Oskar trifft die Todesgöttin. Jörgen Dingler

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Oskar trifft die Todesgöttin - Jörgen Dingler

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mir gleich in die Hose, Batgirl!«, spottete der Mann. Er grinste die dunkle Gestalt an, gab sich überlegen, wirkte arrogant. Die Provokation war gleichzeitig Ablenkung, um eine Hand unter den Esstisch sinken zu lassen.

      »Lass es!«, zischte seine Begleiterin so leise wie möglich. Sie hatte seine Absichten bemerkt und wusste, dass er keine Chance hatte.

      Der Mann war anderer Auffassung. Er hatte nicht vor, es zu lassen und grinste unverändert die Silhouette an, deren Konturen wie eine Aura die Lichter der nächtlichen Großstadt brachen. Der Lichtsaum ließ das Schwarz ihres Gewandes noch schwärzer und die Zeichnung ihres perfekt proportionierten wie modellierten Körpers noch beeindruckender erscheinen. Obwohl unverkennbar weiblich und nicht allzu groß, war die junge Dame sportlich gestählt. ‚Zierlich‘ war eine treffendere Bezeichnung als ‚muskulös‘, und doch war sie eine Athletin. Auch nahm ihr appetitlicher Anblick nichts von ihrer furchteinflößenden Ausstrahlung. Ein junges, schönes, gefährliches Phantom, das einen der hier Anwesenden in erster Linie damit beeindruckte, dass es ihm den Abend verdarb. Diese Störung wollte der nunmehr unterbinden.

       Warte kurz, M ä dchen, gleich sind wir dich los. Nur noch eben den Finger durch

      Das Grinsen war der letzte bewusst gewählte Gesichtsausdruck des Mannes. Sekundenbruchteile später bohrte sich ein Shuriken in seine Stirn. Das Gesicht verzog sich zu einer albern starrenden Maske, der Kopf fiel vornüber, plumpste in den Teller mit den Vorspeisen. Unter der als Tisch aufgebauten Planke, die quer über das Rettungsboot ragte, fiel ebenfalls etwas. Die Schusswaffe entglitt den Fingern des Mannes und polterte auf den Boden des Bootes. Er sollte mit seinem letzten Ausspruch recht behalten. Wie die Finger der rechten Hand lockerte sich mit dem Eintritt des Todes auch sein Schließmuskel, was eine partielle Darmentleerung zur Folge hatte. Er schiss sich wirklich in die Hose.

      Die Frau riss die Augen auf, richtete sie auf die dunkle Gestalt. Diese stand unverändert da, die Hände in die Hüfte gestemmt. Nichts deutete darauf hin, dass sie den Wurfstern geschleudert hatte. Auch dieses Gerücht, mehr noch, diese Ahnung bewahrheitete sich: Die dunkle Gestalt war schneller, als menschliche Augen es erfassen können. Und absolut tödlich. Die bis eben furchtlose Rassefrau war nun mit dem todbringenden Phantom allein. Sie wich zurück, presste sich gegen die extra für diesen Abend montierte Rückenlehne. Ihre geweiteten Augen spiegelten, was sie sah. Und das, was sie sah, konnte sie kaum glauben. Mit so ziemlich allem… aber damit war nun wirklich nicht zu rechnen.

      »Getroffen!«, piepste es mit der gleichen Stimme, allerdings mädchenhafter als zuvor aus dem Dunkel. »Lass stecken…« Die mädchenhafte Stimme verdüsterte sich, zitierte ätzend eine Bemerkung des nunmehr Toten. »Und wie ich steckenlasse… steckt doch super!«

      »Das… das gibt‘s doch nicht!«, stammelte die Frau auf Französisch.

      »Mais oui«, korrigierte die niedliche Stimme, die nun ebenfalls ins Französische wechselte.

      Im Dunkel blitzte erneut etwas Rundes mit Zacken auf.

      Prolog Irland

       B é ara, Februar 2004

      Oskar Randow war jemand, der es zuweilen hasste, doch wieder recht behalten zu haben. Seine Augen schweiften über die Halbinsel Béara im Südwesten Irlands. Er war eine gute Autostunde von Cork entfernt, seinem neuen Wohnsitz. Die ersten fünf Wochen Irland waren vergangen. Es war ungewöhnlich mild, fast fünfzehn Grad, und das für Anfang Februar. Man hatte ihm gesagt, dass es im Sommer auch nicht viel wärmer sein würde. Aber deutlich mildere Winter als in seiner Heimatstadt Berlin waren zumindest jetzt ein Vorteil. Sollte er dann im Sommer frieren, statt wie in Berlin zu schwitzen, wäre das sicherlich weniger angenehm. Vielleicht sollte man in Irland ohnehin nicht auf den Kalender, sondern lieber aus dem Fenster sehen. Falls die Sommertemperaturen kaum über den jetzigen vierzehn Grad lägen, könnte man einfach jahrein jahraus die selbe Kleidung tragen. Egal, welche Jahreszeit der Kalender zeigt. Es sei denn, es regnet. Das tat es in Irland nicht gerade selten. Aber heute war das Wetter fantastisch. Wolken und klare Abschnitte mit blauem Himmel wechselten einander ab – ein herrliches Licht- und Schattenspiel, das mit der zerklüfteten Südwestküste ein Irland wie aus dem Bilderbuch malte. Oskar hatte sich eine Decke aus dem Auto mitgenommen, das ihm sein neuer Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hatte. Sein erster eigener Dienstwagen war auch dann eine Freude, obwohl er mit dem Linksverkehr immer noch auf Kriegsfuß stand. Die Decke war nicht ausgebreitet, damit sie dicker und bequemer zum Sitzen war. So saß er in einigen respektvollen Metern Abstand von der Kante des Kliffs und sah in die Weiten. Sattes Grün wechselte sich mit dem fahlen Graubraun der Caha Mountains ab, dazu das dunkel-blaugraue Meer.

