Schattenkristalle. Farfalla Gris

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Schattenkristalle - Farfalla Gris

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schnellen Drehungen und Hieben schlug er den Weg für sie frei, sodass sie geschwind die Treppe hinabeilen konnte und sich einen Weg zur Tür bahnte. Elenór musste dabei brennenden Leichen und herunterfallenden Holzbalken ausweichen, die immer wieder ihren Weg blockierten.

      Bevor sie nach draußen lief, blickte sie sich noch einmal um und betrachtete ihren Mann voller Liebe und Zuneigung. Sie wusste, dass dies das letzte Mal sein würde, dass sie ihn lebend sah.

      Ein flehentlicher Blick seinerseits war wie ein Spiegelbild ihrer eigenen Gefühle und machte es ihr schwer weiterzugehen.

      „Elenór, bitte“, flehte Armand tonlos, während er das Schwert mit einem Angreifer kreuzte, ehe er ihn von sich stieß.

      Unter Tränen wandte sich Elenór ab und rannte, so schnell es die Last ihrer Tochter und der bereits leicht gewölbte Bauch zuließen, los. Tief in den Wäldern, auf einer kleinen Anhöhe, hielt sie keuchend an und schnappte nach Luft. Aleríà glitt aus ihren zittrigen Armen und blickte ihre Mutter mit großen, vom Rauch geröteten Augen an.

      „Mami, was ist passiert?“, fragte Aleríà ängstlich und blickte mit ihrer Mutter zusammen auf das unter ihnen lodernde Herrenhaus, das einmal ihr Zuhause gewesen war.

      „Später“, flüsterte Elenór mit tränenverschmiertem Gesicht. „Wenn du größer bist, wirst du es erfahren …“

      Sanft legten sich zwei Finger auf Aleríàs Stirn. Sofort spürte sie ein angenehmes, einschläferndes Gefühl der Ruhe in sich. Sie fühlte sich schläfrig und bereits im nächsten Augenblick fielen ihr die Augen zu. Alles versank in wohliger Dunkelheit, die sie einhüllte wie einst der warme Mantel ihres Vaters …

      Von stechenden Schmerzen in der Brust geplagt, erwachte Aleríà zitternd. Sie musste sich zur Seite beugen und sich laut und heftig übergeben. Der Geruch nach verbranntem Fleisch, Ruß und Holz reizte noch immer ihre Nase. Sie würgte so lange, bis ihr leerer Magen nicht einmal mehr Galle hergeben wollte, und drehte sich schluchzend zur anderen Seite.

      Kaum dass sie sich wieder beruhigt hatte, fiel ihr auf, dass die Zwillinge verschwunden waren und sie allein am Seeufer lag.

      Traurigkeit überfiel Aleríà. Sie hätte es von Anfang an wissen müssen. Diese beiden Mädchen verhießen nichts als Ärger oder waren, einfach ausgedrückt, gemeine, hinterhältige Biester.

      Sie sehnte sich nach jemandem, der ihr genau in diesem Moment über den Kopf streichelte und ihr versprach, dass alles gut würde.

      Doch niemand war in der Nähe, der ihr diesen so belanglosen Wunsch erfüllen konnte.

      Mit tauben und zugleich zittrigen Fingern sammelte sie ihre Habseligkeiten ein und blickte ein letztes Mal auf den See zurück, der still und blau wie zuvor leuchtete. Jedoch spürte Aleríà nicht mehr die Freude, die sie beim ersten Mal erlebt hatte, sondern ein unbehagliches Gefühl beschlich sie.

      Als sie sich auf den Heimweg machte, bemerkte sie nicht einmal die geisterhafte Gestalt, die inmitten des Sees auftauchte und sie mit hohlen Augen anstarrte …

       Wünsche mit Nebenwirkungen

      Die nächsten Wochen fühlte Aleríà sich furchtbar merkwürdig, ohne dass sie einen genauen Grund für ihren Gemütszustand hätte benennen können.

      Sie bemerkte die zunehmende Sorge ihrer Mutter, konnte und wollte ihr aber nicht sagen, was sie beschäftigte. Sie wünschte sich, dass die Träume, die sie seit ihrem Geburtstag verfolgten, endlich aufhören würden, nur leider taten sie ihr diesen Gefallen nicht.

