Ins All - Im Eins. Rainar Nitzsche
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Abrupt werde ich aus meinen Träumen gerissen. Die Mondin bebt.
So baut sie all ihre Spannungen ab, denke ich, ja, so ist es, so und nicht anders. Ich stehe auf, drehe mich um und sehe - die Erde nun zum ersten Mal in meinem Leben über der Mondin stehen. Viel größer als die Volle Mondin von Erden aus, ja, und doch so fern und klein scheint sie mir nun zu sein, blau mit Weiß, wolkenbedeckt sehe ich nur die obere Hälfte von ihr.
„Neuerde“, wispert es in meiner Seele, die hier niemals auf- noch untergeht. Und doch gibt es hier eine Vierzehntagenacht, und doch gibt es hier auf der Vorderseite der Mondin eine totale Sonnenfinsternis, wenn der Sonn hinter der schwarzen Erde verschwindet“
Mutter Erde, Heimat, denke ich, werde ich dich jemals wiedersehen?
Und die Stimme in mir flüstert ergriffen nur den einen Satz: „wir ... menschen der erde lautete der Name meines ersten Buches.“
Das sagt mir gar nichts, müssen wohl Seine Erinnerungen sein, die von Ihm Dort Oben, meine jedenfalls sind es nicht.
Erde war. Sie und alles, was dort geschah, sind Vergangenheit für mich. Mondin ist die einzige und wahre Realität ringsum, die zählt. Und doch ist alles mit allem verbunden.
Ich steige von der Oberfläche auf, schaue weit über der Mondin schwebend hinab und sehe in mir rasend schnell - geraffte Zeit -, was einst geschah, sehe den marsgroßen Himmelskörper mit der Erde kollidieren, schaue die aus der Erdkruste und dem Mantel des Meteoriten in die Erdumlaufbahn geschleuderte Materie, sehe sie sich zusammenballen und die Mondin aus sich formen. Sie schmilzt, ein Ozean aus Magma bedeckt ihre Oberfläche. Er kühlt sich ab, die leichten Minerale bleiben oben und bilden die Oberfläche, die schweren sinken nach unten. Dann folgen Einschläge durch die Kruste, Krater bilden sich, Lava quillt empor, Maria entstehen. Menschen stellten sie sich einst als Meere vor, die dunklen Tiefebenen, die aus über drei Milliarden Jahre alten Basalten bestehen. Terrae heißen noch heute die Hochländer, die einst als Kontinente inmitten der Mondmeere galten. Sie sind mehr als vier Milliarden Jahre alt. Trockener, aschgrauer Mondinstaub, dieser besondere Sand aus zersplittertem Gestein und Kügelchen aus Glas mit Namen Regolith, bedeckt nun die gesamte Oberfläche, die großen Magmaebenen, Gräben, Rillen und Kettengebirge. Ich schaue zurück und sehe die Mondin sich abkühlen und schrumpfen und Faltengebirge sich bis in 10 Kilometer Höhe aufwölben. Mondrillen durchziehen die Oberfläche, gerade, gebogen und in Mäandern. Lava sehe ich in ihnen unter längst eingestürzten Decken fließen. Überall aber trägt die Mondin wie Pocken in allen Größen Krater auf ihrem Körper. Dann sehe ich einen winzigen Augenblick lang Astronauten mit Schutzanzügen, ihre Atemluft in sich tragen. Denn niemals entstand hier eine so dichte Atmosphäre wie auf Erden. Teilchen des Sonnenwindes umgeben mich. Kosmische Strahlung, die bis einen Meter Tiefe unter die Oberfläche reicht, durchdringt meinen Seelenkörper. Helium 3, fällt mir ein, wäre der Stoff für die Kernfusion der Zukunft, wenn es die denn gibt. Trocken ist die Mondin seit Beginn, auch wenn da Wassereisreste aus Kometen in Kratern an den Polen lagern, die niemals vom Sonn beschienen werden.
Ich schwebe wieder hinab. Seltsame Gedanken steigen zugleich in mir auf. So ist also alles, hier und da und überall, ein ständiges Auf und Ab, und gestern und morgen im Heute vermischt. Sah ich nicht einst auf Erden einen Regenbogen bei Nacht, aus Mondinlicht und Regentropfen gemacht? Betrachtete ich damals nicht auch im eisigen Winterdunkel den grüngelben Hof der Mondin? So war es doch!? Oder war es ganz anders? Ich weiß es nicht mehr. Sind es meine Erinnerungen oder die Seinen?
