Zwerge der Meere. Michael Schenk
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Fennegman räusperte sich. „Bis die Arbeit getan und der Handel geschlossen ist, wird es ohnehin abgestanden sein. Wir müssen den Fang erst ausnehmen, salzen und aufhängen. Morgen ist es dazu zu spät. Dann ist er verdorben oder die Seevögel schnappen ihn sich.“
Vielleicht hätten sie Zeit gespart, wenn sie den Fang schon im Boot vorbereitet hätten. Aber sie wollten die Abfälle nicht über Bord werfen, denn das lockte die Raubfische an. Ein Schwarm Raubfische vertrieb die anderen Fische und dann konnte es sein, dass sie tagelang keinen ordentlichen Fang machten. Sie konnten die Fische auch nicht bis zum morgigen Tag liegen lassen, schon jetzt kreisten einige Seevögel kreischend über ihnen und waren auf leichte Beute aus. So würden die Männer ihren Fang, wie gewöhnlich, an Land zubereiten und die Abfälle im Sand vergraben.
„Es wird spät werden bis wir fertig sind.“
Fennegman nickte. „Das ist gut. Wenn die Händler warten, dann werden sie durstig. Etwas Bier oder Wein wird ihre Zunge und den Geldbeutel lockern.“
Die älteren Söhne des Ortes kamen heran, als die Boote ans Ufer stießen und halfen den Männern, sie hoch auf den Strand zu ziehen und die Netze zu entladen. Die Mädchen waren, wie die Frauen, damit beschäftigt, die Häuser und den Haushalt zu führen. Eine strikte Einteilung, die der Tradition entsprach und von niemandem gebrochen wurde. Ein Händler hatte einmal erzählt, es gäbe Länder, in denen das anders sei, aber der Mann hatte sicher nur aufschneiden wollen und niemand hatte ihm Glauben geschenkt.
Sie hoben die triefenden Netze aus den Booten und schwatzten miteinander, denn es war ein guter Tag gewesen. Oben am Strand, wo Benderskarts Häuser vor den Fluten geschützt waren, stand eine Gruppe aus Händlern und sah interessiert zu. Mit Sicherheit hatten sie längst die Trockengestelle untersucht, um die Qualität der Handelsware zu prüfen. Wie üblich würden sie Mängel anführen, um den Preis zu drücken, wie üblich würden die Fischer dagegen halten und schließlich, nach viel Gefeilsche und Bier, würde man sich einig werden und alle würden zufrieden sein.
Ihre Söhne hatten Bottiche mit salziger Lake bereitgestellt und sie leerten die Netze in die Behälter. Ein Teil von ihnen würde sich der Fische annehmen, ein anderer der kostbaren Netze. Obwohl sie nur selten den Meeresboden berührten und kaum die Gefahr bestand, dass sie an Felsen oder Korallen Schaden erlitten, konnten sich Fäden des feinen Gespinstes gelöst haben. So wurden die Netze geprüft und gelegentlich fanden die Nadeln der Fischer eine schadhafte Stelle, die es auszubessern galt.
Fennegman warf einen Blick auf den Horizont. Es war spät geworden. Höchste Zeit, mit der Arbeit fertig zu werden, zu Hause etwas zu essen und dann in der Schänke den Handel abzuschließen.
Er zog das scharfe Messer aus dem Gurt und begann gekonnt, die Köpfe der Fische abzutrennen, sie zu öffnen und die Innereien mit der Gräte zu entfernen. Die Köpfe wurden aufgehoben, aus ihnen ließ sich eine schmackhafte Suppe bereiten, der Rest wanderte in andere Behälter, um nachher vergraben zu werden. Die Jungen standen bereit, fingen die Fische auf und salzten sie. Danach wurden sie auf die kleinen Spieße gesteckt und an die Gestelle gehängt. Die Väter würden es kontrollieren, obwohl die Söhne inzwischen erfahren genug waren. Die Händler machten dazu die üblichen, bedenklichen Gesichter, aber Fennegman sah die Gier in ihren Augen.
