Winterkinder. Anna Kosak

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Winterkinder - Anna Kosak страница 5

Автор:
Серия:
Издательство:
Winterkinder - Anna Kosak

Скачать книгу

      „Dein Mann kommt nicht heute Abend?“

      Caitlin verneinte und erklärte, weshalb er verhindert sei. Dass sie insgeheim froh darüber war, erzählte sie Maja nicht. In letzter Zeit ging ihr Michael immer häufiger auf die Nerven. Seine zurückhaltende und unaufdringliche Art machte sie manchmal rasend. Sie wünschte sich dann einen hitzigen Diskussionspartner, der auch mal Türen knallen konnte, oder derjenige war, der in einer Gruppe das Gespräch dirigierte. Der ihr einfach mehr Reibungsfläche bot. Wenn sie sich vorstellte, wie Michael heute Abend wieder mal den perfekten Ehemann abgegeben hätte… charmant, aber zurückhaltend, als Caitlins stummer Schatten. Als Langweiler.

      Kapitel 3

      „Hallo Lissa. Hier ist Mama.“

      „Hallo Mama.“

       Eine Jugenderinnerung:

       Das Telefon läutete. Melissa streckte sich und angelte danach, ohne sich vom Bett zu bewegen.

       Es war ihre Mutter, die wissen wollte, wie die Klausur gelaufen war. Leider war Melissa so gar nicht zufrieden. Insgesamt kam ihr das Uni-Leben gerade ziemlich trist vor. Sie sehnte sich nach dem elterlichen Wohnzimmer, in dem sie immer Kind sein konnte. Einfach auf der Couch liegen oder in der Küche sitzen, während ihre Mutter das Abendessen zubereitete. Im Hintergrund würde wie immer das Radio laufen, der Klassiksender, und die Katze würde zwischen ihren Beinen herumstreifen, um ein Stück von dem köstlich duftenden Fleisch zu ergattern.

      Dieses Gespräch, Jahre später, war anders.

      „Lissa, die Oma liegt im Krankenhaus!“

      Nach diesem kurzen Telefonat war Melissa sofort zu ihrer Großmutter gefahren. Oma Bettys Nierenwerte hielten die Ärzte auf Trapp. Kurzzeitig war ihr Zustand kritisch. Die Familie harrte an ihrem Bett. Bald ging es Betty etwas besser, doch von nun an war sie auf diverse Tabletten angewiesen. Nach weiteren zwei Wochen durfte sie das Krankenhaus verlassen. Melissa verbrachte ihre freie Zeit fast ausschließlich bei ihrer geliebten Großmutter, putzte oder kochte, während Betty dick eingepackt in ihrem Lieblingssessel saß.

      An einem solchen Nachmittag war es, dass Oma Betty das Leben ihrer Enkelin entscheidend beeinflusste. Ob mit Absicht oder nicht, jedenfalls brachte die alte Dame den Stein ins Rollen, indem sie auf den massiven Eckschrank deutete.

      „Liebes, bist du so gut und holst mir ein paar Bonbons? Ich habe solche Lust auf etwas Süßes!“

      „Du Naschkatze! Du hast die Bonbons sicher extra dort gehortet, damit sie dir niemand wegisst und die Haushälterin sie nicht findet!“

      Melissa stand auf und ging zum Wohnzimmerschrank. Darin fand sie die Glasschale mit den Bonbons.

      „Hier Oma“, sagte sie und reichte ihr zwei Stück, „lass es dir schmecken!“

      Bedächtig wickelte Betty das Bonbon aus seinem Papier. Fast zärtlich strich sie das knisternde Papierchen glatt. Die Alufolie glänzte golden. In weißer Schnörkelschrift stand der Produktname auf dem blass violetten Papier geschrieben: Mirabella.

      Vor Melissas Augen blitzen Bilder auf. Unwillkürlich lachte sie leise auf. Ihre Großmutter blickte sie fragend an.

      „Ach“, sie schüttelte den Kopf, „es ist nur… diese Bonbons habe ich früher immer mit Lin und Malou gegessen. Wir haben sie die Prinzessinnen-Bonbons genannt. Lange her.“

      Bettys Blick war nun wach und aufmerksam.

