Täubchen alla Boscaiola. Martin Schlobies
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„Ja! Dieser Halunke, dieser Halsabschneider . . . “ Ein Schwall Beschimpfungen ergoß sich aus Giuseppes Mund. Signor Toccabelli sagte:
„Das soll er bereuen! Giuseppe, ich muß fort. Treibe die Schweine einstweilen auf das abgeerntete Kohlfeld! - Oder führe sie über den Gemeindeweg, den Sintiero!“ Und damit ging er zu seinem Wagen.
Giuseppe blieb mit offenem Mund zurück, während Toccabelli fahrig und behender als sonst seinen Wagen bestieg, Castellina verließ und in der nächsten größeren Ortschaft bei einem ihm bekannten Bauunternehmer anhielt und mit ihm ein kurzes Gespräch führte.
Als er händereibend das tempelartige Büro-Gebäude des Bauunternehmers verließ, - es war übrigens derselbe, den Signor Botello beauftragt hatte, aber das verschwieg der schlaue Geschäftsmann natürlich, - war Signor Toccabelli so guter Dinge, daß er seine ursprüngliche Verabredung mit seinem Geschäftspartner in Cefalú vergessen hatte, obwohl es um eine beträchtliche Summe Geld ging.
Gemütlich und mit neu gewonnener Seelenruhe trödelte er mit seinem Wagen die Landstraße entlang und erfreute sich an dem frischen Grün nach den ersten kurzen Regenfällen in diesem Herbst, plötzlich fiel sein Blick auf die Uhr und er wurde blaß, „Schon dreiviertel elf! - Um halb elf wollte ich dasein!“
8. Kapitel
Wenig hatte in den letzten Jahren so für Aufruhr in Castellina al Monte Largo gesorgt, wie die Sache mit dem alten Schießplatz. Der Schießplatz, der schon jahrelang nicht mehr benutzt worden war, war im Vorjahr von der Militärverwaltung versteigert worden, und Signor Botello und Signor Toccabelli, die neben dem Apotheker Signor Meirelas zu den wenigen Wohlhabenden im Ort gehörten, hatten jeder ein Stück davon ersteigert, - und jeweils einen Teil des dazugehörigen Militärweges, der zur Küste und zum Dorf und zur Bleigrube führte.
Die Nachricht von dem Zaun, der den alten Militärweg absperrte, verbreitete sich wie ein Lauffeuer in Castellina. Schon abends war der Ort in zwei Lager gespalten, die Anhänger von Signor Botello, meist ältere und gesetztere Leute, hatten sich im Café Sicilia eingefunden; sie saßen draußen, vor der dunkelgrün gestrichenen Wand des Cafés, unter dem großer Mimosenbaum, an winzigen runden Blechtischen, fast jeder hatte sein kleines Glas Grappa vor sich, mancher auch ein Bier. Direkt nebenan, nur zwei Schritte entfernt, im erst kürzlich eröffneten Café Europa saßen die jüngeren Männer, die meist Toccabelli-Anhänger waren.
Am frühen Abend war überraschend ein Strich Regen gefallen und so glänzte das Pflaster vor den Cafés im Licht der wenigen Laternen, die den Platz umstanden. Die vielen Menschen hatten die streunenden Hunde angelockt, die in einem weiten Kreis auf dem Platz vor den Cafés lagen und auf einen Brocken hofften oder einfach nur die menschliche Gesellschaft suchten.
Die Hunde schwiegen, nur manchmal knurrte einer, wenn ihm ein anderer zu nahe kam, die Männer in den Cafés jedoch schwiegen nicht, sondern redeten, und ihre Stimmen wurde immer lauter und erregter. Denn es wurde heftig diskutiert, über die neuesten Begebenheiten und die neuesten Einfälle der beiden Kontrahenten im Streit um die Wege zum Schießplatz. Meist bemühte man sich, die Anhänger der anderen Partei, die nur zwei Schritte entfernt saßen, nicht mithören zu lassen, aber manchmal drang doch ein zu lautes Wort über die Grenze, was dann einen lebhaften Protest oder auch nur ein hämisches, abfälliges Gelächter bei der Gegenpartei zur Folge hatte.
So ging das eine Zeitlang, eine, dann zwei Stunden, ohne daß ein Ergebnis der Debatten abzusehen wäre. Die Hunde erhoben sich bereits gähnend und strichen davon, die ersten der Männer standen schon auf, klopften ihre Hosen von Asche frei, nickten einen kurzen Gruß und verschwanden mit hochgezogenen Schultern in einer der trüben Gassen, die von dem Platz abgingen.
