidrückständen? Fehlanzeige! Ihm blieb keine andere Wahl, als seinen Körper als Waffe einzusetzen. Und das konnte ganz schön gefährlich werden.

      Für ihn.

      Mittlerweile war der Lauch auf dem Weg zu ihnen, um nach dem Rechten zu sehen. Er hatte gerade den Fremden erreicht, als Max Anlauf nahm und mit vorgestreckten Händen auf sie zustürzte.

      „Genialer Plan!“, hieß es in seinem Kopf.

      „Ja, wenn wir diese Masse nur ausreichend beschleunigen haben wir genug Energie für ein Massaker!“

      „Du siehst zuviel fern!“

      „Reine Physik! Kraft gleich Masse mal Beschleunigung!“

      Mit Wut verzerrter Mine und dem Aufschrei „ICH BIN NICHT DICK!“ traf Max mit voller Wucht auf den Fremden, dessen Gesicht absolute Fassungslosigkeit widerspiegelte. Durch den Stoß klatschten der Fremde und der Lauch wie Billardkugeln zusammen und fielen mit Queue Max zu Boden. Der Lauch federte den Aufprall etwas ab. Für Max hätte der Lauch ruhig etwas reifer sein können. Das hätte eine bessere Dämpfung ergeben. Im Fallen musste er sich eingestehen, dass er seine Durchschlagskraft etwas unterschätzt hatte.

      Was aber unter keinen Umständen auf seinem Gewicht beruhte!

      Da Max als Einziger auf diesen Vorstoß vorbereitet war, hatte er sich auch als Erster wieder aufgerappelt und wollte wegrennen, bevor der Fremde wieder auf die Beine kam. Doch er zwang sich noch einen Moment zu warten. Er zielte und versetzte dem Anderen einen heftigen Tritt ans Schienbein. Sicher war sicher. Der Fremde heulte auf und krümmte sich vor Schmerz. Dabei wand er sich auf dem Lauch hin und her, der immer noch hilflos unter ihm zappelte und dieses Ereignis zweifellos als weiterer Tiefpunkt des Tages auf seine imaginäre Hitliste setzte. Max wollte losrennen, doch jetzt versperrte die untersetzte Zwiebel seinen Weg. Sie blickte ihn aus ihrem Grünansatz ängstlich an und hob schützend die Hände vor die Brust. Damit sah sie wie ein bizarrer Prellbock

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