Mitgefühl kann tödlich sein. Henning Marx
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Das zarte Fleisch hatte er sehr genossen. Bis auf die Büstenhebe waren sie beide inzwischen nackt und lagen nebeneinander auf dem großen Bett. Er war überaus zärtlich gewesen, schwärmte sie für einen Augenblick, während sie an der nachtblauen Zimmerdecke die Sterne betrachtete. Warum konnte es nicht immer so sein? Aber welcher anständige Mann wollte eine Prostituierte zur Frau? Sie seufzte und drehte sich zu ihm, um ihm die Haare auf seiner Brust zu kraulen.
»Ich habe uns noch Champagner mitgebracht«, schlug er vor. »Möchtest du ein Glas?«
»Jetzt schon? Ist das nicht ein bisschen früh?«
»Ich habe ausreichend dabei. Also?«
»Dann gerne«, stimmte sie neugierig zu.
Er holte den Champagner aus einer Isoliertasche in seinem Rucksack und richtete zwei Gläser hinter der Theke, mit denen er zum Bett zurückkam und ihr eines davon an die Lippen setzte. Sie schlürfte von dem teuren, prickelnden Traubenerzeugnis, das in ihrem Körper einen erfrischenden Flash erzeugte. »Und was hast du noch für uns?«
Er schob eine blaue, eckige Pille zwischen Zeige- und Mittelfinger, die er sich umgehend einwarf und mit einem kleinen Schluck Champagner herunterspülte.
Was hatte der noch vor, ging es Ekaterina plötzlich durch den Kopf. Am Ende war das heute sehr teuer verdientes Geld. Sie nippte erneut an ihrem Champagnerkelch, damit ihm nicht auffiel, dass sie diese Aussichten nicht ganz so angenehm fand. Über ihr Glas schaute sie ihn gleichzeitig an, als könnte sie es kaum erwarten. »Das brauchst du doch gar nicht.«
Obwohl er seine Hände ganz zärtlich über ihre Brüste und den Bauch hinuntergleiten ließ, warnte sie etwas in seinem Blick. Sie konnte allerdings nicht fassen, was es war. Kurz darauf spürte sie, wie ihr schwindelig wurde. »Ich glaube, ich hätte noch mehr essen sollen. Der Champagner beschwipst mich ja heute richtig.«
Er nahm ihr das Glas aus der Hand. »Was ist mir dir, Häschen?«, hörte sie ihn wie aus der Ferne sagen. Ihr war ganz komisch, alles drehte sich. Sie fühlte noch seine Hand, die inzwischen gierig zwischen ihre Schenkel griff. Dann dämmerte sie weg.
Nachdem sie ein Himbeerparfait, selbstgemacht vom Chefkoch persönlich, genossen und – viel wichtiger – auch gewürdigt hatten, waren sie sich einig gewesen, das Feuerwerk über der Altstadt vom Philosophenweg aus anzuschauen. Das Wetter war trocken geblieben und die Wolkendecke war sogar stellenweise aufgerissen.
Am Aufstieg zum Philosophenweg fühlten sie sich wie in einem Pilgerstrom, weil wie jedes Jahr ganze Horden dasselbe Ziel hatten. Es war aber auch die perfekte Plattform, um über den Neckar auf die Altstadt und zum Schloss schauen zu können. Dicht gedrängt standen die unzähligen Menschen und warteten auf das Spektakel. Sie waren rechtzeitig genug dran, um sich ein Plätzchen in erster Reihe erobern zu können und flachsten miteinander, während die Männer damit begannen, die Sektflaschen zu entkorken.
»Was wird das Erste sein, das Ariane zu Kai im neuen Jahr sagt?«, fragte Susanne bestens gelaunt in die Runde.
Die Freunde lachten, nur Ariane knuffte Susanne auf den Oberarm.
»Mein Prinz«, echoten alle bis auf Heike im Chor.
Kai lief rot an. Ariane war in der Wahl ihrer Beschimpfung nicht sehr zimperlich.
»Ärger dich bloß nicht«, versuchte Heike sie zu beruhigen. »Es ist doch schön, wenn du einen hast. Die Anderen haben nur Kommissare und Hausmeister.«
Ariane schaute sie erst verständnislos an, dann spiegelte sich große Zufriedenheit auf ihrem Gesicht. »Stimmt. Immer diese Neider!«, lachte sie glücklich.