Da kam ein junger Mann auf seinem Moped angefahren, hielt direkt vor dem Café Sicilia an und stieg ab. Auf dem Gepäckträger hatte er ein zusammengerolltes Papier festgeklemmt, das er sogleich entrollte und den Männern im Café Sicilia zeigte, die einen Moment ihre Diskussion unterbrachen und ihn nach der Lektüre des Papiers verständnislos ansahen. Da erst bemerkte er seinen Irrtum, schob das Moped nach links, zum Café Europa, bestellte sich einen Grappa und ließ das Plakat, - denn um ein solches handelte es sich, - herumgehen, während er Grappa trank und dazu ein paar Gurken-Scheiben verzehrte.
Jeder, der das Plakat in die Hand bekam, und darin las, fing nach wenigen Sekunden an, laut aufzulachen, sodaß schließlich der Wirt rief: „Vorlesen! Das dauert zu lange!“ Er nahm das Plakat und reichte es einem hochgeschossenen jungen Mann mit einer Brille, der von allen 'der Student' genannt wurde, obwohl er nie studiert hatte, sondern nur einige Zeit lang Verkäufer in einem Buchladen in Cefalú gewesen war, den aber seine laute und klare Stimme dazu auserlesen hatte, daß er an hohen Feiertagen in der Kirche die Evangelientexte las.
Der Student begann das Plakat zu studieren, brach in Gelächter aus und schließlich las er vor:
'An die Bewohner Castellinas und der umliegenden Anhöhen!'
Sobald der Student zu lesen begann, verstummten auch im angrenzenden Café Sicilia die Gespräche, und alle lauschten gespannt,
'Hiermit wird bekannt gemacht, daß jedes Schwein, das östlich des Zaunes am alten Schießplatz, auf dem alten Militärweg zum Dorf, in meinem Garten oder in dem angrenzenden Eichenwäldchen oder im Bereich der Erzgrube angetroffen wird, als Wild angesehen wird, und von dem unterzeichneten Jäger kraft Jagdrechtes erschossen wird.
unterzeichnet Botello.'
Schallendes Gelächter war die Antwort. „Auf die Jagd nach zahmen Schweinen will er gehen, der Herr Grubenbesitzer, das hat man ja noch nie gehört! - Was muß der Angst um seine Eicheln haben . . . “ und die Scherze, immer gröber und immer frecher, flogen hin und her.
Dann jedoch machte sich Unmut breit im Café Europa, einige murrten, „Das geht klar auf Toccabellis Schweine! - Wer sonst hält dort oben Säue? - Uns das angestammte Wegerecht nehmen und dann noch auf die Schweine schießen! - Wir wollen unser Wegerecht! - Was heißt hier Wegerecht? - Wer geht denn dort noch entlang? Niemand!“ - So ging es hin und her, bis ein Mann, hager und mit einem Vogelprofil, aufsprang, seine Daumen in die Hüften stemmte, mit den Fingern unter seine altmodisch bestickten Hosenträger fuhr und fragte: „Hat sich denn die Gemeinde damit auseinandergesetzt? - Schließlich haben wir noch Gesetze!“ Einen Moment herrschte verblüffte Stille. In die Stille hinein sagte eine schüchterne Stimme: „Ja, das muß die Gemeinde regeln!“ - Da brach der Sturm erneut aus: „Die Gesetze, - die Gemeinde, - der Bürgermeister, - Recht und Ordnung, - die Provinzverwaltung, - der Gouverneur . . . “
„Halt! Einen Moment!“ Der 'Student' unterbrach mit seiner lauten Stimme die Parlaments-Debatte, „Hier ist noch ein Zettel angebracht, auf dem etwas mit Kugelschreiber geschrieben steht! Geht mir aus dem Licht, damit ich es lesen kann!“ Die Männer wichen zur Seite und der Student las:
'Nach Einberufung des Gemeinderats zu einer außerordentlichen Sitzung mußte Signor Botello schließlich recht gegeben werden, dann die Eicheln aus dem Eichenwäldchen, auf seinem Teil des Schießplatzes, auf dem alten Militärweg und in der Umgebung der Grube sind sein Eigentum. Und auf seinem Grund und Boden hat er auch das Jagdrecht.
Pricassi, Bürgermeister.'
„Aha!“ - „Nanu?“- „Warum erfährt man davon nichts?“- „Aber da muß man doch etwas gegen tun können!“ - „Gar nichts kannst du dagegen tun,“ dozierte der Student, „Denn es gibt den Gemeindeweg, den Sintiero, und