Tödlicher Aufguss. Axel Birkmann

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Tödlicher Aufguss - Axel Birkmann

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vor.«

      Kreithmeier schulterte das Badetuch und marschierte mit entschlossenem Schritt Richtung Umkleidebereich. Er wollte nur raus. Melanie und Martin Wildgruber folgten ihm.

      Die schwarze Lilie

      Kreithmeier war froh als er wieder in seine Straßenkleidung geschlüpft war und neben Melanie im Auto saß. Für seinen Geschmack war die Therme eher nicht. Nicht, dass er etwas gegen eine Runde Saunieren, Entspannen und Relaxen hätte, nein, überhaupt nicht, was ihn an der Therme störte, war diese enorme Ansammlung nackter Körper. Und es waren vor allem so viele hässliche darunter. Ein junger Mädchenkörper könnte ihn schon begeistern, doch die meisten Gäste waren seiner Meinung nach scheintot, oder sie hatten es noch gar nicht gemerkt, dass sie schon gestorben sind. Und der Name Paradies war auch treffend. Obwohl einige von den Gästen sicher in die Hölle gehörten.

      Und so ging es die ganze Zeit auf ihrem Weg von Erding nach Freising. Nichts als Lästereien und Genörgel, bis Melanie abrupt auf die Bremse trat und den Audi rechts ran fuhr.

      »Bist du jetzt bald fertig. Du müsstest dich mal selbst hören. Hast selbst bis vor ein paar Wochen noch einen durchs fette und einseitige Essen verformten Körper gehabt und jetzt meinst du, du kannst so ohne Weiteres über die Leute in der Therme mosern? Du bist auch kein Adonis. Und wenn du jetzt nicht aufhörst, dann schmeiße ich dich hier raus. Wir haben einen Mord aufzuklären und keinen Erfahrungsbericht über die Erding Therme zu schreiben.«

      »Entschuldige, Melanie. Ich war noch nie unter so viel nackten Leuten.«

      »Was ist denn daran schlimm? Wir haben in der DDR eine richtige Freikörperkultur gehabt. Es war die einzige Möglichkeit uns frei zu bewegen. Einem nackten Mann kann man kein Mikrofon in die Tasche stecken. Der Ausdruck unseres unbändigen Freiheitsdranges in einer eingeschlossenen Gesellschaft.«

      »Sorry, ich ....«

      Melanie war sauer und in Fahrt und sie ließ ihn nicht zu Wort kommen: »Unsere Freikörperkultur in der ehemaligen DDR hat über alle spießbürgerlich-kapitalistischen und religiösen Vorurteile gesiegt. Nur im kapitalistischen Amerika musste man dem kranken Gemüt mit Reizmitteln nachhelfen und den Körper in verwegene Bademoden stecken, die einerseits als erotische Stimulans dienten, andererseits den Textilkonzernen beträchtliche Summen einbrächten. Das alles hatte einmal eine Schauspielerin an unseren Ministerpräsidenten geschrieben. Die FKK Jünger wurden teilweise sogar von der Stasi verfolgt. Und Nacktbaden war verboten. Und jetzt regst du dich auf. Alter Spießer.«

      »Ich bin schon ruhig. Fahr bitte weiter.«

      Melanie blickte ein letztes Mal grimmig auf ihren Beifahrer, dann steuerte sie den Audi mit durchdrehenden Reifen zurück auf die Straße. Zurück in der Dienststelle in der Haydstrasse in Freising begann Melanie sofort mit unbeirrbarem Aktionismus ihre Planungstafel ins Büro zu rollen und sie mit den neuesten Informationen zu bekleben: Bilder von der Therme, von Markus Backhaus, daneben schrieb sie seinen Künstlernamen Black Beth und darunter den Namen des Saunabediensteten Martin Wildgruber. In eine Ecke schrieb sie Black Lady mit schwarzer Lilie und darunter Freundin mit weißer Lilie. Dann fügte sie mit einem roten Filzstift Pfeile zwischen den einzelnen Namen und Bilder hinzu, überprüfte noch einmal alles, rollte ihren Schreibtischstuhl vor die Wand, setzte sich, atmete tief ein und aus und rief: »Fertig!« Alois hatte ihr ohne einen Kommentar hinzuzufügen zugesehen.

      »Und jetzt?«, fragte er kleinlaut. Sie war immer noch böse auf ihn. Hatte er doch mit seinem Gemosere gegen ihre politische Ideologie von »Nackt und Frei« gemeckert. Und das hatte sie ihm wirklich krumm genommen.

