Mitgefühl kann tödlich sein. Henning Marx

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Mitgefühl kann tödlich sein - Henning Marx страница 15

Автор:
Серия:
Издательство:
Mitgefühl kann tödlich sein - Henning Marx

Скачать книгу

intensiv in dieser Richtung forschen, um nur ein paar zu nennen.«

      »Sehr spannend«, befand Thomas Sprengel, wobei er vom Kellner unterbrochen wurde, der so umsichtig wie diskret nachfragte, ob noch Wein gewünscht werde.

      Frau Dunkerbeek hatte die Gelegenheit gezielt dazu genutzt, das Thema zu wechseln. Ihr Mann sah sie kurz dankbar an, weil er doch noch davon befreit worden war, eine mögliche Sabotage diskutieren zu müssen. Im Laufe der weiteren Unterhaltung erzählte das ältere Paar den Flitterwöchnern, wie sie vor Jahren ihr Unternehmen mangels eigener Kinder verkauft hatten. Seither verbrachten sie die meiste Zeit in Berchtesgaden, weil sie festgestellt hatten, dass ihnen das Bergklima im Alter ausgezeichnet bekam. Das Städtchen hatte sich wieder gut entwickelt, nachdem ein Investor ein neues Hotel der gehobeneren Kategorie direkt im Zentrum eröffnet hatte. Sie selbst hatten sich ein Haus oberhalb des alten Kerns gekauft, von dem aus sie einen Blick über den Ort, aber auch über das komplette Bergpanorama von Kehlstein über Göll, Jenner, Watzmann und Hochkalter genießen konnten. Im Haus befand sich eine zweite, abgetrennte Wohnung, in der immer wieder Freunde zu Besuch kommen konnten, die aber auch den Zweck hatte, später vielleicht einmal für eine Pflegekraft zur Verfügung zu stehen, falls das notwendig werden sollte. Erst an dieser Stelle fiel dem jüngeren Paar wieder das Alter ihrer Gesprächspartner auf, in dem solche Überlegungen zunehmend an Relevanz gewannen. Lene streifte kurz der Gedanke, dass auch in diesem Zusammenhang Mitgefühl gefragt sein könnte.

      Lene und Thomas waren noch an den Strand gegangen, nachdem sie sich sehr spät von den Dunkerbeeks verabschiedet hatten. Still saßen sie nebeneinander im warmen Sand und schauten in den Sternenhimmel. Ihr Plätzchen befand sich etwas abseits im Dunkeln der Palmen. Ein Spaziergänger hätte sie kaum ausmachen können, weil in dieser Nacht der Mann im Mond Kinder auf der anderen Seite der Erde erfreute.

      »Was denkst du?«, fragte Thomas, nachdem sie eine ganze Weile schweigend die Sterne betrachtet hatten, die sich ganz klar am Himmel abzeichneten.

      »Ach, so wie die Dunkerbeeks habe ich mir immer Eltern vorgestellt«, antwortete Lene mit einer Stimme, in der Thomas ein wenig Traurigkeit mitschwingen hörte.

      Er nahm sie liebevoll in den Arm. »Das ist schon ein außergewöhnlich nettes Paar«, stimmte Thomas ihr zu. »Was hältst du von der Sache, die er über Himmelreich erzählt hat?«, wollte Thomas die Richtung ihrer Gedanken ändern, weil er aus Erfahrung wusste, dass ein weiteres Eingehen auf Lenes Stimmung alles nur noch schlimmer machte.

      »Keine Ahnung. Himmelreich scheint ein echter Vordenker gewesen zu sein. Aber damit die Yacht explodiert, hätte man dort eine Bombe verstecken müssen. Ist das wahrscheinlich?«

      »Kommt darauf an, ob es sein eigenes Boot war«, fand Thomas es nicht unter allen Umständen unmöglich.

      »Ja, aber ich halte das doch für zu weit hergeholt. Zumal nicht annähernd klar ist, ob Himmelreichs Idee überhaupt Erfolg gehabt hätte«, blieb sie weiterhin eher skeptisch hinsichtlich der Spekulation, dass jemand seine Finger im Spiel gehabt haben könnte.

      »Wahrscheinlich hast du recht«, stimmte er ihr zu, bevor sie beide wieder verstummten.

      Sie hörten den Wellen zu, wie sie langsam auf dem Sand ausliefen, eine, noch eine und wieder eine. Es war selbst zu der späten Stunde angenehm warm. Lene fühlte sich bei aller Melancholie an der Seite von Thomas über alle Maßen glücklich. Sie schmiegte sich enger an ihn und gab ihm einen zarten Kuss auf die Wange. Nach ihren Nasen fanden sich auch ihre Lippen, erst nur ganz behutsam, als könnte etwas zerbrechen.

      »Hast du Lust, ein nächtliches Bad zu nehmen?«, flüsterte Thomas ihr ins Ohr.

