Tödlicher Aufguss. Axel Birkmann

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Tödlicher Aufguss - Axel Birkmann

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Harz, in der ehemaligen DDR, in Sachsen-Anhalt. Unterhalb vom Brocken.«

      »Harz, Brocken, DDR, Walpurgis? Gibt es denn nicht so etwas wie eine Walpurgisnacht?«

      »Klar. Am 30. April. Sie kommt also noch. Traditionell gilt die Nacht vom 30. April auf den 1. Mai als die Walpurgisnacht. In dieser Nacht tanzen die Hexen wild auf dem Blocksberg, dem eigentlichen Brocken, herum. Es soll Sitte gewesen sein, dass in dieser Nacht die jungen Mädchen mit entblößten Genitalien über Steine rutschten, um sich dabei ihren Liebhaber zu wünschen.«

      »Ich wusste es.«

      »Was wusstest du?«

      »Das du dazu gehörst, eine durchgeknallte Hexe aus DDR Beständen, nach West Deutschland geschickt, um den braven gottesfürchtigen Männern in Bayern den Kopf zu verdrehen.«

      »Du chauvinistisches kleines Arschloch«, fauchte Melanie und formte ihre Finger zu scharfen Krallen, um Kreithmeier die Augen auszukratzen.

      »Ich gehe dann mal lieber«, versuchte Zeidler sich aus dem Büro zu stehlen. Fast gleichzeitig drehten sich Melanie und Alois zu ihm um und riefen wie aus einem Mund: »Du bleibst da!«

      Zutiefst erschrocken blieb Zeidler in seiner Bewegung verharren und drehte sich wie in Zeitlupe zu ihnen um.

      »Du bleibst da!«, riefen sie erneut.

      »Also Spaß beiseite. Rainer du holst jetzt mit dem Schurig den Wagen«, kommandierte Kreithmeier seine Kollegen, »Melanie, du kümmerst dich um den Hexenverlag, das passt zu dir, ich werde mich bei einigen Tattoo-Shops umhören, und mich nach der schwarzen Lilie erkunden. In zwei Stunden treffen wir uns wieder hier zum Rapport. Verstanden?«

      Melanie und Rainer Zeidler nahmen Haltung an und salutierten mit einem lauten »Jawoll mein Führer.«

      Kreithmeier winkte nur ab und tippte sich mit dem Zeigefinger an die Stirn »Ihr spinnt beide. Stopp Rainer! Was ich immer noch nicht von dir beantwortet bekommen habe, warum willst du so gerne mit mir zum Tattoo Treff in die Therme?«

      »Weil ich auch tätowiert bin.«

      Kreithmeier fiel der Kinnladen herunter: »Du?«

      »Ja, ich!«

      »Eine Rose am Hintern?«

      »Natürlich nicht.«

      »Was dann?«

      »Du wirst es sehen.«

      »Jetzt mach es nicht so spannend, nun sag schon, Melanie will es sicher auch wissen, gell Melanie?«

      »Am Donnerstag. Und wenn sie es sehen will, sollte sie uns vielleicht begleiten.« Und schon war der Zeidler aus der Tür raus und im Flur verschwunden.

      »Das wird ja immer schöner. Eine Hexe als Partnerin, ein tätowierter Spurensicherer, was kommt noch alles.«

      »Ein chauvinistischer Kriminalkommissar.«

      »Ich bin kein Chauvi.«

      »Was noch zu beweisen wäre.«

      »Komm Gizmo, lassen wir die Bocksberg Hexe allein, gehen wir Gassi.«

      Gizmo sprang sofort von seiner Decke, als er das Wort Gassi hörte, er wirbelte durchs Büro, versuchte mit seinem Maul seinen eigenen Schwanz zu schnappen und folgte seinem Herrchen nach draußen. Melanie setzte sich an ihren Schreibtisch und griff zum Telefon.

