Welt mit kleinen Fehlern günstig abzugeben. Peter G. Kügler

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Welt mit kleinen Fehlern günstig abzugeben - Peter G. Kügler

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gut.“ Und nach einer Pause sagte er: „Du hattest ja wirklich einen Scheißtag.“

      „Kann man wohl sagen.“

      „…und du kannst dich wirklich nicht mehr erinnern?“

      „Woran?“

      „Na, an den Sex!“, entgegnete der Lauch.

      „Nein. Kein bisschen.“

      „Arme Sau…“

      Max seufzte. „Ja, ich weiß…“

      Beide durchlebten angesichts dieser Tragödie einen Moment des Schweigens, in dem jeder für sich versuchte, mental das ganze Ausmaß zu erfassen. Es war unmöglich. Sie blickten in Gedanken versunken in eine imaginäre Ferne. Der Lauch fand als erster seine Sprache wieder.

      „Wenn ich irgendetwas für dich tun kann, Kumpel…“

      „Ein Tomatensaft wäre nicht schlecht.“ Max wusste nicht genau, warum er sich spontan dafür entschlossen hatte.

      „Kommt sofort, Kumpel.“

      Anscheinend hatte er hier in der Fremde einen Freund gefunden.

      Der Lauch verschwand hinter der Theke und eine Zwiebel gesellte sich zu ihm. Das Gemüse unterhielt sich angeregt, wobei sie immer wieder kurze heimliche Blicke zu Max warfen und der Lauch heftig mit den Armen gestikulierte. Der Zwiebelmann machte solch ein betroffenes Gesicht, wie es für eine Zwiebel überhaupt möglich war. Er rang mit den Tränen und warf ihm einen Blick zu, in dem alles Mitleid der Welt lag. Dann kam er an seinen Tisch. „Es tut mir ja so leid, Mann“, schluchzte er, „das mit deiner Amnesie und so. Oh Gott, wie traurig. Aber Kopf hoch, Kumpel! Das Leben geht weiter. Oh Gott! Oh Gottogott!“ Er stellte ihm sichtlich bewegt den bestellten Tomatensaft hin. „Hier Mann, ein Doppelter! Der geht auf´s Haus, arme Sau! Oh Gottogott!“ Dann schleppte er sich wieder zur Theke. Bestimmt würde sich die Zwiebel für den Rest des Tages frei nehmen, um diesen Schlag zu verkraften. Max nahm vorsichtig einen Schluck Gesundheit und wusste mit einem Mal wieder, warum er lieber ins ‚Burgerparadies’ gefahren wäre. Diese verdammte Karin! Wie konnte man nur so nachtragend sein? Als Kühlschrank!

      Das Quietschen der Eingangstür riss ihn aus seinen Gedanken. ‚Die sollte mal geölt werden. Selbstverständlich mit biologischem Salatöl. Kaltgepresst. 1. Wahl. Aus biologisch angebautem Türschmierölgetreide.’ Er wandte seinen Blick beiläufig zur Tür und erschrak. Dort war gerade der Kerl durch den Eingang gekommen und unschlüssig hinter der Eingangstür stehen geblieben, den Max als letzter auf dieser Welt kennen lernen wollte. Sein Blick wanderte suchend durch den Raum. Ein neutraler Beobachter der Szene hätte vermutet, dass er nach einem freien Platz Ausschau hielt, doch Max wusste es besser. Er suchte ihn. Es war der Kerl auf dem Bild in ihrem Wohnzimmer! Irgendwie musste der Typ herausgefunden haben, wo Max sich aufhielt. Die Stimmen in seinem Kopf hatten auch schon eine Vermutung.

      „Bestimmt hat uns Norbert verraten. Dieses fiese kleine Navi. Ich hasse dieses neurotische Teil! Mögen ihm alle Transistoren einzeln ausfallen!“

      „Vielleicht war es auch Karin! Gekränkte Frauen sind tickende Zeitbomben. Dagegen sind palästinensische Selbstmordkommandos die reinsten Kaffeekränzchen. Ich habe schon immer gesagt: Wenn man einen Krieg gewinnen will, sollte man gekränkte Frauen einsetzen. Allerdings ist das bestimmt durch die Genfer Konventionen verboten. Wegen Grausamkeit und so.“

      „Oder vielleicht hat der Kerl Karin Gewalt angetan? Es aus ihr herausgepresst? Ihr gedroht, er würde ihr den Stecker herausziehen sollte sie nicht reden? Ihr gedroht, er würde ihre Tür solange aufstehen lassen bis ihre Innereien alle verdorben wären? Ihr gedroht, sie von einer Recyclingfirma abholen zu lassen, die für ihre ganz speziellen Verschrottungsmethoden bekannt ist?“

