Waves. Charline Dreyer

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Waves - Charline Dreyer

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„Und ich hoffe sie verreckt an ihrem schlechten Gewissen.“

       „Das glaube ich kaum.“

       „Ich meine, nicht weil sie mich betrogen hat, sondern weil sich ihr Lover ihretwegen hoffentlich die Hand gebrochen hat.“ Hinzuzufügen ist, dass Joe über Isabellas ausgestrecktes Bein gestolpert ist.

       Irgendwie bringen mich Elijahs Worte schon wieder zum Lachen, auch wenn ich durch den Schleier aus Tränen kaum noch sehen kann und meine Nase wie Feuer brennt. „Hast du zufällig ein Taschentuch?“

       Er tastet reflexartig an den Taschen seiner Shorts, zuckt dann aber die Schultern und verneint entschuldigend. Die Sonne ist fast hinter dem Horizont verschwunden und der Wind ist nicht länger lau, sondern ziemlich frisch. Ich schlinge mich enger in meine roséfarbene Strickjacke und reibe mir über die nackten Beine.

       „Ist dir kalt? Lass uns gehen.“ Elijah macht Anstalten aufzustehen.

       „Ich gehe ganz bestimmt nicht zum Haus zurück.“

       „Mh.“

       „Nein, El!“

       „Ist okay, war ein zustimmendes ‚mh'.“

       Ich werfe ihm einen Blick von der Seite zu. „Wir haben jetzt zwei Wochen Urlaub vor uns und ich würde schon am dritten Tag am liebsten den nächsten Flieger nach Hause nehmen“, erkläre ich sachlich, male mit dem Zeigefinger Muster in den Sand zwischen uns. Er antwortet nicht, bis auf ein weiteres „zustimmendes mh“.

       „Was machen wir denn jetzt? Gute Miene zum bösen Spiel?“ Als ich realisiere, dass aus dem Muster ein Herz wird, fahre ich so heftig mit der Hand darüber, dass Elijah eine Ladung Sand in die Hosentasche rieselt. Verärgert steht er auf. „Ich habe keine Ahnung, Ads.“ Eigentlich heiße ich Adeline, aber das hat gerade ihn noch nie interessiert. Er findet meinen Namen - was sagt er immer? – zu amerikanisch, weshalb er ihn kurzerhand abgekürzt hat. Seitdem nennen mich fast alle Ady, oder Ads was gerade meine Großmutter unglaublich aufregt, da sie meinen Namen abgöttisch liebt. Aber, mal ehrlich, wer nennt seine Tochter schon Adeline Evangélie Laurine? Selbst Schuld, wenn das kein Mensch wirklich ausspricht. Und wenn sich doch jemand dazu durchringt, ihn meistens falsch betont, schreibt, was auch immer.

       „Ist ja gut, ich wollte nur ...“

       „Nichts ist gut! Mein bester Freund hat meine Freundin genagelt, während ich daneben stand!“ Er ballt die Hände zu Fäusten und schießt Sand in die Luft. Zum Glück nicht in meine Richtung. „Exbester Freund und Exfreundin“,verbessert er sich murmelnd, mit zusammengebissenen Zähnen. „Hätten sie nicht wenigstens so viel Anstand besitzen können, damit bis zum Ende des Urlaubs zu warten?“

       „Anstand?“,ich gebe einen hohen Laut von mir, eine Mischung aus Lachen und Schreien. „Wenn sie schon herumvögeln müssen, dann doch bitte nicht im Urlaub, den wir zu viert seit Monaten planen!“

       „Herrgott nochmal, sie hätten's einfach gar nicht tun sollen! Nie! Seit drei Jahren ein Verhältnis, das ist praktisch unsere gesamte Beziehung lang!“, er wird immer lauter, nimmt einen Stein und wirft ihn mit einem tiefen Schrei weit in die höher werdenden Wellen, in die anthrazit-blauen Tiefen des Atlantiks. Der scheint, passend mit unserer Stimmung, auch stetig rauer zu werden.

       „Ich verstehe es auch nicht“, sage ich kleinlaut, ein wenig eingeschüchtert vom plötzlichen Stimmungsumschwung seitens Elijahs und des Ozeans. Die beiden miteinander gleichzusetzen, hat irgendetwas ... nostalgisch, poetisches. Vielleicht ist es auch einfach mein von Enttäuschung benebelter Verstand, aber wie er da so am Ufer steht, angespannte Arme und wehendes Haar, sieht er aus, als wäre er Teil eines Piratenstreifens. Der heiße Kapitän, der sich gegen alle Normen stellt, um die andere Seite des Ozeans zu entdecken. Der das Plündern und Töten aufgibt, um seine Jungfrau zu retten, was weiß ich. Eine ernstere und reifere Version Captain Jack Sparrows, mit weniger Kajal und ohne Rasterlocken.

