Welt mit kleinen Fehlern günstig abzugeben. Peter G. Kügler
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„Karin, aha…“
„Ja, ich weiß, es ist ein blöder altmodischer Name, aber die Werbefritzen hielten sich für die Größten als sie damals dieses Anagramm für mich gefunden hatten.“
„Also ich find ihn hübsch...“
„Wie bitte?“
„Bitte nicht wieder böse werden. Ich weiß ja, ich bin nicht sonderlich gut darin Kühlschränken Komplimente zu machen…“
„Findest du wirklich?“
„Ja, darin bin ich echt nicht gut.“
„Nein! Das meinte ich nicht!“
„Was meintest du dann?“
„Na, ob du findest, dass mein Name hübsch ist…“
„Ja, natürlich…“ Max blickte nach unten und errötete ein wenig.
„Er errötet vor einem Kühlschrank?!?“, dröhnte es in seinem Kopf. Ein gewisses Unverständnis schwang in den Worten. Das machte Max verlegen und seine Gesichtsfarbe wechselte hin zu sattem Rot.
„Wo hast du eigentlich die riesige Tomate her? Die hatte ich doch gar nicht in meiner Bestandsliste“, sagte Karin.
„Bitte was?“
„Entschuldige, mir war für einen Moment so, als ob ich eine riesige Tomate wahrgenommen hätte. Muss wohl eine Fehlfunktion meines Scanners sein. Jetzt ist es wieder weg. Nein, da ist es wieder! Ich glaub, ich habe einen Wackelkontakt. Ich muss den Service rufen.“
„Ach komm, das ist doch nicht so schlimm. Das kann jedem mal passieren“, sagte Max und trat schnell einen Schritt zurück.
„Komisch, jetzt ist es wieder weg. Du hast bestimmt recht. Solche Dinge sollte man nicht überbewerten.“ Und nach einer kurzen Pause: „Im Übrigen wäre es nicht das Schlechteste, wenn du mehr Tomaten auf deinem Speiseplan hättest.“
„Was meinst du damit?“
„Nun, das Wasser darin hat keine Kalorien. Das würde deiner Figur gut tun. Du hast Übergewicht. Am Besten du nimmst Holländische. Die sind am Effektivsten.“
„Ich hab doch kein…!“
Die Verlegenheitsröte floh vor der Zornesröte. Er hielt inne und horchte in seinen Kopf, wo die Stimmen vielsagend und sehr laut schwiegen. ‚He, auf wessen Seite steht ihr eigentlich? Kommt schon, Übergewicht! Das ist doch kein Übergewicht! Die paar Gramm!’, dachte er. Das Schweigen wurde lauter und Karins Gesicht hob abschätzig die digitale Augenbraue.
„Hallo? Ich brauch mich doch hier nicht zu rechtfertigen! Ich fühl mich gut so und ich will so bleiben wie ich bin. Wozu kauf ich denn diese ganzen ‚Ich darf das!’-Produkte? Und ich seh´ noch ganz schön flott aus! Jawohl!“
„Wenn du meinst…“
„Du brauchst gar nicht so zu machen, Karin!“
„So, wie mach ich denn?“, fragte sie spitz.
„Na, so von oben herab!“
„Ach, tue ich das?“
„Sehr wohl, Madame! Ich wäre an deiner Stelle vorsichtiger! Wer im Glashaus sitzt, sollte nicht mit Steinen werfen!“
„Was soll das denn bitte heißen?“, fragte sie scharf, doch Max lies sich nicht mehr stoppen.
„Wann hast du eigentlich das letzte Mal in den Spiegel geschaut? Du bist so fett, du hast eine Figur wie ein Schrank!“, platzte es aus Max heraus.
Ein kurzer Blitz umhüllte Karin und tauchte sie für einen Moment in kaltes, bläuliches Licht. Die Luft knisterte und das Display wurde auf einen Schlag dunkel.
„Karin?“ Pause. „Karin? Sag doch was…“
„Idiot!“, tönte es vereint in seinem Kopf. „Da können wir doch nur hoffen, dass er sich der Schwarzhaarigen gegenüber nicht genauso beschissen benommen hat. Und die Erinnerungsdatenbanken sind immer noch nicht rekonfiguriert. Wie lange dauert das eigentlich noch? Ich befürchte ja jetzt das Schlimmste. Wir haben sie immer noch nicht gesehen. Und das ist ihre Wohnung. Glauben wir jedenfalls. Bestimmt hat unser Dickerchen mit traumwandlerischer Sicherheit was Falsches gesagt und sie ist abgerauscht.“
„Hoffentlich erst nach dem Sex…“
„ICH MUSS DOCH SEHR BITTEN! ES SIND NOCH KINDER IM KOPF!“
„Was macht das für einen Unterschied? Wir können uns eh nicht daran erinnern. Und Erinnerungen sind das Einzige, was wir hier oben haben…“
Kollektive Betroffenheit herrschte in seinem Kopf.
‚Vielleicht sollte ich versuchen, mehr über sie und gestern Abend herauszufinden?’, dachte Max kleinlaut. ‚Und nennt mich gefälligst nicht Dickerchen!’
„Gute Idee“, kam es dünn zurück. „Jetzt, wo der Herr seinen Hunger gestillt hat, können wir uns vielleicht ja um solche Nebensächlichkeiten kümmern. Aber Hauptsache gut gegessen, gell? Was kümmert uns da, wo wir hier sind und wie wir hier herkommen!“
‚Ich hatte halt Hunger!’, versuchte Max sich halbherzig zu verteidigen. ‚Jemand einen Vorschlag, was wir tun könnten?’
„Vielleicht ein zweites Frühstück?“
‚Au fein!’
„DAS WAR IRONISCH GEMEINT!“, schrie der Ironische.
‚Ach so… Also, was tun?’
„Gehe nicht über Los. Ziehe nicht 4000 ein.“
‚Bitte?’
„Ach… nichts. Vergiss es, du Humorresistenter! Schau dich lieber mal in der Wohnung um. Vielleicht findest du ja Hinweise auf sie. Vielleicht einen Zettel, den sie dir geschrieben hat oder so was.“
„Du hältst diese Möglichkeit auch nur im Ansatz für wahrscheinlich, nachdem er Karin so behandelt hat?“, zischte es abschätzig durch imaginäre Zähne.
„Die Hoffnung stirbt zuletzt…“
‚Das hab ich gehört!’, dachte Max laut und machte sich daran, die Wohnung näher in Augenschein zu nehmen. Der Kalender in der Küche verriet ihm, dass heute Sonntag war. Zum Glück brauchte er sich dann wenigstens nicht noch eine Ausrede für seinen Chef einfallen zu lassen.
Falls