Ins All - Im Eins. Rainar Nitzsche
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Ich kehre auf die erdzugewandte Seite der Mondin zurück, doch lande ich nicht mehr, bin einfach nur da, schwebe über allen Dingen, und meine Seele atmet die Stille, die nirgends auf Erden mehr ist, seit es dort eine Atmosphäre gibt.
Ach ja, fällt mir ein: Die Schwerkraft, von der wir immer reden und die es gar nicht gibt, denn es ist ja die Raumkrümmung der Massen, die die Dinge an sich zieht, diese sogenannte Schwerkraft beträgt auf der Mondin bekanntlich nur ein Sechstel so groß wie auf Erden. Ich sehe die ersten Astronauten vor mir: Einer unter ihnen schlug hier einst einen Golfball 200 Meter weit. Ein anderer entdeckte, dass die Fortbewegung durch Kängurusprünge, wie es auch Menschenkinder gerne tun, hier einfacher als Laufen ist. Also hüpften hier einst Astronauten in ihren weißen, klobigen Anzügen über den Sand. Ich fand ja ihre Spuren. Ein kleiner Schritt für einen Menschen und ein großer Sprung für die Menschheit. So soll es doch ganz spontan einer gesagt haben?
Wie auch immer, auch ich könnte ja hier ein Zeugnis für meinen Besuch hinterlassen. Einen Körper besitze ich nicht mehr, doch alles ist nur eine Sache der Konzentration, von Gelassenheit, Stille. So lasse ich Steine sich schärfen, ha, die Steinzeit hat jetzt hier begonnen. Und mit einem Faustkeil, der eigentlich gar kein Faustkeil ist, denn ich bilde keinen Körper, also auch keine Hand, und forme keine Faust, mit ihm schreibe ich in den Stein:
FÜR ALLE MENSCHEN NACH MIR
Grüße von einem Toten,
der ewig lebt in allen Dingen.
Kommt in Frieden - Werdet endlich eins – Menschen!
Manfred
Ich schwebe zurück und schaue mir meine Worte an, die gewiss auch bald auf Erden bekannt sein und heftige Spekulationen über Aliens auslösen werden.
Werden?
Werden hier irgendwann zwölf Meter große, grazile Wesen leben, deren ferne Ahnen Menschen waren, die längst Kinder der Mondin sind, deren Körper nicht mehr für die Erde taugen?
Ich schwebe davon.
Noch einmal schaue ich zurück.
Wie seltsam dreigeteilt und verzerrt sie mir nun erscheint, die ich nie mehr im Le..., im Tode betreten werde.
Ich drehe mich um und sehe einen Wirbel vor mir, der immer größer wird.
Also komme ich näher. Oder nähert er sich mir?, frage ich mich noch.
Schwärze.
Nairras Tod und Wiedergeburt
Du hältst Manfred fest umschlungen. Denn er ist die Liebe deines Lebens, die erste, einzige - und letzte. Dich gebe ich nie wieder her, denkst du so glücklich. Du könntest die ganze Welt umarmen. Ach, jetzt halten wir uns gar an den Händen wie Hänsel und Gretel im dunklen Wald. Doch da ... Er lächelt dir zu. Das letzte Bild, das du ewig von ihm in dir trägst, als etwas von unten ... Schreist du noch vor Schmerzen auf? Ist da was? Was ist da in dich eingedrungen? Da ist doch wer in dir. Du ...
Nairras Körper fällt, denn SEIN Schwarzes Schwert mit Namen MO hat sie von unten nach oben, durch Geschlecht, Bauch, Brust, Hals und Kopf, in zwei Teile gespalten. Lautlos fallen ihre Körperhälften zu Boden. Kein Urin, kein Kot, kein Blut, denn alles verbrannte und versiegelte MO. Nairras Seele steigt auf.
