Sophies Erwachen. Anna Bloom
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„Sophie, ist alles ok mit Dir?“, fragte Stephanie mit ihrer ins Dramatische abrutschenden Stimmführung.
„Scheiße, ich kann gar kein neuseeländisches Englisch! Ich habe kein Wort verstanden, was die Frau eben gesagt hat. Ich werde hier sang- und klanglos untergehen“, sagte ich panisch und setzte mich vor dem Eingang des Ladens auf die Bordsteinkante und schob die riesige weiße Einkaufstüte schützend unter meine Schenkel. Tränen kullerten an meinen Wangen herunter. Ich schämte mich für meine verfrühte Schwäche. Schützend ließ ich meine schwarzen Haarsträhnen wie einen Vorhang über meine Wangen gleiten. Ich weinte leise alle Tränen, die sich angesammelt hatten, während Stephanie mich erschrocken in den Arm nahm.
Als ich nicht mehr schluchzte und der Sturm in meinem Kopf langsam aufhörte zu wüten, stand sie auf und sagte: „Das wird alles gar nicht so schlimm werden. Ich und meine Freundinnen bringen Dir alles bei, was Du wissen musst. Ab morgen ist täglich Neuseeländisch-Kurs angesagt! Das Gute ist: Die Grundlage der Sprache ist immer noch Englisch. Also steh auf. Wir gehen ins Einkaufszentrum auf die Toilette. Du wäschst Dich und dann holen wir das Fahrrad im Laden. Danach treffen wir uns mit Jessica und Paula im Café und da beginnt schon der Einsteigerkurs!“
Sie konnte wirklich gut motivieren, das musste man ihr lassen. Widerspruch war bei ihrer Bestimmtheit unmöglich.
„Zu Befehl, Sir!“, sagte ich halbwegs authentisch und wir lachten.
Der Fahrradladen war gleich neben dem Einkaufszentrum an einem schönen Platz, auf dem ein Pavillon stand. Er hieß BikeFit und war überdimensioniert für eine Stadt von der Größe Blenheims, was sicherlich mit den schönen Bergen hier zu tun hatte und damit, dass die Einwohner und Touristen nichts Besseres in Blenheim anzufangen wussten als zu radeln. Auch ich hatte vor, das Fahrrad täglich zu nutzen, da die Schule zu weit weg war, um den Weg zu Fuß gehen zu können und weil es in Blenheim mit dem öffentlichen Verkehr nicht so weit her war wie in Frankfurt. Zwar könnte ich in Neuseeland mit meinen 17 Jahren den Führerschein machen, aber den Stress mit dem Linksverkehr wollte ich mir nicht antun, um dann zurück in Deutschland mich an den Rechtsverkehr gewöhnen zu müssen. Das Fahrrad war eine gute Alternative. Stephanie fuhr auch mit dem Rad zur Schule. So könnten wir zu zweit radeln. Das Angebot im Laden war groß. Ich hatte absolut keine Ahnung, worauf es ankam und was das Rad haben musste, um auch in den Bergen fahren zu können. Stephanie war meine letzte Hoffnung.
„Stephanie, welches Rad hast Du denn?“
„Ich glaube, das gleiche Modell wie das Blaue da drüben. Oder vielleicht wie das Rote hier.“
„Ach du Schande. Du hast ja genauso wenig Ahnung von Fahrrädern wie ich“, sagte ich und musste loslachen. Das war eindeutig nicht mein Tag. Er wurde nur noch schlimmer. Aber, da musste ich durch. Zumindest konnte ich über mich selbst und mein Pech lachen. Das fand Stephanie wohl auch, weil sie mich erleichtert anlächelte, bevor sie sich nach unten beugte, um das rote Fahrrad für mich genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich hielt währenddessen nach dem Verkäufer Ausschau und weil ich niemanden in meiner Sichtweite sah, ging ich weiter vor Richtung Kasse. Die Kasse befand sich in der rechten hinteren Ecke des Raumes. Links neben der Kasse ging der Raum jedoch weiter nach hinten. Dort baumelte ein Schild von der Decke mit der Aufschrift „Reparatur“. Ich schlenderte langsam dorthin. Vielleicht war dort jemand, der mich oder - nach meinem Totalausfall der englischen Sprache - Stephanie beraten konnte. Und tatsächlich war dort jemand, der sich über einen Fahrradreifen beugte. So, das war Versuch Nummer zwei. Ich musste mich meinen Ängsten stellen. Zumindest hatte ich das so im Psychologiekurs gelernt. Man wächst mit seinen Aufgaben. Es war aber schwieriger als gedacht. Ich nahm all meinen Mut zusammen, atmete tief ein und aus und sagte mit leicht zitternder Stimme auf Englisch: „Entschuldigung. Können Sie mich und meine Freundin bitte kurz beraten. Wir wissen nicht genau welches Rad wir brauchen.“
Der Oberkörper des zusammengekauerten Menschen richtete sich langsam auf und ein lockiger dunkelhaariger Schopf drehte sich zu mir hoch. Das Gesicht des Jungen war wirklich schön, seine Züge ausgewogen. So schön, dass ich mich gar nicht traute, sie so lange anzusehen. Die grünen Augen waren wohl das Auffälligste und Schönste am ganzen Gesicht. Er lächelte mich an und ich senkte den Blick, weil ich mich ertappt fühlte. Ertappt dabei, nicht richtig Englisch gesprochen zu haben. Ich schämte mich dafür, und hoffte, dass er mich zumindest einigermaßen verstanden hatte.
