Personen - Schutz. Jürgen H. Ruhr
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Personen - Schutz - Jürgen H. Ruhr страница 11
„Also müssen wir ein wenig kreativ sein, sie verstehen?“
Nein, ich verstand nicht. Äußerte das aber nicht.
„Also vergessen sie unsere kleine ‚Kreativität‘ am besten sofort wieder. Ich verspreche ihnen, dass es eine wunderschöne Fahrt durch Berlin wird.“
Nun, dessen war ich mir nicht so ganz sicher. Jedoch kam ich nicht dazu, noch weitere Bedenken anzumelden, denn unser Fahrer stand jetzt an der Türe und winkte zum Aufbruch. Dass er sichtlich nervös war, schien nur mir aufzufallen.
„Ist das nicht schön, Jonathan? Schau, die Gegend!“
Ich verdrehte die Augen, was Mutter aber zum Glück nicht sehen konnte. „Ja, Mutter. Wunderschön.“ Brachliegende Felder, viel ungepflegtes Gestrüpp und hin und wieder ein Baum. Meistens verkrüppelt. Ja, wunderschön!
„Hallo, Test, Test. Eins, eins.“ Es dauerte eine Weile, bis Demmbaum die Lautstärke korrekt eingestellt hatte.
„Alle aufwachen. Hahaha - Scherz gemacht. Wir kommen jetzt nach Berlin, meine Damen und Herren, liebe Reisegruppe. Ich begrüße sie also herzlichst zu unserer kleinen, exklusiven Stadtrundfahrt.“
Ein Raunen ging durch den Bus und so manches ‚Ah‘ und ‚Oh‘ ließ sich vernehmen.
„Siehst du, Jonathan. Das ist doch schön, oder, Junge?“ Mutter lehnte zufrieden in dem unbequemen Sitz und blickte aus dem Fenster. Dicht an dicht standen jetzt heruntergekommene Mehrfamilienhäuser am Straßenrand. Vom Dreck und Gesamteindruck konnte dies durchaus mit Rheydt konkurrieren.
„Wenn die Herrschaften bitte einmal links aus dem Fenster sehen würden: dies ist Berlin. Und jetzt vielleicht einmal rechts: sie sehen Berlin. Und freuen sie sich schon einmal, in wenigen Minuten erleben sie das Brandenburger Tor in all seiner Pracht.“
„Schau mal, Junge. Diese Häuser. Die sind bestimmt kurz vor dem Krieg entstanden.“
Die Frage war nur, welchen Krieg sie meinte. Den Ersten Weltkrieg? „Ja, Mutter. Hier ist es genau so schön wie in Rheydt!“
Mutter lächelte selig. „Da hast du Recht, Junge.“
Wir standen jetzt im Stau auf der linken Spur. Ganz so schnell würde das wohl mit dem Brandenburger Tor nichts werden. Jetzt schob sich rechts ein Streifenwagen an uns vorbei. Dann stöhnte der Busfahrer auf: „Scheiße!“
Was er meinte, konnte ich bei näherem Hinsehen erkennen: „Die Polizisten im Polizeifahrzeug sahen sich interessiert unsere Windschutzscheibe an. Und hatten vermutlich die fehlende Plakette entdeckt. Jetzt verließ der Beifahrer den Wagen und kam mit erhobener Kelle auf unseren Bus zu.
„Festhalten!“, schrie Imgär und gab Gas. Der Polizist sprang zur Seite und rannte zu seinem Fahrzeug zurück. Imgär wechselte auf die Spur einer Straßenbahn und beschleunigte weiter.
Über die Lautsprecheranlag ließ sich plötzlich der Reiseleiter vernehmen: „Test, Test, eins, eins, drei. Bitte, meine Damen und Herren. Keine Sorge. Unser Fahrer hat einen Weg gefunden, sicher und schnell ans Ziel zu gelangen. Wenn sie sich bitte nur festhalten!“
Ein Rumpeln und Quietschen ging durch den Bus, als Imgär mit zu hoher Geschwindigkeit durch eine Kurve fuhr. ‚Anhalten‘ klang es von hinten und auch Mutter hatte sich ganz in ihren Sitz zurückgezogen. Ich war fast versucht ‚Ist das nicht herrlich‘ zu sagen.