Dort unten nimmst du verschwommen die Reste deines Körpers noch wahr. Dort unten ist ER, der nicht lieben kann und deshalb alle Liebenden hasst!? Dort unten hörst du ein letztes Mal Manfred, deine große Liebe, der IHM seinen Schmerz, doch auch seinen Hass entgegenbrüllt: „SCHAITAN!!!“
Dann siehst du IHN gehen und Manfred vergeblich versuchen, deinen Körper wieder zum Leben zu erwecken. Wie verzweifelt er ist! So sehr hat er dich geliebt! Du hauchst ihm Mut zum Weiterleben ein, denn noch ist die Zeit der Wiedervereinigung nicht gekommen. Du siehst, wie er dich unter einem Steinhügel begräbt: in sitzender Position mit dem Gesicht nach Osten, dem aufgehenden Sonn entgegen.
Jetzt ist alles gut. Manfred ist weitergezogen. Alles ist gut. Und du, die du den Menschennamen Nairra trägst, denn irgendwer gab ihn dir einst für alle Zeit, du schließt deine Augen, die keine Augen mehr sind, schließt deine Ohren und deine Nase, schließt alle Menschensinne. So treibst du still dahin. Keine Gedanken, keine Frage nach dem Wohin und dem Sinn. Zeit vergeht - oder auch nicht. Sinnenlos, besinnungslos schwebst du in der Leere.
Erwachen. Wo bin ich?
Du liegst auf einem weißen Strand aus Sand - so sähen ihn Menschenaugen, die du, körperlos wie du nun bist, nicht mehr hast.
Dein Seelenkörper richtet sich auf, ein Hauch mehr als nichts.
Ein Hauch? Ein mehr? Ein Meer?
Wellen hörst du ans Ufer schlagen.
Sand rieselt an deinem unsichtbaren Körper empor und bildet ihn neu.
Jetzt hast du dir selbst - oder wer oder was war es? - Arme und Hände und Finger geschaffen. Du schaust sie mit deinen neugeborenen Augen an. Du siehst hinab auf deinen nackten Menschenkörper. Dort ragen deine Beine auf, ganz unten stehen die Füße, die Zehen im Sand. Du hebst deinen Kopf und schaust dich um.
Endlos weit und menschenleer zieht sich der Strand. Wind weht vom Meer.
Du setzt dich mit ineinander gefalteten Beinen in den Lotos. So schaust du aufrecht geradeaus. Du lauschst den Wellen, die sich am Ufer brechen. Du hörst den feinen Unterschied und weißt, dass keine wie die andere ist. Du denkst an dein Leben, das vorher war. „Erde“ war das Wort für die Menschenwelt. So viele Menschen, so viele Lebewesen, jedes eine Besonderheit. So viele Leben, Geburten und Tode, damals dort, doch vielleicht auch hier an diesem Ort zu anderer Zeit?
Du weinst salzige Tränen, die aus Meerwasser sind. Denn aus dem Meer kommen wir alle, erinnerst du dich. Und wenn es auch ein anderes war und noch immer ist, irgendwo so fern, im Leben vor dem Tod.
Atmest du?
Was atmest du ein?
Du weißt es nicht. Du bist gestorben. Du bist tot. Du bist wieder auferstanden, wo auch immer dies sein mag.
Es wird dunkel. Eine gewaltige rote Sonne „versinkt“ dort in der Ferne im Meer. So dämmert die Nacht. Und noch immer ist es still.
Hier lebt sonst niemand außer mir, denkst du. Dann stellst auch du dein Fragen ein, legst dich zur Ruh und schläfst ein.
Du träumst von einer Stimme, die dich dreimal fragt: „Willst du wiedergeboren werden? Willst du zurückkehren auf die Erde als Menschenfrau und noch einmal Manfred begegnen? Willst du seine Kinder gebären?“ Du träumst davon und antwortest dreimal mit „Ja!“
Also wird ein Massaibaby im Mutterkontinent der Menschheit geboren, ein Mädchen, das wegen ihres Mutes zu Recht den Namen „Moyo“ erhält. Und sie bricht von zu Hause auf und wandert in den Norden Afrikas, bis sie die Großen