Mitgefühl kann tödlich sein. Henning Marx

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Mitgefühl kann tödlich sein - Henning Marx

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Sein Schritt in die Selbständigkeit hatte zu einem prosperierenden IT-Unternehmen geführt. Er wurde gerne gesehener Gast auf diversen Unternehmertreffen, Kontakte hatten sich ergeben und schließlich hatte einer dieser Kontakte ihn in den Herrenclub schlechthin eingeführt. Damit hatte er Zugang zu den Mächtigen in der Republik bekommen. Davon hatte er immer geträumt. Aber was hatte er jetzt davon? Die Finger hatte er sich gewaltig verbrannt und stand am Rande eines Abgrunds.

      »Du bist entweder für oder gegen mich«, riss ihn eine kalte Stimme aus seinen zum Selbstmitleid neigenden Gedanken.

      Egal, was kommen würde, er wollte das sicherlich nicht. Aber die anderen hatten letztlich auch ihn ausgebootet. Sein Freund hingegen hatte seinen Teil der Abmachung eingehalten. »Konrad Brandner.«

      »BASF ... Wo wohnt der?«

      »Heidelberg, Bergstraße 65.«

      »Wann geht der morgens los?«

      »Weiß ich nicht. Sicherlich deutlich früher als du.«

      Nachdem er seinen alten Studienfreund zur Tür gebracht hatte, kam er zur Sitzecke zurück, um sein Telefon zu holen. Dabei sah er, dass der Sessel seines Besuchers stellenweise ganz feucht glänzte. Wie kann man nur so fett sein, schüttelte er verständnislos den Kopf. Er stand inzwischen total unter Strom. Mit wenigen Worten erledigte er ein Telefonat, um das Notwendige in die Wege zu leiten. Danach überlegte er, wie er sich eine angemessene Ablenkung verschaffen konnte. Ihm fiel wieder das letzte Mal bei Ekaterina ein. Die Erinnerung, wie sie es nicht gewagt hatte, sich seinem sehr groben Verhalten zu entziehen, törnte ihn nach den Tiefschlägen dieses Vormittags absolut an. Er wollte Macht und seine Phantasie ausleben, wie er sich das seit Längerem immer öfter vorstellte. Ein Plan wuchs, während er in den Kalender schaute. Entschlossen wählte er ihre Nummer.

      »Das ist aber eine schöne Überraschung«, begrüßte Ekaterina ihn, als ob sie seit Tagen auf keinen anderen Anruf gewartet hätte.

      »Ich würde gerne mit dir Silvester verbringen«, eröffnete er ihr mit betörend sonorer Stimme.

      Sie stutzte kurz, ließ aber, ohne zu zögern, das übliche Programm ablaufen. »Ich wollte eigentlich mit meiner Freundin ein paar Tage wegfahren ...«, begann sie, weil sie ihm den Eindruck vermitteln wollte, sich für ihn freizumachen.

      »Das ist aber sehr schade. Ich saß heute Morgen in meinem Büro und habe darüber nachgedacht, wie ich im neuen Jahr ankommen möchte, jenseits aller üblichen Verpflichtungen. Da bist nur du mir eingefallen, mein Häschen«, blieb er weiterhin ungewöhnlich charmant.

      Sie lachte überrascht. »Wenn das so ist, kann ich natürlich nicht anders. Ich fühle mich geschmeichelt und freue mich.« Er konnte wirklich galant sein. Es hatte sich doch gelohnt, bei ihrem letzten Treffen die Zähne zusammenzubeißen. »Was hast du dir vorgestellt?«

      »Ich komme um zehn und bleibe so lange, wie ich nicht von dir lassen kann.«

      »Das hört sich aber vielversprechend an«, hauchte sie ihm digital ins Ohr. Sein diabolisches Grinsen wurde leider digital nicht übertragen.

      Kapitel 14

      Heiko hatte mit Susanne vor drei Tagen Thomas und Lene am Flughafen abgeholt. Das war für sie kein Problem gewesen, weil das Sportinstitut der Universität Weihnachtsferien hatte. Sie waren sehr beeindruckt von der gesunden Bräune gewesen, die die beiden Urlauber in das nasskalte Heidelberg mitgebracht hatten. Hinsichtlich Silvester hatten sie Lene und Thomas darüber in Kenntnis gesetzt, was sie mit den anderen bereits vor Weihnachten beschlossen hatten: Treffpunkt war um acht Uhr bei Susanne und Heiko. Der Plan sah vor, etwas zusammen zu kochen und bei entsprechendem Wetter vielleicht das Feuerwerk vom Philosophenweg aus anzuschauen.

