Zwerge der Meere. Michael Schenk
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Leos reckte sich. „Ich werde mich mit Admiral Merent-Kai beraten, Handelsherr. Aber wenn Sie mich nun entschuldigen würden? Ich habe einen langen Ritt hinter mir.“
„Natürlich, Eure Hoheit.“ Tar erhob sich ächzend. „Es freut mich, in Eurer Hoheit immer wieder einen zupackenden Mann und entschlossenen Kämpfer zu finden.“
„So wie es mich freut, in Ihnen, Handelsherr Jolos-Tar, immer wieder einen Mann zu erkennen, der seinen Vorteil hinter dem Allgemeinwohl zurückstellt.“
Beide brachten die Lügen glatt über die Lippen, mit jenem geschäftsmäßigen Lächeln, das Politik und Handel ihresgleichen lehrten.
Als der Handelsherr gegangen war, fühlte Leos-Hod sich noch stärker beschmutzt, als zuvor. Dennoch kam er nicht umhin, die Sorge des Händlers zu teilen. Dass drei Schiffe innerhalb kürzester Zeit in einem begrenzten Seegebiet verschwanden, verhieß Unheil und der König war nicht der Mann, der in Ruhe abwartete, bis es ihn ereilte.
Er zog an der gedrehten Schnur und wartete, bis ein Bediensteter hereinsah. „Sende einen Boten zu Admiral Kai. Er soll mich aufsuchen, sobald es ihm möglich ist.“
Was braute sich da im Süden zusammen?
06 Ein bemerkenswerter Fund
„Du willst wirklich schon wieder runter?“ Oldrum sah seinen Freund zweifelnd an. „Du bist gerade erst den Dornfischen entkommen und kannst froh sein, noch zu leben. Du solltest dich besser noch erholen.“
Heimur Sichelhieb schüttelte den Kopf. „Er hat Recht. Nach so einem Erlebnis ist es richtig, schnell wieder ins Wasser zu steigen. Glaubt mir, je weniger man darüber nachdenkt, desto besser ist es.“ Er legte die Hand auf Varnums Schulter. „Es stimmt, unser Leben als Schürftaucher mag nicht besonders leicht sein. Sobald unsere Füße das Wasser berühren, sind wir von Gefahr umgeben. Aber ich bin stolz darauf, ein Zwerg der Meere und kein Landfuß zu sein und kann mir kein anderes Leben vorstellen. Denk an Schönheit und Gewinn, die unter der Wasseroberfläche warten.“
„Denk an die Gefahren, die dort lauern“, mahnte Oldrum.
„Ah, verflucht, du redest wie ein Landfuß“, fuhr Heimur auf und sah Oldrum grimmig an. „Ihr Pumper habt euch nicht zu beklagen. Eure Arbeit ist schwer und die Verantwortung groß, dass will ich bereitwillig zugeben. Aber euch bedrohen keine Dornfische, keine schadhaften Schläuche oder Anzüge. Nicht jeder Zwerg der Meere ist berufen, unter Wasser zu gehen. Dieser hier, Varnum, der ist es. Er hat den Wasserblick, ich kenne das. Den lassen das Meer und seine Schönheit unter Wasser nicht los. Es ist seine Bestimmung. Also stelle dich dem nicht entgegen.“
„Das tut er nicht, Heimur Sichelhieb“, sagte Varnum beschwichtigend und schloss die letzten Riemen und Schnallen seines Tauchanzugs. „Er ist einfach besorgt um meine Sicherheit.“
„Dann soll er auf Pumpe und Schlauch achten“, brummte Heimur. „Zumal du nun einen neuen Schlauch hast, der sich erst bewähren muss.“
„Ich werde meine Arbeit schon machen“, knurrte Oldrum.
„Und du willst nochmals in denselben Suchstreifen, den wir gestern schon begingen?“ Der alte Schürftaucher legte seine roten Haarzöpfe mit den schwarzen Alterssträhnen in den Nacken und verknotete sie.