Was auch immer auf Erden geschehen sein mag oder auch nicht, eine im wahrsten Sinne des Wortes naheliegende Frage lautet doch: Werden hier oben auf der Mondin Städte entstehen?
Ich denke, ja. Und nicht nur auf der erdzugewandten Seite, sondern über die ganze Oberfläche und unter der Oberfläche verteilt, also auch dort, wo ich jetzt träumend im Sonnenlicht badend liege: auf der „dunklen Seite“, die der Erde niemals zugewandt ist.
Irgendwann erhebe ich mich wieder, steige auf, schwebe über der Rückseite dahin und nehme mit Menschen- und Nichtmenschensinnen alles dort unten wahr und in mich auf: Unmengen von Kratern, Hochländern und auch das gewaltige Aitken-Südpolbecken, kilometertief, gigantisch in seinen Dimensionen.
Was schlug hier wann wohl ein?
Dort liegt der große Krater namens Bailey mit einem Durchmesser von 295 Kilometern und 4000 Meter Tiefe, der sie sicherlich nicht erwartet, die eines Tages auf ihm herumtrampeln werden: die ersten Bergsteiger und Touristen.
Und da ist noch etwas anderes. Oh ja, ich kenne es ein wenig. Es ist ein Teil von dem, das auf dem Grund des Erdenmeeres liegt. Es ist von ES und ist es doch nicht. Es schlummert und träumt von Dingen, die kein Mensch, weder Geist noch Seele, jemals verstehen kann. Es träumt von seiner schwarzen Heimat T-her.
Und mir wird einiges klar, was ich niemals sah und was doch geschah. Ich sehe die Bilder von damals, von den Donnerpferden der Prärie, von den großen Knochen, die die Krieger fanden und andere später Dinosaurier nannten. Ich sehe IHN dort in der Nacht mit erhobenem Schwert stehen. Ich sehe in mir, was einst fern von hier auf Erden geschah: ER hält SEIN Schwert mit Namen MO empor. Nun glüht es auf, färbt sich rot in der heraufziehenden Nacht. Rote Flammenzungen züngeln ringsum, darin, aus IHM heraus. Sonst geschieht nichts.
So bleibt es lange Zeit.
Dann schießt ein Feuerstrahl aus der Klingenspitze in die schwarzen Wolken dort oben, die nun im Rot des noch immer untergehenden Sonn brennen.
Dies geschieht. Mehr passiert nicht.
Wieder vergeht Zeit.
Der Sonn ist längst versunken. Es ist Nacht. Noch immer steht ER dort still, zur Säule erstarrt. Von tiefstem und reinstem Schwarz ist SEIN Körper, und schwarz ist MO. Schwarz ist der Himmel - sternenlos, dort, wo SEIN Körper ihn verdeckt. SEINE Augen strahlen rot - glühende Sonnen in der Nacht. Hell scheint die Volle Mondin dort über IHM. ER und MO, längst schon eins, schimmern in mildblauem Schein. Dann und wann springt ein Blitz vom Schwert zur Mondin empor. Und auch von oben zu IHM hinab?
Jetzt verstehe ich. Kommunikation. ER schickte Signale aus. Zu wem?
Hier nun, fast eins mit der Mondin geworden, weiß ich, dass sie es nicht war, mit der ER damals sprach, sondern mit jemandem auf oder tief in ihr. Mittels der Blitze aus SEINEM Schwert sprach ER einst mit SEINER Schwester hier oben auf der „dunklen“ Seite der Mondin, mit IHR, die Millionen von Jahren älter war als ER. Wie aber gelangten die Blitze auf diese erdabgewandte Seite? Gingen sie durch sie hindurch, in dem sie sich in Schall verwandelten, die Mondin erbeben ließen und die Empfängerin erreichten? Nein. Sie bildeten einen Ring aus der gewaltigen Energie, die irdische Blitze in sich tragen, einen um die Mondin rotierenden Ring, der SIE suchte und hier an dieser Stelle, wo ich nun schwebe, fand und schwarze Feuerpulse zu IHR hinunter sandte. Und schwarze Blitze schickte SIE IHM auf dem gleichen Weg zurück, die kein Mensch sah und kein Erdenwesen außer ES und SEINEN Kindern wahrnehmen konnte.
SIE ist es, die ich dort unten spüre. Nein, SIE ist nicht mehr da. Dort lag SIE und schlief und träumte. Jahrmillionen ist es her, dass SIE die Erde verließ und sich hier zur Ruhe legte. So war es bis zu der Nacht, in der sie alle, ER und SIE in ES, nach T-her heimkehrten. Das aber ist noch