»Na, Miss Zoro«, trat Horst neben seine Heike und gab ihr ein Glas Sekt sowie einen Kuss. Sie drückte ihn an sich, ohne auf seine Spitze einzugehen, weil sich gerade eigentlich alle in den Armen lagen, während die Menschenmenge gemeinsam zum Jahreswechsel herunterzählte. »Frohes neues Jahr.« Ein wunderbares Feuerwerk zeichnete sich vor dem Nachthimmel ab.
Böller und Raketen krachten, während Ekaterina langsam zu sich kam. Sie wollte sich bewegen, aber ihre Arme hingen irgendwie fest. Als sie auch die Beine nicht anziehen konnte, öffnete sie matt die Augen und hob den Kopf. Ihre Handgelenke steckten in Fesseln. Ein Blick zu den Füßen zeigte ihr, dass ihre Beine ebenfalls am Bett fixiert waren. Es machte ihr einige Mühe den Kopf zur Seite zu drehen, weil sie auf dem Bauch lag.
»Alles Gute zum neuen Jahr«, wünschte ihr Starke. »Du bist sehr pünktlich aufgewacht.«
Sie versuchte die Fesseln zu lösen, aber es wäre ihr auch nicht gelungen, wenn sie nicht außer Gefecht gesetzt worden wäre. »Was soll das?«, fragte sie ärgerlich.
Anstatt ihr zu antworten, spürte sie, wie er nun keineswegs mehr zärtlich ein Gleitmittel in ihrer Pofalte verteilte.
Sie versuchte sich dem zu entziehen, aber wie im Mittelalter beim Vierteilen waren ihre Gliedmaßen straff auseinandergezogen. Angst breitete sich explosionsartig aus. »Nein!«, fuhr sie ihn lauter an, »das haben wir nicht vereinbart.«
»Ich habe noch zwei Scheine draufgelegt, Häschen. Das sollte reichen.« Er ließ sich von ihrem Protest nicht beirren, im Gegenteil.
In ihrer Verzweiflung schrie sie ihn an: »Nein, habe ich gesagt. Hör sofort auf!«
»Das habe ich gehört! Aber was du sagst, interessiert hier niemanden. Heute werde ich ganz neue Perspektiven an dir kennenlernen.« Dann kam er wild über sie. Ihr Schrei mischte sich mit dem Böllerknallen vor dem Fenster. Sie spürte, wie er immer animalischer wurde, je mehr sie sich dagegen sträubte. Aber sie konnte nicht anders. Der Schmerz durchfuhr ihren ganzen Körper. Tränen liefen ihr über die Wangen. Sie wurde panisch, als er ihr zusätzlich eine Plastiktüte über den Kopf zog. Nicht lange und sie nahm wahr, wie sie zunehmend benommener wurde. Kurz nachdem sich das Tier über ihr gewaltig aufgebäumt hatte, verlor sie erneut das Bewusstsein.
Sie waren bester Stimmung. Nach einem herrlichen Essen hatten sie noch ein wunderschönes Feuerwerk beobachten können und standen nun im Kreis mit Sekt und »Traubensaft« beisammen.
»Schaut mal«, zeigte Horst auf die »Alte Brücke«. »Da wäre damals alles fast den Bach runtergegangen.«
»Andere Gedanken hast du heute nicht?«, zeigte sich Lene angesichts der Erinnerung an das Erpresser-Quartett keineswegs begeistert.
»Könnten wir vielleicht das Thema wechseln«, war Ariane ebenfalls wenig interessiert, »dazusitzen und nur zuschauen zu können, war absolut kein Vergnügen.«
»Stimmt!« pflichtete Kai ihr bei.
»Und ich möchte nie wieder in einem Schwimmbecken eine Tote finden«, gruselte sich Susanne immer noch. »Das war wahrlich kein schöner Anblick.«
Heiko drückte sie an sich. »Hat mir aber ganz neue Perspektiven eröffnet«, konnte er inzwischen über seinen ersten Blick auf Susanne witzeln. »Lebende Frauen sind halt doch schöner als tote.«
»Das ist jetzt aber ein bisschen ...«, setzte Heike zu einem Kommentar an, brach aber ab, weil Horst sie ohne Vorwarnung nach vorne schubste. »Was soll das denn?«
»So nicht«, entfuhr