Seefahrtserinnerungen – Anthologie. Jürgen Ruszkowski

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Seefahrtserinnerungen – Anthologie - Jürgen Ruszkowski

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mit den Würstchen wurde mir aus den Händen gerissen. Die Würstchen schwammen im ablaufenden Wasser Richtung Speigatt. Da ich annahm, dass mich niemand beobachtete, sammelte ich die Würstchen ein, wischte jedes einzelne mit einem Tuch ab und legte sie in die Back zurück. Beim Essen langten die Matrosen und Heizer kräftig zu. Nach dem Essen sagte der Bootsmann zu mir: „Es schmeckt zwar alles etwas salzig, aber solche blankgeputzten Würstchen haben wir bisher noch nie gehabt. Erst später erfuhr ich, dass die Männer durch die Bullaugen der Messe meinen kleinen Unfall beobachtet hatten.

      Am 9. März 1961 musterte ich für ein gutes Jahr auf der „KLOSTERTOR" der Reederei Fisser & van Doornum als Leichtmatrose an. In Rotterdam ging ich an Bord. Es war ein Schiff der Emder Klasse. In Lettland luden wir Kunstdünger und Armeematerial für Kuba, um für die Rücktour Zucker zu laden. Nach einem dreiwöchigen Seetörn liefen wir in Havanna ein.

      Auf der „MARIA ANNA SCHULTE“, mit der ich von Januar bis Oktober 1960 unterwegs war, stand ich einmal als Jungmann auf Wache auf der Back, als ich plötzlich eine Entdeckung machte: Bei Neufundland war besondere Vorsicht geboten und wir gingen so genannte Eisbergwachen. Ich erblickte ein großes bläuliches Objekt. Mit der Glocke schlug ich das verabredete Zeichen. Auf der Brücke hatte man den Eisberg bereits über Radar erkannt und führte eine Kursänderung durch.

      Noch gut kann ich mich an die sehr kalten Nächte auf Eiswache erinnern. Wer den Eisberg als Erster sah oder meldete, bekam von Kapitän Gramberger eine Flasche Rum. Meistens meldeten die Maschinisten den Eisberg aufgrund des enormen Temperaturabfalls zuerst. Kapitän Gramberger sorgte überhaupt gerne für Abwechslung.

      Unterricht an Bord der MARIA ANNA SCHULTE im Knoten und Spleißen

      Wenn wir in der Nähe der Neufundlandbänke waren, begann das große Wettangeln. Wer den größten Fisch angelte, bekam eine Flasche Rum. In kürzester Zeit lag das Deck voller Fische. Und an den folgenden Tagen gab es morgens, mittags und abends Fisch.

      Als 15jähriger Bursche heuerte ich auf der ERIKA FRITZEN an. Auch auf diesem Schiff erlebte ich einige Ereignisse, die ich nie vergessen werde: Als ich mit der „Vierachtwache" dran war, also von vier bis acht Uhr Dienst schob, gehörte es zu meinen Aufgaben, in der Kombüse in beiden Öfen das Feuer in Gang zu haben, wenn morgens um sechs Uhr der Koch kam. Wenn das Feuer ausging, war der Teufel los.

      Einmal war mir ein Ofen ausgegangen, während in dem anderen die Glut schwelte. Ich stapelte also ein paar glühende Kohlen um, denn ich hatte einen Plan, wie ich sie wieder zum Brennen bringen könnte: Ich nahm eine Hand voll altes Fett, das wir als „Affenfett" bezeichneten, und warf es auf die warme Kohle. Doch mein Plan ging nicht auf: das Fett spritzte durch die ganze Küche. Es gab eine regelrechte Explosion. Die Ofenringe lagen verstreut in der Kombüse. Auf die Schnelle machte ich mich daran, alles zu putzen. Am Ende hat der Koch nichts von dem Malheur gemerkt. Und das Feuer im Ofen brannte...

      Ein recht peinliches Erlebnis hatte ich, als ich mit der „BROOKTOOR" der Reederei Fisser & van Doornum unterwegs war: In Antwerpen musterte ich am 30. Mai 1962 als Matrose für die Große Fahrt auf zwei Jahre an. Wir steuerten Häfen beginnend von New York entlang der Karibikküste, USA und im Golf von Mexiko an. Zu unseren Ladungen gehörten Kaffee, Kakao und Stückgut aller Art. Wenn es zu regnen begann, wurden Regensegel gesetzt. Da wir in den schönsten Häfen der Karibik lagen, freuten wir uns über jeden Tag, den wir länger blieben.

