Die Straße der Ritter. Marlin Schenk
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Die Straße der Ritter - Marlin Schenk страница 17
„Und dagegen wird nichts unternommen?“ fragte William ungläubig.
„Sicher wird immer wieder mal ein solches Raubritternest ausgehoben und vernichtet. Aber was bringt das? Für jedes zerstörte Nest entstehen zwei neue. Die Krone hat nicht genug Geld und außerdem größere Probleme, um gewaltig gegen diese Banditen vorgehen zu können.“
„Das verstehe ich“, sagte William. „Und das ist alles dem wirtschaftlichen Gewinn zuzuschreiben?“
„Ja“, sagte Karl knapp.
„Ich freue mich auf Rhodos“, sagte William. „War nett, euch kennenzulernen.“ Damit verabschiedete er sich von den beiden, um zu Tomas und Francis zu gehen. Auf seinem Weg dorthin kam er an den Franzosen vorbei. „Bruder William“, sagte Robert de Lastic, und als William ihn anschaute, winkte er ihn herbei.
„Ja bitte?“
„Du hast dich lange mit den Deutschen unterhalten. Was ist denn an diesen Ärschen so interessant? Hör meinen Rat, Bruder: Halte dich von den Deutschen fern. Es sind Lügner und Ausbeuter. Wenn so einer 'Guten Morgen' sagt, musst du nachsehen, ob es draußen auch hell ist. Wir Johanniter sind ein heiliger, nützlicher Orden. Es ist nur schade, dass es die Deutsche Zunge gibt.“
„Könnte es nicht auch sein, dass du dich irrst, Bruder Robert, oder kennst du die beiden persönlich?“
„Ich kenne sie nicht persönlich, aber...“
„Ich wünsche dir noch einen schönen Tag“, sagte William und ging zu seinen englischen Brüdern.
9. Albrecht von Hohenstetten
Als die Schatten an Deck kürzer wurden, ließ der erste Offizier die Rationen für das Mittagessen verteilen. William bekam nicht mehr als andere auch, obwohl jeder wusste, dass er einen Kranken pflegte. Er akzeptierte den Entschluss des Kapitäns und ging mit seiner Portion unter Deck, wo Albrecht von Hohenstetten noch immer schlief. William setzte sich zu ihm und beobachtete seine Gesichtszüge. Sie spiegelten Schmerz und Albtraum wider. Trotzdem weckte der junge Engländer den Mann nicht, denn er sagte sich, dass er im Schlaf den Schmerz nicht fühlte.
William teilte seine Mahlzeit sorgsam in zwei Hälften. Das Brot war noch frisch und duftete appetitanregend. Dazu hatte er gepökeltes Fleisch, einen gesalzenen Fisch und Käse bekommen. Auch etwas Obst, Wasser und Wein hatte er erhalten. Während er Fleisch, Fisch und Käse mit dem Dolch teilte, kamen Francis und Tomas hinzu. William bemerkte sie nicht. Doch als er zu essen anfangen wollte, schoben sich plötzlich zwei hölzerne Teller vor ihn. Auf beiden Tellern lag etwa ein Drittel einer Mahlzeit. Williams Kopf fuhr herum. „Francis! Tomas! Was soll das?“
„Du kannst nicht über Wochen mit der halben Ration leben“, sagte Tomas. „Aber wenn wir unsere Rationen aufteilen, dann hat jeder genug zu essen. Nun nimm schon.“
William nahm die beiden Teller. „Ich - ich danke euch, Freunde“, sagte er sichtlich gerührt. Er strich das Essen auf einen Teller zusammen und legte seinen Anteil mit hinzu, so dass für den Verletzten eine volle Ration entstand. Auch Wasser und Wein bekam er zur Genüge.
William schaute strahlend auf den Teller und dann auf seine Begleiter. „Nochmals vielen Dank.“
„Bist'n guter Junge“, sagte Francis. Dann gingen sie wieder an Deck, und William machte sich über seine Portion her.
