Tödlicher Aufguss. Axel Birkmann

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Tödlicher Aufguss - Axel Birkmann

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in der Kirche. Dir werden deine Sünden vergeben. Du trittst rein und frei von irdischer Schuld vor deinen Schöpfer.«

      Kreithmeier schüttelte seinen Kopf. »Sie glauben doch nicht, dass das hier alles ein religiöses Ritual sein soll, oder?«

      »Warum nicht. Sie wissen ja sicher noch aus ihrem Kommunionsunterricht, dass Selbstmörder nicht auf geweihtem Boden begraben werden dürfen, also niemals auf einem kirchlichen Friedhof.«

      »Das ist doch noch aus dem Mittelalter. Das wird heute nicht mehr praktiziert.«

      »In kleinen Gemeinden sicherlich noch, da könnte ich wetten.«

      »Aber Sie wissen ja nicht, ob es ein Selbstmord war oder nicht. Zeigen Sie mir bitte die beiden Male.«

      Dr. Wahlmeier deutete auf zwei erbsengroße rote Male am rechten Hals direkt auf der Halsschlagader.

      »Hier sehen Sie die beiden roten Male. Es kann durchaus sein, dass er hier darüber sein Blut verloren hat. Nur selbst kann er sich diese Wunden nicht zugefügt haben.«

      »Also doch Mord«, fasste Kreithmeier zusammen.

      »Warten Sie mit Ihren Spekulationen, bis Sie meinen Bericht gelesen haben. Kann ich den Leichnam jetzt abtransportieren lassen?«

      »Setzen Sie sich bitte mit der Spurensicherung auseinander, mit Herrn Zeidler oder Herrn Schurig. Wenn die den Toten frei geben, dann ja.«

      Kreithmeier schritt auf einen Polizeibeamten zu: »Rauchen Sie?«

      »Ja!«, antwortete der Beamte überrascht. »Wollen Sie eine Zigarette, Herr Kommissar?«

      »Bitte. Ich rauche zwar nicht mehr, aber dieser Anblick wirft mich wieder zurück.«

      »Hier bitte, bedienen Sie sich. Ich finde den Anblick nicht so schlimm. Bei einem Verkehrsunfall sieht es oft viel grausamer aus. Hier sieht es fast so aus, als ob der Tote gar nicht wirklich tot ist. Es sieht aus, als ob er schläft.«

      »Geben Sie mir eine Zigarette und halten Sie bitte den Mund«, sagte Kreithmeier knapp und hielt dem Beamten seine ausgestreckte Hand hin.

      Der Polizist drückte ihm ein Päckchen Marlboro in die Hand und Kommissar Kreithmeier fingerte sich eine Zigarette aus der Schachtel, steckte sie in den Mund und ließ sich Feuer geben. Ohne ein Wort des Dankes wankte er zwischen Gräbern in den hinteren Teil der Friedhofsanlage Richtung Aussegnungshalle.

      Der Tod des jungen Mannes hatte ihn schwer getroffen. Hatte er eine Mitschuld an seinem Tod, fragte er sich, während er wie zur Bestrafung seiner selbst, den Rauch der Zigarette brachial in seine Lungen saugte und ihn dort so lange wie möglich fest hielt. Erst als das Nikotin in seinem Rachen brannte und seine Lunge die verbrauchte Luft ausstoßen wollte, gab er nach, öffnete den Mund und blies sie mit einem kräftigen Stoß aus.

      »Fängst du wieder an zu Rauchen?«, fragte eine Frauenstimme hinter ihm.

      Er drehte sich nicht um, zog ein weiteres Mal an der Marlboro und sagte dann: »Ich brauchte es ganz einfach. Mich hat der Tod des jungen Wildgruber sehr mitgenommen.«

      Melanie stand plötzlich neben ihm.