      »Jetzt lassen wir die Spurensicherung antraben. Der Wagen von Backhaus ist übrigens auch schon gefunden worden. Er steht noch auf dem Parkdeck in der Therme. Du hast die Schlüssel. Wenn du am Donnerstag in die Therme fährst kannst du den Wagen ja mitbringen.«

      »Wie bitte?«

      »Am Donnerstag ist dieses Extremisten Treffen. Da bringst du den Wagen ganz einfach mit.«

      »Ich soll schon wieder ....«

      »Wer denn sonst? Ich vielleicht?«

      »Ich hatte gedacht ....«

      »Ach, du hast gedacht, dass ich als Anhänger des Freikörperkultes quasi prädestiniert bin für verdeckte Ermittlungen in einem Nacktbereich. Und das am besten noch mit dir zusammen, damit du mir die ganze Zeit auf meinen Arsch und auf meinen Busen starren kannst. Das kannst du dir abschminken. Den Job machst du alleine. Oder.....« Melanie machte ein kurze Denkpause. »Oder du nimmst den Zeidler mit, dem macht das sicher Spaß, knackigen tätowierten Mädels auf den Hintern zu schauen, oder treibt der es lieber mit Jungens? Auch gut. Nimm den Zeidler mit und ihr beiden werdet einen Riesenspaß haben. Und wahrscheinlich werdet ihr an diesem Tag noch die beiden Ältesten sein, so wie mir der Wildgruber die Szene erklärt hat.«

      »Das kannst du nicht von mir verlangen«, flehte Kreithmeier sie an.

      »Das ist die leichteste Übung. Ein kleiner Anruf bei der Lehner und sie spendet euch beiden den Eintritt.«

      »Hexe, alte Hexe!«, rief Kreithmeier und rannte aus dem Büro.

      »Ich werde anfangen zu schreiben«, fluchte er, »und in meinem ersten Roman wird eine Hexe aus Thüringen mit langen blonden Haaren bei lebendigem Leib auf dem Scheiterhaufen natürlich barbusig und nackt verbrannt.«

      Er schritt runter auf den Hof, setzte sich in sein Auto und fuhr nach Hause. Gleich nach dem er die Klinke herunter gedrückt hatte, wurde er von Gizmo überfallen, seinem treuen Hund, den er heute zu Hause lassen musste, der sich aber jetzt unbändig freute, dass sein Herrchen ihn abholte.

      Bevor er zurück ins Büro zu seiner Thüringer Hexe fuhr, lief er mit Gizmo in den Isarauen entlang. Gizmo freute sich und tanzte um sein Herrchen, markierte zwischendurch den einen oder anderen Baum und erschnüffelte an den Spuren anderer Hunde, was hier so alles losgewesen war in den letzten Stunden.

      Alois war sauer, auf sich, auf seine Kollegin, auf den Fall, auf den Backhaus, einfach auf alles und auf jeden. Er fragte sich, wie konnte man mit solchen Trivialromanen so viel Geld verdienen, dass man sich so ein modernes Haus und das auch noch in einer der besseren Wohngegenden von Freising leisten konnte. Und da ließ sich der Mann auch noch im Nacktbereich einer Wellness Oase wegrichten.

      Wie blöd musste man denn sein? Und wie ausgefuchst und berechnend musste erst der Mörder sein, dass er überhaupt auf so eine Idee kam? Ein einfacher Schuss ins Herz oder zwischen die Augen hätte es doch auch getan. Das wäre sauber gewesen. Aber so dachten die Mörder nicht mehr, wenigsten die, mit denen er es zu tun hatte. Das waren nicht viele, aber komischerweise fanden die letzten Morde immer an einem Montag statt.

      Der Tote Hund, der Tote auf der Startbahn und jetzt der Tote im Salzstollen. Und immer wurde er gestört, wenn er mit seiner Kollegin abends unterwegs war und ihr für ein paar Augenblicke näher kam. Dann kam ein Anruf, ein Leichenfund und alle Romantik war verschwunden. Der öde Alltag hatte sie wieder. Und dann begann alles von vorn: Streiten, Hänseln, ihre Witze wegen seiner Kleidung, ihre Anspielungen auf seine Körperfülle, insbesondere seinen Bauch, seine Einsamkeit in seiner Bude und sein ungesundes Essen. Und so weiter. Das Leben ist schon komisch.

      »Komm Gizmo, wir müssen wieder. Du kommst mit ins Revier. Und du hörst heute nur auf mich. Und die Melanie ist böse. Du wirst sie mit Verachtung strafen. Hörst du?«

      Gizmo wedelte mit dem Schwanz als er den Namen

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