Die Wolf. Jan-Hillern Taaks

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Die Wolf - Jan-Hillern Taaks

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Helene führte ihn ins Wohnzimmer. Er umarmte sie, aber sie löste sich und bat ihn, sich zu setzen, nachdem sie ihm die tropfende Jacke abgenommen hatte. Sie setzte sich ihm gegenüber.

      "Und, was ist mit uns?", fragte er mit seiner sanften Stimme. Es war eine ruhige Frage, ohne Vorwurf oder Forderung.

      Sie war verwirrt. Bernd sah gut aus, und er strahlte wie damals eine Wärme aus, zu der sie sich hingezogen fühlte. Sie verlangte nach ihm, und sie merkte jetzt, dass sie ihn vermisst hatte.

      "Ich kann jetzt nicht fort", sagte sie, "wegen des Jungen."

      "Der Junge", sagte er langsam. Aber Heinrich interessierte ihn nicht, was er auch sagte. Ihn interessierte Helene, nicht morgen, nicht übermorgen, sondern jetzt. Er erhob sich und stellte sich hinter ihren Sessel. Seine Hände tasteten sich langsam von ihren Schultern zu ihrer Brust ab. Zunächst ließ sie es geschehen, denn sie wollte seine Hände, sie wollte die Berührung, sie hatte auf einmal Sehnsucht.

      "Komm, wir gehen in mein Zimmer - ich sage Ralf bescheid", sagte sie mit heiserer Stimme.

      Sie fasste seine Hände und schob sie beiseite, dann erhob sie sich. Sie wandte sich ihm zu und umarmte ihn. Ja, sie hatte ihn vermisst.

      Ralf war in seinem Arbeitszimmer. Als Helene kam, wusste er, um was es sich handelte. Er hob beide Hände, denn er wollte keine Erklärungen. Er wusste, dass Bernd gekommen war, denn er hatte Stimmen gehört, und er hatte Bernds Stimme, so leise sie auch war, erkannt.

      "Ja, du hast deinen Mann hier - ihr seid nun mal verheiratet."

      Ralf lachte Helene an, dann meinte er:

      "Tu deine Pflicht als Ehefrau." Ralf wandte sich ab. Er schätzte Bernd nicht besonders, er hielt den jungen Mann für eine Null. Otto war da anderer Meinung, das wusste er, aber in diesem Punkt konnte er seinen Freund nicht verstehen.

      Bernd blieb etwa zwei Stunden, dann verschwand er wieder. Er wollte nicht bleiben, und er hatte auch keinen Blick für Heinrich. Der Junge hatte die ganze Zeit geschlafen. Die Geräusche, die seine Eltern gemacht hatten, hatten ihn nicht wecken können. Am nächsten Abend wiederholte sich das Zusammensein, dann blieb Bernd aus. Er hatte nichts gesagt, weder hatte er Gründe für seinen Besuch, noch Gründe für sein Fernbleiben angegeben. Ja, ihm war sicher bewusst, dass es nun einen Heinrich gab, aber dessen Existenz interessierte ihn vermutlich nicht. Helene wusste mit Bernds Verhalten nichts anzufangen, und sie war froh, dass weder Ralf noch Onkel Otto Fragen stellten, Fragen, die sie sicher nicht hätte beantworten können. Was Bernd anging, kam sie sich dumm vor.

      Ralf hatte mit der Auflösung der Filiale viel zu tun. Er redete nicht viel darüber, aber ihn belastete vor allem das Schicksal seiner Mitarbeiter. In den besten Zeiten hatte er 27 Mitarbeiter gehabt, jetzt waren es immerhin noch 15, die nun die Arbeitsstelle verlieren würden. Er selbst würde eine andere Filiale übernehmen, so war vereinbart worden. Er war nun 61 Jahre alt, und bis jetzt hatte er sich körperlich und geistig fit gefühlt. In letzter Zeit fühlte er sich jedoch oft recht müde, was er der Auflösung dieser Filiale zuschrieb. Helene stellte fest, dass er weniger aß, und dass er recht oft Magenschmerzen hatte, über die er aber nicht sprechen wollte, und sie merkte, dass er an Gewicht verlor. Sie glaubte ihm, wenn er sagte, dass die Auflösung der Filiale ihn sehr belaste.

      Helene hatte die ersten Prüfungen hinter sich gebracht, die sie mit Bravour bestanden hatte - so jedenfalls hatte sich Dr. Abelt ausgedrückt, der mit den Prüfern engen Kontakt hatte. Sie war mit den Ergebnissen zufrieden, aber sie wollte mehr, sie wollte ihren Doktortitel. Dass sie wieder schwanger war, störte sie nicht, vor allem, da die Schwangerschaft kaum sichtbar war. Helene arbeitete viel, aber abends nahm sie sich Zeit für Heinrich. Das Zusammensein mit ihm war eine große Freude für sie. Sie stillte den Jungen immer noch, denn sie hatte genug Milch. Natürlich hatte sie den Arzt gefragt, wann sie am besten aufhören sollte, aber der Arzt hatte nur gelacht. Es war der Kinderarzt, der auch dem Jungen die ersten Impfungen verabreichte. Sie solle den Jungen stillen solange Milch vorhanden sei - oder bis das andere Kind zur Welt komme.

