Tödlicher Aufguss. Axel Birkmann

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Tödlicher Aufguss - Axel Birkmann

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Kreithmeier und Schütz sich durch die Menge drängelten, kam ein Mann in schwarzem Anzug direkt auf sie zu. Er packte den Kommissar am Arm, seine braunen Augen funkelten wie irre und er rief hysterisch: »Sind Sie der Kriminalkommissar aus Freising?«

      »Ja. Das bin ich. Und Sie?«

      »Ich habe immer gewusst, dass das Böse seinen dunklen Atem über unser Dorf ausgebreitet hat, aber dass es einen heiligen Platz wie unseren Friedhof schändet, dass hatte ich nicht vorausgeahnt. Das ist eine Katastrophe. Und ich habe es geahnt. Helfen Sie uns!«

      Der Mann packte Kreithmeier immer fester am Arm. Der wollte sich aus der Umklammerung winden, doch es gelang ihm nicht.

      »Herrgott noch mal, lassen Sie meinen Arm los. Und wer sind Sie?«

      »Fluche nicht mein Sohn. Fluche nicht. Der Herr sei dein Hirte und er wache über dich.«

      »Schon gut. Ich kann auf mich selbst aufpassen. Wie heißen Sie und wer sind Sie?«

      »Klosterkemper, mein Name ist Franz-Josef Klosterkemper. Ich bin der Pfarrer hier vor Ort. Und ich habe immer vor dem Bösen gewarnt. Jetzt hat es zugeschlagen. Und das genau hier auf unserem Feld der letzten Ruhe.«

      »Wir unterhalten uns später.«

      Kreithmeier machte eine schnelle Bewegung mit dem Oberkörper und drehte sich dabei aus dem Griff des Geistlichen. Er bekam seinen Arm frei, schob den Mann auf die Seite und sagte: »Laufen Sie nicht weg. Ich komme später zu Ihnen, jetzt muss ich aber da hinein. Später. Lassen Sie mich gehen. Ich komme wieder.«

      Der Pfarrer schritt zur Seite und ließ den Kommissar vorbei. Melanie schob sich hinter ihm durch an den neugierigen Leuten vorbei. Nachdem sie einem Polizeibeamten ihre Ausweise unter die Nase gehalten hatten, durften sie passieren.

      Kreithmeier schritt zielstrebig auf eine Gruppe von Menschen zu, unter denen er Rainer Zeidler, Josef Schurig und den Arzt vom Erdinger Krankenhaus Dr. Wahlmeier erkannte. Sie versperrten ihm die Sicht auf die Fundstätte der männlichen Leiche. Und so packte er als Erstes Zeidler am Arm: »Was ist hier passiert?«

      »Das musst du dir schon selbst anschauen. Erfreulich ist es nicht gerade. Es handelt sich bei dem Toten um den jungen Mann aus der Therme.«

      »Das weiß ich schon, aber was ist hier passiert?«, wiederholte er sich.

      »Komm. Ich zeige es dir.«

      Zeidler marschierte voraus zu einem größeren Familiengrab mit einem polierten Marmorstein als Grababdeckung. Auf diesem schwarzen Stein hatte man den Toten aufgebahrt. Martin Wildgruber lag auf dem Rücken. Seine Hände waren auf der Brust gefaltet. Er hatte ein weißes Gewand an, mit einem schwarzen Zeichen auf der Brust, das von seinen Händen halb verdeckt wurde. Kreithmeier konnte nicht genau erkennen, um was es sich konkret handelte, er blickte traurig auf die jungen Gesichtszüge des Toten, auf seine aschfahle Haut. Seine Augen waren geschlossen und sein Mund hatte sich zu einem Lächeln geformt.

      »Ein letztes Lächeln in den letzten Minuten seines irdischen Lebens«, dachte der Kommissar.

      Die Aufbahrung des Toten, die geschlossenen Augen, das weiße Baumwollgewand, und dann noch die Stelle, eine Grababdeckung eines Familiengrabes auf einem Friedhof, alles kam ihm so unwirklich vor. Auch konnte er auf den ersten Blick keine äußerlichen Merkmale einer Gewaltanwendung entdecken. Der junge Mann sah aus, als ob er sich selbst zum Ausruhen auf den Stein gelegt hätte, dann dort eingeschlafen wäre und jetzt jeden Moment aufwachen und sich über die umherstehenden Menschen amüsieren würde, die angeblich dachten, er wäre tot, doch er war es nicht. Nur ein bisschen müde, mehr nicht.