       „Wie konnten sie uns die ganzen Jahre über in die Augen sehen?“, knurrt er, beinahe animalisch. „Mir wird übel, wenn ich daran denke, wie er Isabella ... Und wie sie ...“

       Ich stehe auf, gehe einen Schritt auf ihn zu. „Hey, das bringt jetzt nichts“, beruhigend lege ich eine Hand auf seinen tätowierten Unterarm. „Versuch' einfach, nicht mehr daran zu denken.“ Noch während ich es ausspreche bemerke ich, wie unpassend, ja gar lächerlich sich meine Worte anhören. Ich weiß schließlich selber am Besten, dass es schier unmöglich ist, nicht an die grauenvolle Szene von heute Nachmittag zu denken, die sich in dieser kleinen, eigentlich so hübschen Küche zugetragen hat.

       „Ich will einfach nur verstehen ... Wieso ...“, seine Stimme bricht ab, als er mich ansieht. Gerötetes Gesicht, feuchte Augen. Auch ein großer Mann wie Elijah kann zerbrechlich und schwach wirken. Aber das ist okay, es macht ihn sympathisch.

       Anfangs hatte ich nicht gewusst, wie ich über die Beziehung meiner besten -Exbesten Freundin - und dem damals meiner Ansicht nach für sie zu alten Kunststudenten denken sollte. Zu ihrem siebzehnten Geburtstag hatte sie ihn stolz auf ihrer Party vorgestellt und alle waren beeindruckt. Hin und weg. Neidisch. Der Schöne und die Hübsche. Er impulsiv, humorvoll, spontan und in diesem Moment lebend. Sie immer durchgeplant, sachlich, reif. Schon damals - mit siebzehn Jahren - einen konkreten Plan vom Leben gehabt.

       Jeder hatte sich gefragt, ob das gut gehen würde. Aber keiner hat es je ausgesprochen. Nur nett gelächelt und viel Glück gewünscht.

       Elijah Granit wirkte lustig, charismatisch und trotzdem frech. Große Klappe und nichts dahinter. Damals jedenfalls. Er war schon zweiundzwanzig, als Isabella ihr Herz an ihn verlor. Kennen gelernt hatten sie sich durch Bekannte ihrer Eltern, behaupten sie jedenfalls. Schicksal, hatte Isabella es genannt. Wenn man dran glaubt, hatte ich gesagt. Denn wir beide hatten gewusst,dass sie nicht der Mensch war (oder ist), der an Dinge wie Schicksal Gedanken verschwendet.

       Zeitgleich habe ich mich in Joe verliebt, der ein Jahrgang über uns ist, beziehungsweise war. Er ist ganz anders als Elijah. Bodenständiger, sanfter, liebenswürdig und hat trotzdem immer einen intelligenten Spruch auf den Lippen. Der perfekte Schwiegersohn. Ihr wisst, was ich meine. Nun ja, umso überraschter bin ich also gewesen, als Elijah und ich mit Drinks von der Bar zurück zum Haus kamen und die beiden auf frischer Tat ertappten, wie sie den Küchenboden als, nennen wir es Spielwiese, eingeweiht hatten. Kurzum: Ich hätte es beiden nicht zu getraut, aber Joe erst recht nicht. Niemals. Aber da kann man mal wieder sehen, dass alle Menschen gleich sind. Man sollte sich am besten auf niemanden außer sich selbst verlassen. Niemandem vertrauen. Wenn es ein einmaliger Ausrutscher gewesen wäre ... Aber sie hatten uns gestanden, dass es wohl fast die ganze Zeit, nachdem wir vier uns als Gruppe zusammen geschlossen hatten, zwischen ihnen geknistert habe. „Wir wollten das nicht kaputt machen“, hatte Isabella aufgebracht versucht zu erklären. „Ist euch prima gelungen“, hatte ich geschrien und meinen Drink in Joes vom Sturz schmerzverzerrtes Gesicht gekippt, nur um das leere Glas danach mit voller Wucht in dieSpüle zu schleudern, wo es in tausend Scherben zerbrochen war.

       Dieses Bild hat sich in mein Gedächtnis gebrannt und wird mit Sicherheit so schnell nicht verblassen: Isabella in sich zusammen gesunken auf dem Boden, versucht ihren nackten Körper mit den Armen abzuschirmen. Mein Freund – Exfreund – ebenfalls nackt, sich die schmerzende Hand haltend und das Gesicht voll mit Pina Colada. Dann das Geräusch von zerbrechendem Glas und nicht zu vergessen Elijah, welcher einfach nur wie betäubt neben mir steht, einen Schluck von seinem Cocktail nimmt, dabei völlig abwesend Isabella anstarrt.

       Das letzte war am verstörendsten gewesen. Wer nippt schon seelenruhig an seinem Getränk, während seine

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