„Ja klar, gerne. Brauchst Du denn ein Rad für die Stadt oder für die Berge?“ Es war kaum zu glauben, aber ich konnte ihn verstehen. Auch er hatte den Singsang der Frau aus dem Outdoorladen, aber nur ganz leicht. Bei ihm klang er verständlich und sehr schön. Vielleicht strengte er sich auch nur an, britisches Englisch zu sprechen, weil er wusste, dass ich Ausländerin war. Wie auch immer, ich war überglücklich und strahlte ihn an. „Beides“, antwortete ich auf seine Frage.
„Ihr Frauen wollt immer alles haben, lächelte er. „Scherz beiseite. Ich rate Dir zu einem Mountainbike. Das lässt sich auch in der Stadt fahren.“ Nach dem Pochen unter meiner Gesichtshaut zu urteilen, lief ich nach seinem ersten Satz tomatenrot an. Ich sammelte meine Gedanken und versuchte so gut wie möglich Englisch zu klingen.
„Das Problem ist, dass ich mich bei Mountainbikes überhaupt nicht auskenne.“
„Welche Art von Wegen möchtest Du fahren? Sind sie einigermaßen befestigt oder soll es quer durch den Wald gehen?“ Ich hatte keine Ahnung, was Miss Hays von uns allen abverlangen würde. Würde ich tatsächlich quer durch den Wald fahren müssen? Ich schaute mich hilfesuchend nach Stephanie um, aber sie war nicht zu sehen. Was machte sie an diesem roten Fahrrad bloß die ganze Zeit?
„Ich will in der Schule den Outdoor-Kurs machen und dafür brauche ich das Rad. Weißt Du vielleicht, was mich dort erwartet?“
„Ach so, Du bist an der Schule? Ich dachte, Du machst Urlaub in Blenheim und die Stadt langweilt Dich.“
„Ich bin aus Deutschland und bleibe für ein Jahr. Miss Hays ist die Lehrerin des Kurses. Ich mache den Einsteigerkurs bei ihr.“
„Dann sind wir auf der gleichen Schule. Ich kenne den Kurs von Miss Hays. Habe ich auch mal gemacht. Bin aber seit einer Weile im Schwimmkurs. Miss Hays fängt im Mountainbiking immer klein an. Sehr gut ausgebaute Straßen zuerst, dann steigert ihr Euch langsam. Erst gegen Ende des Jahres fahrt Ihr die richtigen Offroad-Straßen mit Wurzeln und Steinen. Insofern könntest Du guten Gewissens ein Hardtail-Rad nehmen. Da ist das Hinterrad zwar nicht gefedert, aber bei den gut ausgebauten Straßen macht das nichts aus. Das reicht völlig aus und die Preise sind auch bezahlbarer als bei den anderen Rädern.“
„Der Preis ist ein gutes Argument. Was kostet mich so ein Rad denn?“
„Das hängt stark von der Marke ab und davon, ob das Rad aus Carbon gemacht ist. Wenn das der Fall ist, dann wiegt das Rad viel weniger. Wir haben hier ein gutes Modell für…Lass mich das in Euro berechnen. Etwa 900 Euro.“
Ich schluckte. Das würde ein riesiges Loch in mein Budget reißen. Kreditkarte hin oder her.
„Das ist ganz schön teuer“, quetschte ich etwas verschämt zwischen den Lippen hervor. Jetzt dachte er, ich wäre geizig.
„Das ist es auch. Wir haben ein gebrauchtes