„Ja, in denselben Streifen.“ Auch Varnum verknotete nun seine Zöpfe. „Ich glaube, ich habe dort etwas gesehen, kurz bevor die Dornfische angriffen.“
„Hm.“ Heimur nickte. „Ich hoffe, deine Augen haben dich nicht getäuscht und wir finden etwas Wertvolles. Der gestrige Tag war ein ziemlicher Reinfall.“
Wenig später schlug das Wasser über ihren Glashelmen zusammen. Die anderen Schürfer waren bereits bei der Arbeit. Einen letzten Tag hatte Birunt Hammerschlag der bisherigen Schürfgrube zugestanden. Fand man auch heute nichts, würde man die Stelle aufgeben. Da die Sucher am vorherigen Tag nichts Lohnenswertes entdeckt hatten, schufteten sie mit den anderen in der Grube. Nur Heimur und Varnum waren davon ausgenommen, da der junge Schürfer an jene Stelle zurück wollte, an welcher er den seebestatteten Zwerg gefunden hatte. Zu gut hatte sich ihm das verheißungsvolle Blinken eingeprägt, das er an jener Stelle gesehen hatte. Oder wenigstens glaubte, gesehen zu haben. Er wollte Gewissheit und da kein Zwerg der Meere über einen guten Fund im Ungewissen bleiben wollte, hatten Heimur und Birunt zugestimmt, dort erneut zu suchen.
Oben, an der Oberfläche, standen ein paar Wolken am Himmel und der junge Schürfer war immer wieder fasziniert, welche Auswirkungen Sonne, Wolken und auch Regen auf das Leben unter Wasser hatten. Die golden und silbern gleißenden Reflexe der Wasseroberfläche, die Schatten und Lichter, die über den Meeresgrund zu huschen schienen, gepaart mit der Farbenpracht der Pflanzen und Fische.
Die beiden Zwerge stapften nebeneinander über den Grund. Zwei kleinere Krebse nahmen hastig Reißaus, eine kleine Gruppe Regenbogenfische ballte sich schützend um ein paar Jungfische zusammen. An einer anderen Stelle hatte ein Stechling eine Muschel zwischen abgestorbene Korallen getrieben, sie dort eingekeilt und stach mit seinem scharfen Maul immer wieder zwischen die Schalen der Beute, um sie zu öffnen und an das weiche Innenleben zu gelangen. Auch die Zwerge schätzten im Allgemeinen den Genuss von Muscheln, Varnum konnte dem glibberigen Zeug jedoch nichts abgewinnen.
Er legte seine Hand an den Arm des älteren Schürfers, der sich ihm zuwandte, und wies zu der Stelle. Die Überreste des Zwerges waren undeutlich zu erkennen und Heimur reckte zur Bestätigung die Faust nach oben. Vorsichtig gingen sie weiter. Einmal strauchelte der alte Schürfer, als abgestorbene Korallen unter ihm nachgaben, aber er fing sich und sein Schlauch erlitt keinen Schaden.
Varnum deutete auf die Schramme, die Heimur sich zugezogen hatte. Sie blutete und das war gefährlich, denn die Räuber der Meere witterten jeden Hauch davon schon aus großer Entfernung. Erneut nickte der Schürfer und nestelte an seinem Werkzeuggürtel, um die fettgetränkte Binde hervorzuholen, die jeder Schürfer bei sich trug. Varnum half ihm, sie anzulegen und den Knoten gut festzumachen. Heimur stapfte einige Male mit dem Fuß auf, reckte die Faust hoch und sie gingen weiter.
Schließlich erreichten sie die Stelle und der alte Schürfer verharrte einen Moment respektvoll vor dem Toten, bevor er Varnum folgte, der ein Stück weiter gegangen war.
Hier, ganz in der Nähe, hatte Varnum das Glitzern gesehen. Er hoffte, dass seine Augen ihn nicht enttäuscht hatten und suchte den Boden sorgfältig ab. Zentimeter um Zentimeter, damit ihm nichts entging. Er wollte sich schon enttäuscht abwenden, als er den Schimmer wieder sah. Erregt schritt er näher, spürte den Zug des Luftschlauches. Dort vorne, nur wenige Schritte entfernt, fast verdeckt von blühenden Korallen.
Als Varnum sein Ziel erreichte, konnte er kaum glauben, was er da vor sich sah. Vielleicht war es nicht der Goldene Grund, aber es war verdammt nah daran. Ein Fund von ungeheuerem Wert.
Der Meeresboden fiel hier ein Stück ab, ein Graben zog sich zwischen den Korallen entlang und in diesem Graben erhob sich der gewaltigste Kristallstock, den Varnum jemals gesehen hatte. Fünf Säulen aus schimmerndem Weißkristall, die Blüte des Stocks, und in ihrer Mitte ragte eine sechste Säule auf, eine Säule von immensem Ausmaß.
Er spürte kaum, wie Heimur Sichelhieb neben ihn trat und sah den alten Schürfer erst an, als der ihm mehrmals auf die Schulter schlug. Durch den Helm war das breite Grinsen Heimurs zu sehen, der mit der Hand nach oben wies, in Richtung der Stadt. Es fiel Varnum schwer, sich von dem Anblick zu lösen, aber der alte Zwerg wies erneut nach oben und schließlich