      Jede Nacht träumte sie und immer waren es dieselben Geschehnisse. Ein brennendes Haus, Schreie, Waffengeklirr und seit Neustem auch ein dunkler Schatten, der sich unentwegt und bedrohlich auf sie zu stürzen schien.

      Auch die Gefühle, die dieses Wesen in ihr auslöste, waren mehr als zwiespältig.

      Einerseits fühlte sie sich von ihm abgestoßen und wollte am liebsten in Panik um ihr Leben fliehen, und andererseits fühlte sie eine seltsame Verbundenheit, wann immer sie den finsteren Umriss erblickte.

      Hinzu kamen aber auch noch Trainingseinheiten, die mit Ralath begonnen hatten.

      Nachdem die Zwillinge sie an ihrem Geburtstag einfach alleine zurückgelassen hatten, verspürte sie wenig Lust, noch einmal etwas mit ihnen zu unternehmen, weshalb sie sich endlich hatte durchringen können, Ralath mit seinen Magieübungen zu helfen.

      Zunächst war es wirklich schwer für ihn.

      Allein die Vorstellung, Energie einfach so vor sich in der Luft zu erzeugen, ist für niemanden leicht. Ralath musste deshalb auch einige Niederlagen einstecken, während Aleríà vor seiner Nase immer länger ihre Energie zu kontrollieren und beherrschen wusste.

      „Das ist so gemein“, heulte Ralath eines Tages und ließ sich erschöpft und frustriert auf den Hintern fallen. „Ich werde es nie schaffen, ein Magier zu werden …“

      Dicke Tränen sammelten sich alsbald in seinen großen Kulleraugen und drohten, seine Wangen hinabzurinnen.

      „Mach dir keine Sorgen“, beschwichtigte Aleríà ihn und setzte sich neben ihn. „Auch ich hab das nicht auf Anhieb geschafft … Es gehört jede Menge Übung und Disziplin dazu …“

      „Aber wie hast du es denn gelernt?“

      Aleríà schwieg und betrachtete stattdessen gedankenverloren die Umgebung. Sie konnte sich ehrlich gesagt nicht daran erinnern, wer es ihr gezeigt hatte. Sie erinnerte sich jedoch dunkel, dass es jemand gewesen war, dem sie vertraute …

      „Als ich klein war, gab es jemanden, der mich mit winzigen Energiespielen aufgemuntert hat. Ich glaube, es erschienen Tiere, die um mich herumschwebten …“

      „Wirklich?!“, rief Ralath und sprang vor Überraschung auf. „Wer war es? Ist er hier in der Nähe? Kann er es mir auch beibringen?“

      Er bestürmte sie mit Fragen, die ein eigentümliches Unbehagen in Aleríà auslösten, welches sie nicht genau erklären konnte. Sie wusste aber, dass sie ihn von dem Thema erst einmal ablenken sollte.

      „Ich kann mich nicht erinnern“, sagte sie wieder und schüttelte bedauernd den Kopf. Sie wandte den Blick von ihm ab, um die Enttäuschung, die mit Sicherheit in seinem Blick aufflackern würde, nicht mit ansehen zu müssen.

      Als eine plötzlich auftretende Windböe sie beide erfasste, hielt Aleríà sich ihre dunklen Locken mit einer Hand aus dem Gesicht. Es war merkwürdig: Obwohl eine sommerliche Hitze vorherrschte, fröstelte Aleríà urplötzlich und sehnte sich nach einer warmen Suppe ihrer Mutter. Da Ralath nach einer gefühlten Ewigkeit immer noch kein einziges Wort gesprochen hatte, blickte sie zu ihm auf und bemerkte einen Schatten, der seine Augen verdunkelte. Innerhalb eines Wimpernschlages waren seine Augen wieder normal, sodass sie glaubte, einer Sinnestäuschung erlegen zu sein.

      „Komm, wir sollten uns auf den Weg machen. Mutter wartet bereits“, sagte Aleríà und erhob sich.

      „O.k.“, war das Einzige, was er ihr tonlos antwortete, und trottete mit gesenkten Schultern langsam Richtung Haus.

      Aleríà glaubte, sich getäuscht zu haben, konnte aber den finsteren Ausdruck, den sie gesehen hatte, nicht deuten. Sie

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