„Wenn sie bitte links oder rechts aus dem Fenster schauen: das berühmte Brandenburger Tor!“
Und schon waren wir durch. Imgär musste jetzt bestimmt neunzig Sachen drauf haben. Wenn das mal gut ging. Schützend legte ich meine Arme um Mutter.
„Du hast Angst, was Junge? Keine Sorge, ich bin ja bei dir. Aber warum fährt der so schnell? Jetzt habe ich das Brandenburger Tor gar nicht gesehen.“ - „Ich auch nicht, Mutter, ich auch nicht.“
Ob ihr das ein Trost war?
Hinter uns klang jetzt das Martinshorn des Polizeiwagens. Es konnte nur noch eine Frage der Zeit sein, bis man uns stoppte. Würde unsere Städtereise hier in Berlin enden?
Aber Imgär - der in einem früheren Leben vermutlich Rennfahrer gewesen war - wechselte jetzt auf eine Busspur und sauste dann über eine rote Ampel. Nur um Haaresbreite entgingen wir einem Unfall. Ich hörte Reifen quietschen und ein Krachen. Das Martinshorn wurde leiser.
Nach einer halben Stunde - Imgär hatte Gott sei Dank das Tempo wieder normalisiert - bog er auf einen unscheinbaren, von dichtem Gestrüpp umgebenen Parkplatz ab.
Demmbaum meldete sich wieder über die Sprechanlage: „Hallo Reisegruppe, hallo. Also: Leider mussten wir auf Grund des Stadtverkehrs unser Tempo ein wenig erhöhen. Da ist bestimmt irgendwo ein Unfall passiert, sie haben ja alle das Tatütata gehört. Wir machen jetzt hier ein paar Minuten Pause. Allerdings können sie den Bus nicht verlassen, bleiben sie also auf ihren Plätzen.“
„Aber ich muss mal“, klang es von hinten. „Und ich habe mir in die Hose gemacht“, rief eine andere Stimme.
„Noch ein wenig Geduld, meine Damen und Herren. Wir erreichen ja in Kürze unser nächstes Reiseziel: Hamburg. Dort wartet schon ein wunderschönes, gemütliches Hotelzimmer auf sie.“
Imgär verließ rasch den Bus. Ich war mir sicher, dass er jetzt die Nummernschilder zurückändern würde ...
Richtung Hamburg quälten wir uns stundenlang durch einen Stau. Zum Glück gönnten uns der Reiseleiter und Imgär auf einem Rastplatz eine kurze Pause. Ich bemerkte mehr als eine Person mit ausgewaschener Hose. Mutter bestand darauf, in der Raststätte etwas zu essen. Leider musste ich in der Schlange ziemlich weit hinten warten. Und als wir endlich unsere Essen vor uns stehen hatten, wieselte Demmbaum durch das Lokal und scheuchte uns zum Bus zurück. Noch beim Aufstehen stopfte ich mir eine Krokette in den Mund und biss hastig von einem Stück Fleisch ab.
Nach fünf Stunden endlos scheinender Fahrt erreichten wir endlich Hamburg. Oder besser das Hotel in einem entlegenen Vorort. Allerdings stand das dem in Köln - Porz in nichts nach. Da aber alle froh waren, endlich auf ihre Zimmer zu kommen und ausruhen zu können, äußerte sich niemand. Auch ich hielt mich zurück. Immerhin würden wir heute noch ein Abendessen bekommen. Ich hatte fast schon nicht mehr damit gerechnet.
Die Besichtigung des Zirkus Hagenbeck am folgenden Tag wurde ein echtes Erlebnis. Auch wenn die Reisegruppe dies in Eigenregie und per U - Bahn durchführen musste, da Demmbaum darauf beharrte, heute seinen freien Tag zu haben. Mehr als einmal sah Mutter mich strahlend an: „Ist das nicht schön, so wunder, wunderschön?“
Und dann wieder Düsseldorf. Meine Laune besserte sich schlagartig erheblich. Jetzt, da diese unsägliche Reise fast überstanden war. Nur noch die Königsallee und dann ab nach Hause. Wenn das kein Grund zum Jubeln war. Mutter allerdings vertrat da eine andere Meinung. „Schade, ist die schöne Fahrt schon zu Ende. Jonathan, was hältst du davon, wenn wir jetzt die nächste Reise buchen? Das hat doch alles gut geklappt und ...“
Ich