Mitgefühl kann tödlich sein. Henning Marx

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Mitgefühl kann tödlich sein - Henning Marx

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sie nicht einfach ein Traum?«

      »Sei froh, dass sie aus Fleisch und Blut ist, sonst wäre das wohl eher so platonisch-vegetarisch«, witzelte er weiter.

      Manchmal fragte Thomas sich, wie dieser teilweise noch etwas unreif wirkende Mann zu dem Entschluss gekommen war, seine Freundin zu heiraten. Aber er hatte ihn von Anfang an nicht nur wegen seiner Aufmerksamkeit, sondern auch wegen seiner meist ansteckenden Fröhlichkeit gemocht.

      Der Tag war für alle recht ereignislos verlaufen. Zu dritt saßen sie deshalb sehr zeitig im »Peppers«. Thomas hatte sich zu Lenes Verwunderung tatsächlich einen Salat bestellt. Er schaute aber schon ein wenig neidisch auf Horsts Teller, von dem ihm Pommes und ein riesiger Burger eine Nase drehten. Flugs hatte er sich einen französischen Kartoffelschnitz stibitzt.

      »Hey, Finger weg!«, protestierte der Beklaute wenig nachdrücklich, grinste breit und stopfte sich noch drei in den Mund. »Wirklich lecker heute. Soll ich dir auch eine Portion bestellen?«

      »Elender Blö...«, brach Thomas gerade noch rechtzeitig ab. Das war aber wirklich zu gemein. Der zog ihn ganz absichtlich auf und er konnte nicht einmal zurückschimpfen, weil ihm dann seine liebe Frau sofort wieder im Nacken saß. So hockte er schließlich mit gesenktem Kopf vor seinem Salat, der durchaus ein gutes Dressing hatte. Man konnte sich auch alles schönreden. Oh, da kam doch gerade Beatrice mit einem appetitlich aussehenden Teller Pommes vorbei – direkt an ihm vorbei, das war hart. Vielleicht sollte er einfach nach Hause flüchten?

      Bea beugte sich zu ihm herunter. »Einmal Pommes rot-weiß für unseren unglücklichen Herrn Kommissar«, lächelte sie ihn aufmunternd an, während sie ihm den Leckerbissen direkt neben seinen Salatteller stellte. »Geschenk des Hauses, ist ja quasi noch Weihnachten.« Sie zwinkerte. »Lass es dir schmecken.«

      Thomas schaute sie vollkommen entgeistert an und wusste überhaupt nicht, wie ihm gerade geschah. »Danke. Womit ...« Aber Bea war bereits weiter und hörte ihn gar nicht mehr. »... habe ich das jetzt verdient?« Es war zwar allgemein bekannt, dass die Barfrau einen siebten Sinn für die Wünsche ihrer Gäste hatte, aber ... Naja, einem geschenkten Gaul schaut man erst ins Maul, wenn sichergestellt ist, dass er einem nicht wieder abhandenkommt. Während er die Fritten noch zögerlich auf die Gabel spießte, linste er misstrauisch zu seiner Frau, die allerdings keine Miene verzog. »Warst du das?«, wollte er dann doch von Lene wissen.

      »Wie sollte ich! Ich saß schließlich die ganze Zeit hier«, wiegelte sie unschuldig ab, bevor sie sich wieder einer inzwischen dazugekommenen Kollegin zuwandte.

      Er würde Bea fragen müssen. Kurz darauf glaubte er, seinen Augen nicht zu trauen. An diesem Abend gab es eine Überraschung nach der anderen.

      Heiner hatte das »Peppers« betreten. Kurz kam er an den Tisch, um alle zu begrüßen, trollte sich aber ganz schnell an die Bar, um sich einen Cocktail zu bestellen, wie er vorgab.

      Verwundert schaute Thomas zu Horst. »Was ist denn mit dem los? Der hat sich ja umgezogen? Habe ich etwas verpasst?«

      Horst schmunzelte. »Pass auf. Gleich bringt Bea ihm eine ›Abendsonne‹.«

      »Was soll das sein?«

      »Warte!«

      Kurze Zeit später stellte die Barfrau einen fliederfarbenen Cocktail vor Heiner ab.

      »Ein Frauencocktail?«, war Thomas ziemlich erstaunt, während Horst ihm die ganze Geschichte dazu erzählte. Außerdem berichtete er seinem Chef, dass Heiner seither immer schick ins »Peppers« kam, fast die gesamte Zeit am Tresen verbrachte und in der Regel der Letzte war, der ging.