      Er hatte es auch dieses Mal gehasst, recht gehabt zu haben. Andererseits wäre er ohne sein sicheres Gespür höchstwahrscheinlich in Berlin geblieben, trotz der bereits erhaltenen Zusage für die Arbeitsstelle in Cork. Er wäre wegen ihr geblieben – freischaffend, aber auftragslos, daher pleite und ohne Aussicht auf Besserung. Obendrein wäre er von Gabi fröhlich weiter betrogen worden. Um ihr dann irgendwann drauf zu kommen oder ihre Beichte zu hören, dass sie ihn leid ist und schon jemand anderen hat. Frau weg, Jobchance in Irland weg… und noch pleiter als zuvor. Daher war es gut, dass er vor knapp zwei Monaten ein Wiedersehensessen angesetzt hatte, das mehr ein Entscheidungsessen war. Da gab es dann keine Ausreden mehr. Sie vermied es zwar, Tacheles zu reden, aber es verriet sie zuviel: ihr Verhalten, ihre Gleichgültigkeit, ob er nach Irland geht oder nicht, ihre nichtgesagten Sätze zwischen den Zeilen. Die ultimative Klarheit hatte er sich geholt, indem er seine eigene Freundin gestalkt hatte. Er hatte sie bis nach Hause verfolgt und verbarg sich im Schutz der Dunkelheit einer Baumgruppe vor ihrem Hauseingang. Sie hatte den obligatorischen finalen Kaffee bei ihm abgelehnt – zu müde, sie müsse ins Bett. Natürlich war der Kaffee auch hier nicht nur als Kaffee gedacht gewesen. Von wegen ‚müde‘, in Wahrheit bekam sie nach dem gemeinsamen Essen mit Oskar noch Besuch von einem gutaussehenden, jungen Mann mit längeren Haaren. Deswegen hatte sie während des Essens ein paar Mal in sich hineingeschmunzelt und war alle Nase lang auf der Toilette verschwunden. Wahrscheinlich um SMSe abzusetzen oder gar zu telefonieren. Sein nicht gerade gentlemanlikes Nachspionieren war nicht mehr und nicht weniger als die Abkürzung für eine Gewissheit, die zuvor nur sichere Ahnung war. Finito amore.

      Dann also Irland. Es lief auch alles andere als schlecht. Am Montag würde er in eine neue Abteilung versetzt werden. Diese firmenintern nur ‚Spielwiese‘ genannte Abteilung war der Pool der Talente. Derer, die besser als die anderen waren – innovativer, verspielter, kreativer. Mehr oder weniger junge Wilde, die neue Tools, ganze Anwendungen oder gar die heiligen Kühe der Software-Branche, die sogenannten Killer-Applikationen quasi als Abfallprodukte ihrer Spielerei entwickelten. Die Spielwiese eben. Wieder ein guter neuer Abschnitt im Leben.

       Also vergiss endlich Gabi!

      Oskar Randow setzte eine Flasche Kilkenny an die Lippen und schmunzelte. Der Wind fuhr in seine blonden, halblangen Haare. Er hatte sich die Haare nach vielen Jahren Kurzhaarschnitt mal wieder wachsen lassen. Dazu trug er einen verwegenen Fünftagebart. Für die Aufrechterhaltung dieses Looks hatte er sich extra einen Barttrimmer zugelegt. Ähnlich der Gepflogenheit vieler Frauen sollte diese äußere Veränderung gleichzeitig eine Veränderung seiner Lebensumstände, wenn nicht Persönlichkeit anzeigen. Und: Manche Frauen stehen offensichtlich auf Männer mit längeren Haaren. Es war ziemlich mühsam, sich bei dem auflebenden Wind eine Zigarette anzuzünden. Der Wind frischte immer dann auf, wenn er sich eine Zigarette an die Lippen setzte. War das ein Zeichen, dass er das Rauchen aufgeben sollte? Er rauchte ohnehin nicht mehr soviel wie in Berlin, wollte aber auch nicht ganz darauf verzichten. In der Firma herrschte absolutes Rauchverbot, insofern mutierte Oskar zum Outdoor-Raucher. Dieser Zustand würde sich sehr bald noch intensivieren. Die irische

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