      „Oh was für ein fieser Kerl! Oh was für ein gemeiner Einer!“

      Er durfte Max nicht finden! Weglaufen war unmöglich. Der Kerl versperrte den Ausgang. Max lehnte sich so weit wie möglich zurück, so dass er durch die Nischenverkleidung ganz verdeckt wurde. Von der Eingangstür aus würde man nur auf die Silhouette eines aufgerissenen Tomatenmundes blicken. Allerdings konnte Max so den Kerl auch nicht mehr sehen. Max suchte vergebens nach einer reflektierenden Oberfläche, auf der sich der Eingangsbereich vielleicht spiegeln würde. Ihm blieb nichts anderes übrig als zu warten. Er zwang sich dazu, langsam bis zehn zu zählen. Sein Herz pochte wie wild in seinem Hals und seine Hände waren mit kaltem Schweiß überzogen. Alles in ihm war bis auf das Äußerste angespannt. Hatte der Kerl sich umgesehen und war wieder gegangen als er Max nicht fand? Hatte er sich vielleicht gesetzt und wartete? Dann müsste doch die Zwiebel oder der Lauch zu ihm, um die Bestellung aufzunehmen. Aber die beiden waren immer noch hinter der Theke und machten keine Anstalten, sich von dort fortzubewegen. Vielleicht war der Kerl ja wirklich gegangen. Jetzt bloß keinen Fehler machen. Er mahnte sich zur Ruhe. Wieder zwang er sich bis zehn zu zählen. Lauch und Zwiebel waren immer noch hinter der Theke. Er hielt es nicht länger aus. Wie in Zeitlupe kam er mit dem Kopf nach vorne, bis er zur Tür sehen konnte. Der Platz, an dem der andere eben noch gestanden hatte, war leer. Hatte Max ihn vorhin überhaupt gesehen oder hatten ihm seine Nerven einen bösen Streich gespielt?

      „Hallo“, sagte eine Stimme direkt vor ihm. Er fuhr herum und blickte in ein Gesicht mit altmodischer Hornbrille. Ohne Zweifel das Gesicht aus dem Wohnzimmer seiner unbekannten Bekanntschaft. Wie kam er so plötzlich hierher? Um dorthin zu gelangen hätte er doch an Max vorbeigehen müssen! Wieso hatte er ihn nicht bemerkt? Max blieb keine Zeit für weitere Überlegungen. Sein Körper wollte nicht warten, bis sein Kopf zu Ende gedacht hatte. Das hätte erfahrungsgemäß ewig gedauert und mit Sicherheit schmerzhafte Folgen gehabt. So gut kannte ihn sein Körper schon. Deshalb sprang sein Rumpf reflexartig auf und stieß mit aller Kraft seinem Gegenüber den Tisch gegen die Beine, um wieder etwas Abstand zu ihm zu bekommen. Halb aus Schmerz und halb aus Überraschung heulte der Fremde kurz auf. Der Tomatensaft war umgefallen und hatte sich über dessen Hose ergossen. „Jetzt schau dir das an! Ich blute!“, stieß er hervor. Max wollte weglaufen, doch er war in der Aufregung zur falschen Seite aufgesprungen. Anstatt in Richtung Theke und damit in Richtung Ausgang war er einfach kopflos weiter nach hinten in den Raum gehastet, der nun eine Sackgasse in seinem Rücken bildete. Vor ihm formte der immer noch fassungslos auf das Rot seiner Hose starrende Fremde ein unüberwindliches Hindernis. Hätte ihn sein Körper besser mal weiterdenken lassen statt kopflos zu handeln. Nun saß er in der Falle. Gleich würde sein Gegenüber sich von dem Schreck erholt haben. Gleich würde er merken, dass das Rot nur gesunder Tomatensaft war, der lediglich für die Hose eine tödliche Gefahr darstellte.

      Die Flecken würden niemals wieder rausgehen.

      Die ehemals weiße Hose war am Ende ihrer Tage angelangt.

      Der Fremde blickte zu ihm auf und Max glaubte, einen Killerinstinkt zu erkennen, der den Terminator dagegen wie einen barmherzigen Samariter erscheinen lies.

      „Wie hieß der Kerl eigentlich?“, ging es in seinem Kopf los.

      „Wer?“

      „Na der Terminator.“

      „Ach der. Der hieß doch T… T… T was-weiß-ich. Ich kann mir einfach keine Namen merken.“

      „Nein, ich meine den Schauspieler.“

      „Ach der! Das war doch dieser… dieser… dieser Bodybuilder.“

      „Genau der!“

      „Der…

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