      Die ersten Arbeitstage waren glücklicherweise recht harmlos für die beiden Kommissare verlaufen. Allerdings hatte es sie beträchtliche Mühe gekostet, morgens im Dunkeln erst das Bett und schließlich auch noch die Wohnung zu verlassen. Dunkelgrau hingen die Wolken dicht über den Dächern der Weststadt. Es war unmöglich vorherzusehen, ob es mal wieder regnete oder vielleicht Schneefall einsetzen könnte. Dieser Morgen war besonders unerfreulich: leichter Schneeregen, der eine feine Schicht auf dem Gehsteig hinterließ, auf der es sich ganz schnell mal ausrutschen ließ.

      »Mein Gott!«, entfuhr es Thomas, dem die Füße unvermittelt nach vorne weggerutscht waren. Weil ihn Lene reaktionsschnell am Arm gefasst hatte, konnte er sich zu seiner Erleichterung mit viel Mühe doch noch auf den Beinen halten.

      »Du wolltest nicht fluchen«, erinnerte Lene ihn – immerhin schmunzelnd.

      Schuldbewusst sah er sie an, aber schon blitzte etwas in seinen Augen, das allerdings nur schwer bei dem trüben Laternenlicht zu sehen gewesen wäre. »Aber ich habe doch gar nicht geflucht.«

      »Hmmh, sondern?«

      »Ich habe den lieben Gott darum bitten wollen, die Gehsteige nicht so glatt werden zu lassen. Leider wurde ich in dem Satz unterbrochen, als ich beinahe hingeschlagen wäre«, sah er sie treuherzig an.

      »Und da ging es dir natürlich nur darum, mich vor einem Sturz zu bewahren«, vermutete Lene mal so.

      »Absolut. Du bist eine zarte Frau, ...«

      »... die der Hilfe bedarf und beschützt werden muss«, setzte Lene selbst fort.

      »Du nimmst mir die Worte aus dem Mund.«

      »Dann lass ich dich das nächste Mal eben fallen«, erwiderte sie trocken. »Eine zarte Frau ist ohnehin nicht in der Lage, ihren starken Beschützer aufzufangen. Du fällst ja derzeit ohnehin weicher.«

      Sie überquerten schräg die Straße, auf der es auch nicht angenehmer zu laufen war.

      »Das ist gut gegen die Kälte«, reagierte Thomas ausnahmsweise nicht empfindlich bei dem Thema. »Ich werde aber wieder mehr darauf achten«, zeigte er sich zudem einsichtig.

      Während Thomas seiner Frau die Tür zum Eingangsbereich des Polizeipräsidiums aufhielt, drängte sich Horst Jung noch schnell an seinem Chef vorbei.

      »Rüpel«, murrte der nur halb im Ernst.

      Der junge Mann lachte nur. »Danke vielmals. Wenn ich eine Frau wäre, hättest du jetzt ›gern geschehen‹ gesagt.«

      »Stimmt«, konnte Thomas das kaum leugnen, während Lene sich über die jungsche Schlagfertigkeit amüsierte.

      »Kommt ihr heute Abend mit ins ›Peppers‹?«, wollte ihr Kollege noch von Lene wissen, als diese sich mit einem Kuss von Thomas verabschiedet hatte, um im ersten Stock zu ihrem Büro abzubiegen.

      »Ich dachte schon. Wie sieht es mit dir aus?«, fragte sie zur Bestätigung bei ihrem Mann nach.

      Der nickte kurz. »Vielleicht gehen wir einfach direkt und essen dort noch eine Kleinigkeit?«, schlug er Lene wie Horst vor.

      »Gerne«, zeigte der sich erfreut, weil er sich weitere Urlaubsgeschichten erhoffte.

      »Da gibt es durchaus auch Salat«, stellte Lene nebenbei ihre Sicht zu Thomas´ Speiseplan dar, drehte sich um und winkte mit der rechten Hand nach hinten.

      Thomas schaute ihr noch einen Augenblick nach, bis Horst Jung lachte und seinen Chef

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