      Lene antwortete nicht, sondern stand auf und zog wortlos ihre Kleidung aus. Vor dem Sternenhimmel zeichnete sich ihre schmale Silhouette ab, die bei ihrem frisch Vermählten nach wie vor den tiefen Wunsch auslöste, sie ganz und innig zu spüren. Während Thomas noch mit seinem Inneren beschäftigt war, lief Lene über den weichen Sand bis zur Hüfte ins Meer. Sie hätte eine Meerjungfrau sein können, dachte Thomas kurz, legte seine Sachen zu ihrer Kleidung und folgte Lene fast andächtig. Als er bei ihr war, glitten sie noch etwas weiter in die frischen Wellen, die ihre beiden Körper sacht umspielten. Behutsam fasste er nach ihrer schlanken Taille. Sie legte ihre Arme um seinen Hals, während sie sich zärtlich küssten. Das war der Mann, den sie liebte, immer lieben würde. Unwillkürlich schlang sie ihre Beine um seine Hüften, legte den Kopf in den Nacken und spürte ihn intensiv. Als sie die Augen öffnete, verlor sie sich in der Unendlichkeit des Sternenhimmels.

      Kapitel 11

      Konsterniert schaute er in die Runde der anwesenden Herren. Einen Augenblick zuvor hatte der drahtige Älteste ihm eröffnet, dass er keineswegs gedenke, irgendeine angebliche Vereinbarung einzuhalten, nur weil Himmelreich tatsächlich ums Leben gekommen war.

      »Das können wir doch nicht machen. Der hat wie verabredet geliefert«, erwiderte der jüngere Gesprächsteilnehmer und wuchtete seine rundliche Figur aus dem tiefen Sessel. »Ist das hier einhellige Meinung?«, fragte er sichtlich echauffiert die anderen Anwesenden, ohne dabei jemanden direkt anzusprechen.

      Die einen untersuchten peinlich berührt, wie voll ihre Gläser waren. Andere setzten dagegen eine kämpferische Miene auf und zuckten mit den Schultern, als ginge sie das Ganze überhaupt nichts an.

      Dem dicklichen Vermittler des Deals brach vor lauter Nervosität der Schweiß aus. Was sollte er bloß seinem Studienfreund erzählen? »Aber wir waren doch alle der Meinung, dass dieser Weg der für uns sicherste wäre«, erinnerte er an die gemeinsam getroffene Entscheidung.

      »Nein«, widersprach nun der Herr, der wie üblich in Nadelstreifen zugegen war, in einem kühlen, distanzierten Tonfall. »Ich hätte mir nie im Leben vorstellen können, von Ihrem Geschäftspartner mit einem Kapitalverbrechen konfrontiert zu werden. Das ist geradezu absurd. Wir verhalten uns nicht wie die Mafia.«

      »Das ist doch glatt gelogen«, brüllte ihn der nun wütend im Raum Umherirrende unter Aufgabe jeder Zurückhaltung an.

      »Nicht in diesem Ton!«, wies ihn der Älteste zischend zurecht. »Wollen Sie, dass der ganze Club erfährt, worüber wir reden?«

      Alle in der Runde nickten zustimmend. Der Rundliche griff sich an die Stirn und bemühte sich, seine Gedanken zu sortieren. Er steckte in der Klemme. Falls sich hier alle einig waren, hatte er keinerlei Handhabe, die Vereinbarung durchzusetzen. Es gab nichts Schriftliches und nur er hatte mit seinem Freund gesprochen. Seine Stirn begann zu glänzen. Am Ende verpfiffen die ihn noch, wenn er sich nicht fügte. Verzweifelt wagte er einen letzten Versuch, die Anwesenden umzustimmen. »Aber wir haben unserem Geschäftspartner unser Ehrenwort gegeben. Wollen wir in voller Absicht wortbrüchig werden?«

      Der herablassende Blick des ältesten Herrn brannte ihm förmlich in der Seele. Sonst erntete er nur Schweigen und leichtes Kopfschütteln, als könnte keiner verstehen, warum er sich so aufregte. War das Schweigen letztlich nicht ein Hinweis, dass den einen oder anderen doch so etwas wie ein schlechtes Gewissen plagen könnte? Vielleicht traute sich keiner, der Erste zu sein, der die offensichtlich ohne ihn abgesprochene Meinung bereit war zu ändern? »Wollen wir wirklich wortbrüchig werden?«, wiederholte er daher seine Frage in beschwörendem Tonfall, jeden im Raum eindringlich ansehend.

      »Erstens habe ich niemandem mein Wort gegeben. Das waren ausschließlich Sie«, kam es nun schneidend von dem älteren Herrn, der sich ebenfalls erhoben hatte.

      »Ich hätte nie für möglich gehalten, dass Sie sich auf die Argumentationslinie eines Winkeladvokaten begeben würden«, entfuhr es dem Dicklichen erneut lauter.

Скачать книгу