      „Caitlin und Marie-Luise!?“

      Melissa nickte.

      „Du hast keinen Kontakt mehr zu den beiden?“

      Sie schüttelte stumm den Kopf. Eine Weile schwiegen sie beide. Dann begann die junge Frau der alten Frau von früher zu erzählen. Die Großmutter hörte zu und lächelte.

      *

      Zwei Tage nach Neujahr starb Oma Betty. Die Nieren hatten – trotz Medikamente – aufgehört zu arbeiten. Melissa saß zwischen ihren Eltern und heulte Rotz und Wasser. Trotzdem machten sie sich an die notwendigen Schritte. Alle informieren, Beerdigung planen, Hinterlassenschaft regeln.

      Am Abend klappte Melissa ihren Laptop auf. Sie hatte einen Entschluss gefasst. Sie würde ihre zwei alten Freundinnen wiederfinden! Caitlin und Marie-Luise, genannt Malou. Sie waren seit der Grundschule ein festes Gespann gewesen, immer zu Dritt unterwegs, hatten alles miteinander erlebt: den Wechsel aufs Gymnasium, den ersten Freund und den ersten Sex, Partys, Drogen, Stress mit den Eltern, gute und schlechte Noten, einen gemeinsamen Mittelmeer-Urlaub, das Abitur. Dann das Studium. Sie waren in verschiedene Städte gezogen, jeder der dreien studierte etwas völlig anderes. Doch nach und nach war der Kontakt weniger geworden. Zuerst besuchte man sich noch regelmäßig, beziehungsweise traf sich am Wochenende bei den Eltern in der Heimatstadt. Aus den Wochenenden wurden Feiertage, an Weihnachten gingen sie mal zusammen frühstücken oder schlenderten über den kleinen Weihnachtsmarkt. Und schließlich war da gar nichts mehr.

      Immerhin wohnte Tatjana, eine Klassenkameradin von damals, nicht weit von Melissa entfernt. Tatjana war sehr vorbildlich im Pflegen von Freundschaften. Sie konnte ihr sicherlich eine Handynummer der zwei verschollenen Freundinnen nennen.

      *

      „Du glaubst nicht, wer gerade angerufen hat und mich nach einer Nummer gefragt hat!“ Tatjana Powlowna plumpste neben ihrem Mann aufs Sofa. Vor Aufregung waren ihre Wangen gerötet. „Du kennst doch Melissa Garner, oder?“

      „Klar. Die stille Hübsche, die mit-.“

      „-diesem Robert verheiratet ist, genau!“, vervollständigte Tatjana den Satz. „Ein ätzender Mensch.“

      „Na na“, machte Dirk und schmunzelte. „Robert ist doch recht sympathisch. Nur, weil er dir das kommunistische Wirtschaftssystem erklären wollte.“

      „An einem Samstagabend, an dem wir alle gemütlich essen waren!“, brauste Tatjana auf. „Da erklärt man kein kommunistisches Wirtschaftssystem! Vor allem nicht einer Russin! Aber er meint wohl, dass ich als Hausfrau und Mutter keine Ahnung von der Welt habe!“

      „Aber von Wirtschaft verstehst du wirklich nicht viel“, neckte ihr Mann sie.

      Sie knuffte ihn in die Seite.

      „Du weißt, was ich meine! Ich finde, er ist ein Angeber.“

      „Ich finde ihn sehr nett“, sagte Dirk, „aber was wolltest du mir denn jetzt eigentlich erzählen?“

      „Lissa hat mich nach Caitlin und Malou gefragt! Die drei waren früher unzertrennlich – und jetzt haben sie keinen Kontakt mehr zueinander! Unglaublich, oder? Ich meine, die waren wie Pech und Schwefel! Es war schwer, in ihre Gruppe reinzukommen. Aber nach dem Abi haben sie sich scheinbar ziemlich schnell aus den Augen verloren. Das hätte ich echt nicht gedacht!“

      Dirk zog seine Frau näher an sich. Er vergrub die Nase in ihrem duftenden Haar.

      „Und du hast…?“

Скачать книгу