Während er sich auf die Arbeit konzentrierte, spürte er, wie sein Sohn Torbjong neben ihn trat. „Sie haben sich unterhalten, die Händler“, murmelte er, während er frisches Salz aus einer Kiste nahm. „Auf halber Strecke zum Dorf, als sie glaubten, wir könnten sie nicht mehr hören. Sie kennen die scharfen Ohren unserer Familie nicht.“
Fennegman grinste. „Und? Sind sie zufrieden mit der Ware?“
„Mehr als das. Und die Preise sind gestiegen. Angeblich lässt der König Vorräte anlegen.“
„So, tut er das, der König?“ Die Majestäten in der fernen Hauptstadt interessierten Fennegman und die übrigen Dorfbewohner kaum. Aber das mit den gestiegenen Preisen, dass war wirklich wichtig. Freiwillig würden die Händler nicht davon berichten. „Gut, dass du es mir gesagt hast, mein Sohn. Ich werde mich danach richten. Aber nun geh schon vor. Deine Mutter soll etwas Ordentliches auf den Tisch stellen.“
Fennegman und die anderen schritten zwischen den Gestellen hindurch. Aber ihre Söhne hatten alles richtig gemacht, die fertige Ware abgenommen und die Gestänge mit Meerwasser gesäubert. Die neuen Fische hingen in langen, ordentlichen Reihen und in mehreren Ebenen übereinander. Trotzdem sahen sie genau hin, berochen den einen oder anderen Fisch und schmeckten das Salz. Jetzt konnten sie Fehler noch korrigieren, am kommenden Morgen würde es dafür zu spät sein.
„Gut“, sagte Losterman schließlich. „Vergraben wir die Abfälle und machen wir, dass wir etwas Ordentliches in den Magen bekommen. Wir brauchen eine gute Grundlage, es wird sicherlich lange und feuchte Verhandlungen geben.“
Torbjong war schon vorausgeeilt, so wie alle Söhne ihren Vätern vorauseilten, damit die Ehefrauen ihnen den gebührenden Empfang erweisen konnten. Als Fennegman den Pfad zu seinem Haus entlang ging, der mitten durch die Dünen führte, genoss er es, den weichen Sand an seinen bloßen Füßen zu spüren. Ein paar Seevögel schwirrten über den Trockengestellen umher, aber der hohe Salzgehalt der eingeriebenen Fische würde sie abhalten, mehr als einen Bissen zu nehmen.
Henafraw erwartete ihn und wie es sich gebührte, öffnete sie die Tür, bevor ihr Mann sie berührte, trat vor das Haus und kniete sich rechts der Tür auf dem rechten Bein nieder. Torbjong folgte und tat dies auf der linken Seite mit dem linken Bein. So, wie es die Tradition für die Geschlechter eines Hauses vorschrieb.
„Sei willkommen in deinem Heim, Sere Fennegman“, sagte Henafraw mit geneigtem Haupt. „Alles ist wohl gerichtet.“
Wie erwähnt, Fennegman war ein ungewöhnlich kleiner Mann und obwohl seine geliebte Frau vor ihm kniete, befanden sie sich in Augenhöhe und er konnte das belustigte Funkeln in ihren Augen erkennen. Würdevoll reckte er sich. „Wie es sich für Haus und Weib eines ehrbaren Mannes gebührt.“
Er schritt an ihnen vorbei und spürte, wie sie sich nacheinander aufrichteten, erst der Sohn, da er männlichen Geschlechts war, dann die Mutter, doch sie durfte dem Ehemann zuerst ins Haus folgen, da sie in der Rangfolge über dem Kind rangierte.
Als Torbjong die Tür in den Riegel fallen ließ, mussten seine Eltern wieder einmal über die Zeremonie lachen, die so gar nicht ihrer Lebenseinstellung entsprach. Henafraw kniete sich auf den Boden und umarmte ihren Mann und sie gönnten sich einen innigen Kuss, der von Torbjong mit einem Seufzen quittiert wurde.
„Ich habe Hunger“, brummte der Vierzehnjährige.
Fennegman grinste breit. „Ich auch, mein Sohn, ich auch.“ Er drohte dem Sohn schelmisch mit dem Finger. „Aber lass es in der Öffentlichkeit nicht an Respekt fehlen. Du weißt, wie sehr die Leute Wert darauf legen.“
„Bah, hinter dem Rücken des Dorfältesten drehen sie ihm eine Nase“, erwiderte der Junge.
„Nun, ich hoffe, du tust das nicht, junger Mann.“ Fennegmans Blick wurde ein wenig streng. „Der Sere Amderman hat es nicht verdient, dass man über ihn spottet. Er mag nun alt und gebeugt sein, seine Augen mögen trübe werden und seine Ohren taub, aber sein Verstand ist noch immer scharf und er hat sich ehrbare Verdienste um Benderskart erworben.“ Der kleine Mann legte seinem Sohn die Hand auf die Schulter. „Denke immer daran, dass wir alle sterblich sind und eines Tages ebenso