      »Das kann ich ja verstehen«, sagte sie, »aber lass das Rauchen sein. Nikotin hilft dir dabei nicht.«

      »Aber es beruhigt.«

      »Nikotin ist eines der stärksten Pflanzen- beziehungsweise Nervengifte, die es gibt und die für den Menschen tödliche Dosis liegt bei nur 50 bis 60 mg. Nur 5 Zigaretten – in Wasser aufgelöst – ergeben diese Dosis. Rede lieber mit mir. Das ist gesünder.«

      »Da gibt es nicht viel zu reden. Ich bin zum Teil Schuld an seinem Tod.«

      »Quatsch!«

      »Doch, Melanie. Wenn diese beiden Frauen ihn mit uns zusammen gesehen haben, dann haben sie sicher sofort kombiniert, dass er sie an die Polizei verraten hat. Und dann haben sie ihn bestraft.«

      »Das heißt, du bist der Meinung, die beiden Frauen aus der Therme sind deine Hauptverdächtigen? Die potentiellen Mörderinnen?«

      »Wer soll es denn sonst sein? Und wir kommen keinen Schritt weiter. Der Tod von Markus Backhaus hat ganz sicher etwas mit diesem hier zu tun.«

      Melanie wehte mit der Hand den Rauch aus ihrem Gesicht: »Der Schriftsteller und sein Fan.«

      »Ja. Und ich werde den oder die Mörder finden, das verspreche ich dir.«

      »Und ich werde dir dabei helfen. Aber es hat keinen Sinn hier still vor sich hinzugrübeln und Gift deinem Körper zuzufügen. Komm wieder zu den Anderen.« Sie berührte ihn sanft am Arm. »Komm, es sieht komisch aus, wenn du hier so allein herumstiefelst. Unprofessionell. Und es könnte jemand auf die Idee kommen, dass du ein privates Interesse an der Aufklärung haben könntest, Befangenheit. Man könnte dir den Fall wegnehmen.«

      »LKA?«, fragte Kreithmeier sie.

      »Die Herren Burger und Hoger hätten sicher ihren Spaß daran.«

      »Gut, was sollen wir deiner Meinung nach tun?«

      »Erst einmal die Zeugen hier vor Ort befragen.«

      Kreithmeier drehte sich zu ihr um: »Und wer hat den Toten gefunden?«

      »Eine ältere Dame, die frische Blumen auf das Grab ihres verschiedenen Mannes stellen wollte. Ein Beamter nimmt ihre Aussage auf.«

      »Und was war das vorhin mit dem Pfarrer?«, fragte er sie.

      »Dieser durchgeknallte Typ vor der Absperrung?«

      »Der hat sie ja nicht alle. Das Böse ist unter uns. Ich habe es ja schon immer gewusst. Der dunkle Atem des Todes breitet sich nun auch über unser Dorf aus«, wiederholte er die frommen Sprüche des Geistlichen.

      »Der Pfaff hat wohl zu viel seines eigenen Messweins konsumiert.«

      »Da kannst du Recht haben, Melanie, aber wir sollten uns trotzdem mit ihm unterhalten. Verrückte sprechen oft die Wahrheit, auch wenn sie es selbst nicht merken oder wissen.«

      »Das kannst du allein machen, Alois. Du kennst meine Einstellung zur Kirche insbesondere zur Katholischen. Daran hat sich nichts geändert.«

      »Ja, ich weiß«, sagte er fast flehend, »aber ich bitte dich auch, mich zu begleiten. Gerade diese deine Einstellung macht dich unangreifbar gegen solche katechetischen Sprüche. Du bist da weit objektiver als ich.«

      »Na gut. Ich komm mit.«

      »Aber versprich mir, diesen Pfarrer ganz normal zu behandeln.«

      »Ja, das mache ich«, gelobte Melanie.

      »Schauen wir noch einmal kurz bei der Spusi vorbei, ob sie noch etwas gefunden haben.»

      »Ja, es ist gut, wenn du dich dort zeigst. Du bist der Dienstälteste von uns beiden. Du bist der Chef. Und nun benimm dich auch so.«

      »Wird gemacht, Melanie, wird gemacht.«

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