      »Ist Bea nicht zu jung für den?«, war der nicht auf Anhieb von der Idee überzeugt. »Aber gut, sie ist schlagfertig, einfühlsam, sehr hübsch, hmmh.«

      Unvermittelt mischte sich der spät gekommene Franz ein, der sich abrupt aus einer anderen Gruppe ausklinkte, der er eben noch die Vorzüge seines neuen Portemonnaies mit eingearbeitetem Aluminium erläutert hatte, um seine Bankkarten besser gegen Manipulation zu schützen. »Wissen wir überhaupt, ob Bea solo ist?«

      Die drei Männer schauten sich etwas ratlos an. Keiner wusste dazu etwas. Keiner hatte bisher gesehen, dass Bea von einem Mann abgeholt worden wäre. Keiner hatte sie je von einem Mann sprechen hören. Keiner hatte sie bisher mit einem Mann in der Stadt getroffen.

      »Welche schwerwiegenden Probleme versuchen denn unsere Herren hier wieder zu lösen?«, wollte Lene wissen.

      »Wir fragen uns, ob Bea vergeben ist. Heiner scheint ein Auge auf sie geworfen zu haben, nachdem sie vor Wochen mit einem Cocktail seine Stimmung aus dem Keller ins Dachgeschoss katapultiert hat«, erklärte Horst auch ihr.

      »Das passt doch überhaupt nicht«, stellte Lene klar, bevor sie zur Toilette ging. »Bea braucht trotz ihrer elfenartigen Erscheinung etwas ... ja was? ... Eine Person, bei der sie ihre manchmal auch herbe Dominanz aufgeben kann.«

      Die drei Herren runzelten kollektiv die Stirn, während sie beobachten konnten, wie Heiner mit Bea scherzte und ihr wohl zum wiederholten Mal ein Kompliment machte.

      »Habt ihr verstanden, worauf Lene hinauswollte?«, fragte Thomas die anderen zwei.

      »Wenn du schon deine Frau nicht verstehst«, witzelte Franz, »wie sollen wir das dann können?«

      Bevor Lene wieder zurück war, gesellte sich Thomas zu Heiner an die Bar.

      »Na, du siehst hier aber ganz fröhlich aus, mein Lieber. Möchtest du dich nicht ein wenig zu uns an den Tisch setzen? Wir vermissen dich.«

      »Nur kein Neid, Herr Kommissar. Der ist auch bei mir ganz gut aufgehoben«, zwinkerte Bea im Vorbeigehen den beiden zu. Thomas entging dabei nicht, wie sich ein Glänzen auf Heiners Augen einstellte.

      »Setz dich auf ein Bier«, schlug Heiner Janetzky vor. »Euch sehe ich doch den ganzen Tag und hier habe ich sooo nette Gesellschaft«, flötete er der Barfrau hinterher.

      Sie unterhielten sich angeregt über die anstehende Vierschanzentournee. Beatrice hatte ein Pils für Heiner gebracht, Thomas hatte sich für ein Alt-Cola entschieden.

      Er hatte überhaupt nicht bemerkt, wie kurzweilig sich ihr Gespräch entwickelt hatte, bis sich Lene zärtlich an seinen Rücken schmiegte. Dezent machte sie ihn darauf aufmerksam, dass es Zeit für den Heimweg war.

      »Ich komme«, entgegnete er. »Ich muss nur Bea schnell noch etwas fragen.«

      Während Lene sich zu Heiner wandte, rief er Bea zu sich, auch um zu zahlen. Nachdem das geklärt war, brach sich seine Neugier umgehend Bahn. »Sag mal: Wem habe ich denn eigentlich die Pommes zu verdanken?«

      »Sagte ich doch: ein Geschenk des Hauses«, lachte sie ihn an.

      Aber er hatte in seinem Augenwinkel gesehen, wie Lene ganz unmerklich den Kopf geschüttelt hatte. Aha. Er wusste zwar nicht, wie die beiden das geschafft hatten, aber er ließ es gut sein, weil er etwas anderes viel dringender wissen wollte.

      »Wenn du mir das schon nicht ehrlich beantwortest ... Kann ich dich mal was fragen?«, wurde er leiser und lehnte sich zu Bea über den Tresen.

      »Solange ich entscheiden kann, ob ich antworten will«, flüsterte sie ihm zu und hielt ihm ihr Ohr hin, nachdem sie ihre blonden Haare dahintergeklemmt hatte.

      »Hast

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