      Nach einer ausgiebigen Party in Puerto Limon, dem Haupthafen an der Karibikküste, passierte das Unglück. Der Dampfer sollte um sechs Uhr auslaufen. Aber als ich verkatert irgendwann gegen Mittag an der Pier eintraf, trudelte noch ein anderer Partygänger ein: ein Leichtmatrose namens Horst. Da standen wir nun beide wie begossene Pudel. Wir hatten nur das, was wir am Leibe trugen: Khakihosen, Japanlatschen, und amerikanische T-Shirts. Ratlos krempelten wir unser Hosentaschen um und fanden noch insgesamt 3,25 Dollar sowie eine angebrochene Schachtel Chesterfield. Wenn jemand vor dem Auslaufen des Schiffes fehlt, wird normalerweise Ausschau gehalten und wenigstens für eine gewisse Zeit gewartet. Irgendjemand an Bord weiß immer, aus welcher Hafenbar die jeweiligen Männer herauszuholen sind. Uns aber hatte die Liebe gefesselt, so dass wir erst am Hafen ankamen, als die anderen schon die Hoffnung aufgegeben hatten, uns zu finden.

      Etwas reuig kehrten wir zu den Mädchen zurück, die ihrerseits sehr froh waren, uns noch eine Weile behalten zu können. Und wir dachten, wenn wir schon einmal da sind werden wir jetzt nicht sofort zum zuständigen Agenten gehen, um uns zu melden, denn dann würde man uns sofort holen und dem Schiff hinterher schicken.

      Die folgenden Tage kamen wir gut über die Runden. An Bord der im Hafen liegenden Schiffe durften wir essen und lernten freundliche Menschen der unterschiedlichsten Nationalitäten kennen. Unter Seeleuten hilft man immer denjenigen, die ihr Schiff verpasst haben. In der Seemannssprache nennt man das achtern raus gesegelt.

      Auch in New Orkans kamen wir gut über die Runden und hatten am Ende zwei Koffer mit allen möglichen Sachen mit Spenden von anderen Leuten: Hosen, Hemden, Schuhe...

      Nach einem Monat endlich konnten wir an der Pier auf unsere BROOKTOR warten. Bei dem 1. Offizier Fiedler, der aus Loga stammte, und Kapitän Reents aus Westrhauderfehn sollten wir uns melden. Als wir schließlich vor den beiden standen, schlotterten uns doch etwas die Knie. Doch dann kam etwas Unerwartetes; Herr Fiedler sagte: „Als ich so alt war wie ihr, bin ich auch mal achteraus gesegelt. Mich haben sie nach sechs Monaten gekriegt.“

      Über diese Worte empfanden wir Erleichterung. Das Eis war gebrochen. Allerdings mussten wir in den folgenden Wochen jeden Tag zwei Überstunden machen, denn unsere Abwesenheit hatte für die Reederei 400 Dollar Kosten gebracht für Telegramme, die Bezahlung der Agenten, die uns suchen sollten und andere Leistungen.

      Ich habe noch viele Abenteuer auf See und in anderen Ländern erlebt. Schließlich blieb ich der Seefahrt verbunden. 1966 beendete ich meine Zeit bei der Handelsmarine und ging zur Bundesmarine. Und auch heute fahre ich gelegentlich als Passagier auf Containerschiffen durch die Welt.

      Das Jahr 1962 brachte einige Bedrohungen wie die Sturmflut an der Nordseeküste und die Kuba-Krise, die beinahe zum Weltkrieg eskaliert wäre. Der 66-jährige Hans-Georg Eurich aus der Logumer Straße 3 in Wybelsum erinnert sich. Er ist viele Jahre für Emder Reedereien zur See gefahren und hat Aufregendes erlebt.

      Plötzlich waren wir uns der Gefahr bewusst...

      Hans-Gerorg Eurich

      Die Berichte über eine Umbildung der kubanischen Regierung, in die sich auch der 2008 aus den Ämtern ausgeschiedene ehemalige Staatschef Fidel Castro einschaltete, haben bei mir einige Erinnerungen wach werden lassen.

      Kurz nach Fidel Castros gewaltsamer Machtübernahme kam ich nach Kuba. Von 1961 bis 1962 fuhr ich auf der MS „KLOSTERTOR“ der Emder Reederei Fisser & van Doornum. Wir sollten mehrere Reisen mit Zucker von Kuba nach Odessa ins Schwarze Meer durchführen.

      Nach einem vierzehntägigen Werftaufenthalt in Antwerpen fuhren wir zunächst nach Ventspils / Lettland. Mit dabei waren der Zimmermann Theo Ahlfs und der Matrose Wolfgang Ludewigs aus Emden. In Lettland luden wir Kunstdünger sowie Stückgüter im Auftrag der sowjetischen Armee. An Deck hatten wir Militärwagen und sonstige Armeeteile geladen.

      Nach einem etwa dreiwöchigen Seetörn erreichten wir Havanna. Die Militärgüter wurden sofort gelöscht. Der lose Kunstdünger wurde wohl nicht sofort benötigt, denn wir blieben erst einmal eine Woche an der Pier ohne Tätigkeit

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