      Gerlinde Moeller war eine große Hilfe. Mehr und mehr kümmerte sie sich auch um den Haushalt, nicht nur um das Kind. Sie besorgte die Einkäufe, meist nahm sie den Jungen, der im Kinderwagen lag, mit, sie kochte auch das Essen. Sie kam morgens gegen sieben Uhr, und abends, oft nach 19 Uhr, verließ sie die Wohnung. Sie würde gerne eine kleine Wohnung im gleichen Haus beziehen, aber gegenwärtig war nichts frei. Gerlinde betrachtete Helene als ihre jüngere Schwester, und sie vergötterte den Jungen. Wenn sie sich etwas über das merkwürdige Eheleben von Helene wunderte, so sagte sie nichts. Sie fand, dass sie das nichts angehe.

      Bernd zeigte sich nicht. Helene fragte sich manchmal, ob Bernd andere Frauen habe. Natürlich, sagte sie sich. Ein Mann wie Bernd hatte vermutlich enorme sexuelle Bedürfnisse - und die müsse er befriedigen. Ob er auch richtige Liebe empfinden könne? Und was war mit ihr selbst? War das, was sie für Bernd empfand, Liebe? Sie brauchte ihn nur zu sehen und anzufassen, dann war sie ihm nach wie vor verfallen, aber nicht gänzlich hörig. Und gab es geistige Gemeinsamkeiten? Eigentlich nicht, zumindest hatte sie nichts entdecken können, für was sich Bernd interessieren könnte. Und was waren ihre Interessen? Jura und die Kinder - aber war das genug? Würde das reichen für eine Zweisamkeit mit Bernd?

      Charlotte kam im August 1987 zur Welt. Wie bei Heinrich war sie rechtzeitig ins Krankenhaus gegangen, und nur zwei Tage später war sie mit dem kleinen Bündel wieder zu Hause. Neugeborene sehen sich ähnlich? Weder Helene noch Gerlinde konnten das bestätigen. Gewiss, es gab Ähnlichkeiten, aber Charlotte sah - mit den Augen der beiden Frauen gesehen - ganz anders aus als Heinrich ausgesehen hatte. Für Ralf war das nicht so offensichtlich, auch nicht für Otto, der eine Woche später die Kleine "begutachtete". Da sei alles dran, meinte er trocken, und dann ging er zum Bettchen von Heinrich, der ihn ruhig anlächelte. Mit dem Jungen konnte er, zumindest jetzt, mehr anfangen, denn er hatte, wie Otto meinte, seine eigene Identität, und er könne sich ausdrücken. Charlotte war, so sah er es, ein rosarotes Bündel, und eine eigene Identität war für ihn noch nicht feststellbar.

      11. Kapitel

      Otto war erschrocken über das Aussehen von Ralf. Als er sich allein mit Helene in der Küche befand, sagte er:

      "Ralf muss ins Krankenhaus!"

      Helene stimmte zu, sie entgegnete: "Es wird mit ihm immer schlimmer, aber er will nicht auf mich hören. Ich habe auf dich gewartet - vielleicht kannst du etwas tun." Und sie sagte noch: "Ich hatte mit seinem Hausarzt gesprochen, und als Ralf das erfuhr, war er richtig böse."

      Otto ging hinüber ins Arbeitszimmer von Ralf, wo er an seinem Schreibtisch saß - was er tat, war nicht erkennbar. Otto schaute ihn eine ganze Weile an, dann begann er zu sprechen. Er drängte seinen Freund, ins Krankenhaus zu gehen, was übrigens auch der Hausarzt dringend empfohlen hatte. Der Hausarzt hatte eine Überweisung geschrieben, aber die lag unbeachtet auf Ralfs Schreibtisch.

      "Und warum gehst du nicht ins Krankenhaus?", fragte Otto. Die beiden Freunde waren allein im Arbeitszimmer von Ralf, die Tür war geschlossen. Ralf zuckte nur mit den Schultern. Dann entgegnete er resigniert:

      "Weißt du, ich denke mal, dass es mit mir zu Ende geht."

      Otto schaute Ralf eine ganze Weile schweigend an. Ja, sein Freund mochte recht haben, aber so einfach sollte man sich nicht aufgeben.

      "Das kann ja sein, aber du bist dir selbst nicht sicher." Otto schaute Ralf an. Dann fuhr er fort: "Du wirst auch nicht damit fertig, dass ein anderer die Filiale bekommen hat, die du eigentlich hattest bekommen sollen. Ich glaube, dass dich das auch bedrückt."

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