      Und das Gewand, würde man ihn fragen, das sei sein Nachthemd, würde er antworten. Bequem und rein. Reine weiße Baumwolle. Das Zeichen? Was für ein Zeichen, würde er fragen. Das Zeichen auf seiner Brust. Das sehe er heute zum ersten Mal. Es könnte eine Blume sein, würde er sagen, eine stilisierte Blume, es sehe einer Lilie ähnlich. Einer schwarzen Lilie, der Blume der Huren und Verräter. Verräter? Nein, ein Verräter sei er nicht. Wie er hier auf den Friedhof gekommen sei, würde ihn dann jemand fragen. Das wüsste er nicht. Er möchte jetzt nur noch nach Hause. Doch das ging nicht mehr. Der Junge war tot. Ob er das denn nicht wüsste?

      »Alois!«, unterbrach jemand an seiner Seite die Gedanken des Kommissars. Kreithmeier schüttelte sich, wandte den Blick von dem Toten ab und starrte mit leerem Blick auf das Friedhofsgelände. Er wartete darauf, dass er erwachte und der Albtraum aufhörte.

      »Träumst du?«, fragte Melanie Schütz neben ihm.

      »Ich?« Kreithmeier zitterte. »Nein. Natürlich nicht.«

      »Du warst mit deinen Gedanken ganz woanders. Wo warst du? Du kennst doch den Mann hier?«

      »Natürlich. Rainer und ich haben ihn am Donnerstag noch ganz lebendig im Sauna-Paradies gesehen. Und jetzt liegt er hier. Unfassbar. Ich kann es nicht glauben. Warum, Melanie, warum? Er war noch so jung. Und er hatte das Leben noch vor sich. Wer hat das getan und vor allem warum?«

      »Ich weiß es nicht.« Und zu Zeidler gewandt fragte sie: »Was ist hier geschehen, Rainer? Warum hat er sterben müssen? Und woran? Und wer hat ihn so aufgebahrt. Das ist fast wie ein Ritual. Eine Art Fememord. Was wisst ihr denn schon?«

      Rainer Zeidler schüttelte ohne zu antworten den Kopf.

      »Woran ist er gestorben?« Kreithmeier stupste den Arzt an, der neben dem Grabstein kniete und vorsichtig den Leichnam untersuchte.

      »Etwas Genaueres kann ich leider noch nicht sagen. Er hat zwei rote Male am Hals wie zwei Einstiche. Er muss sehr viel Blut verloren haben. Ich weiß nicht post mortem oder ante mortem.«

      »Wie bitte?«

      Dr. Wahlmeier hob den Kopf und sah dem Kommissar direkt in die Augen: »Ich weiß nicht ob er das viele Blut nach seinem oder vor seinem Tod verloren hat. Wenn er nicht an etwas anderem gestorben ist, dann ist er verblutet.«

      »Aber hier sind nirgends Spuren von frischem Blut zu sehen.«

      »Das ist richtig«, bestätigte der Arzt. »Was ich jetzt schon mit angrenzender Sicherheit sagen kann, dass der Fundort nicht der Tatort ist.«

      »Und wann ist er gestorben?«

      »Heute Nacht. Zwischen Mitternacht und drei Uhr früh. Das kann ich an Hand der Leichenstarre sagen.«

      »Heißt das«, fragte Kreithmeier hektisch, »dass der junge Mann hat mitbekommen müssen, wie er langsam verblutet und sein Leben verschwindet?«

      »Kann sein, muss aber nicht. Ich werde Ihnen alles nach der Obduktion sagen können. Nur eines ist klar, der junge Mann ist ohne Schmerzen gestorben. Viele Selbstmörder legen sich bei ihrem Suizid in eine warme Badewanne, öffnen sich dann die Pulsadern und verbluten in der Wanne. Sie schlafen langsam ein bis der letzte Funken Leben aus ihrem blutleeren Körper entwichen ist.«

      »Aber Selbstmord schließen Sie aus. Herr Doktor.«

      »Noch nicht.«

      »Und wer hat ihn dann hier so aufgebahrt?«

      »Ein Komplize, ein Helfer, vielleicht ein Freund.«

      »Auf einem Friedhof?«

      »Ein

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