      Alois Kreithmeier wusste ganz genau wohin er wollte: In die Altstadt, in eine der kleinen Gassen in der Nähe des Marienplatzes, in ein Tätowier Studio, in den Laden mit dem fantastischen Namen »Dragonlady«, Drachenfrau. Seit die Thriller von Stieg Larsson in die Kinos, auf DVD und letztendlich auch ins Fernsehen kamen, begann ein richtiger Hype auf Tattoos, Piercings und Punk Kleidung. Eine der Schlüsselfiguren in seinen Romanen war Lisbeth Salander, eine junge Frau mit geheimnisvoller Vergangenheit, von Kopf bis Fuß gepierct und tätowiert. Und der Höhepunkt ihrer künstlerischen Bemalung ist ein Drachen auf ihrem Rücken. Der Name des Tattoo-Shops war nach dem Erscheinen des letzten Teiles der Saga geändert worden. Im Eingangsbereich überdeckte ein riesiges Poster der Lady mit dem Dragon Tattoo eine alte Tapete und im hinteren Bereich schmückte ein Poster der tätowierten verstorbenen Pornoqueen Sexy Cora die Wand.

      Ein Mann stand gelangweilt hinter einem Tresen, blätterte in einer Zeitschrift und blickte kurz auf, als Alois Kreithmeier mit Gizmo an der Seite den Laden betrat.

      »Grüß Gott!«, sagte der Kommissar höflich. Nur ein kurzer Blick, dann las der Mann weiter: »Mach ich, wenn ich ihn sehe.«

      »Sie sind der Chef hier?«

      »Wer soll ich sonst sein?«

      Der Mann hatte einen kurzärmeligen Pullover an. Seine beiden Arme waren fast an jeder Stelle mit bunten Tattoos überzogen. Auf dem rechten Arm: Farbige Bilder von jungen Elfen, Drachen und anderen mythologischen Wesen. Auf dem Linken, so weit Kreithmeier erkennen konnte: Männer und Frauen in alten Gewändern mit blutunterlaufenen Augen und spitzen Zähnen – Vampire.

      Kreithmeier wollte fast schon wieder gehen, denn er merkte sehr schnell, dass er hier nichts herausbekommen würde, das war halt nicht seine Welt. Sollte der Zeidler lieber hierher gehen und nach der schwarzen Lilie fragen. Das wäre sicher besser. Als er die Türklinke in der Hand hielt, kam der Mann hinter dem Tresen hervor und schritt auf ihn zu.

      »Sven, mein Name ist Sven. Der Laden gehört mir. Was willst du? Hast du dich verlaufen, nach einem neuen Tattoo siehst du mir gerade nicht aus.«

      »Das stimmt, ich wollte mich nicht stechen lassen. Aber ich bräuchte eine Auskunft.«

      »Bist du ein Bulle?«

      Kreithmeier zögerte: »Ja. Ich bin von der Kriminalpolizei.«

      »Da schau her. Ich habe es mir fast gedacht, als du in den Laden hereingekommen bist. Ein Bulle. Und was kann ich für Sie tun, Herr Kommissar?«

      Kreithmeier drehte sich um und kehrte zurück an den Tresen.

      »Ich suche ein ganz spezielles Tattoo.«

      »Für deine Freundin?«

      »Nein.«

      »Für deinen Freund?«

      »Nein! Es ist eine Lilie. Es handelt sich um eine schwarze Lilie.«

      »Eine schwarze Lilie. So etwas habe ich noch nie tätowiert, auch noch nicht gesehen. Die schwarze Lilie ist etwas aus der Mode gekommen. Sie war einmal sehr verbreitet. Nicht hier bei uns, aber in Frankreich. Und das vor langer Zeit.«

      »Wieso denn das?«

      »Komm, ich zeige es dir. Ein Bier, Herr Kommissar?«

      »Nein Danke.«

      »Ich verstehe schon, im Dienst. Setz dich, ich komme gleich wieder.«

      Kreithmeier setzte sich auf einen der beiden Ledersessel und blätterte durch die Fotoalben mit den realisierten Tattoo-Mustern des Studios. Der Mann

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