Während er aß, begann Albrecht zu stöhnen. Er bewegte seinen Kopf heftig hin und her und hustete. Seine Augenlider flatterten, und Schweiß trat auf seine Stirn.
William stellte seinen Teller ab und tupfte die Stirn des Verletzten mit einem Tuch. Dieser schlug daraufhin die Augen auf.
„Hast du Schmerzen?“ fragte William.
Der Mann nickte.
„Möchtest du etwas essen?“
Er nickte wieder, und William schnitt ihm das Fleisch klein und riss das Brot in Stücke. Die Teile stopfte er ihm in den Mund. Zwischendurch gab er ihm einen Schluck Wasser.
„Hast du starke Schmerzen?“
„Ja“, keuchte Albrecht.
„Lass mich noch einmal nach deinen Beinen sehen.“ William schlug die Decke zurück und begutachtete die Wunden. „Ich habe die Knochen richten können, Albrecht, und ich denke, dass sie mit ein wenig Glück wieder gerade zusammenwachsen. Die Wunde sieht sauber aus und ich will nicht hoffen, dass noch etwas passiert. Wir müssen abwarten. Die Schmerzen sind Teil des Heilvorgangs. Aber wenn sie zu stark werden, dann will ich sehen, dass ich noch mehr Wein für dich auftreiben kann, damit du ruhig schläfst.“
Der Verletzte wollte noch etwas sagen, aber als er den Mund öffnete, stopfte William Brot und Käse hinein. Albrecht hatte trotz seiner Schmerzen einen guten Appetit und konnte doch nicht viel essen, da sein Magen offensichtlich durch langes Fasten geschrumpft war. Nach einigen Bissen schob er deshalb Williams Hand zurück, die ihm weitere Leckerbissen einfahren wollte. „Es reicht, mein Freund. So voll war mein Magen schon lange nicht mehr. Wie kann ich dir nur dafür danken?“
William stellte den Teller beiseite. „Erzähl mir was von dir“, sagte er. „Was macht ein Deutscher in der Bretagne, und wie kommt ein Adliger in eine solche Lage, dass er als Bettler sein Leben bestreiten muss?“
Albrecht verzerrte sein Gesicht, worauf William ihm einen Pint Wein einflößte. Der Alkohol tat ihm sichtlich gut und linderte die Schmerzen ein wenig. Nach kurzer Zeit begann Albrecht zu erzählen. „Ich bin Ritter und gehöre dem sogenannten niederen Adel an. In dieser Eigenschaft war ich als Kämpfer für unser Land tätig, und man hat gern meine Dienste in Anspruch genommen, weil ich der beste Bogen- und Armbrustschütze bin weit und breit. Aber seit die verdammte Geldwirtschaft um sich greift wie die Pest, ist es mit unserer gesellschaftlichen Stellung und unserem Ansehen nicht mehr weit her. Vor einiger Zeit noch hat man uns als Söldner angeheuert, wenn es irgendwo brannte. Aber nun gibt es mietbares Militär, ausgerüstet mit starker Artillerie und neuesten Feuerwaffen. Niemand will mehr einen Ritter kaufen, und wenn du mich fragst, junger Freund, was sollen wir noch auf den Schlachtfeldern?“
William nickte. Albrechts Erzählung deckte sich mit Franz' Geschichte vom wirtschaftlichen Aufschwung.
„An den Höfen der Fürsten und Grafen herrscht Prunk und Macht, und wir, der niedere Adel, bekommen bei jeder Gelegenheit zu spüren, was wir doch für arme Wichte sind. Selbst den Luxus in bürgerlichen Wohnungen hat man ständig vor Augen. Man sieht täglich, wie gut es andere haben und nagt selbst am Hungertuch. Wir Ritter wären eigentlich schon längst ohne Bedeutung, hätten wir nicht 1422 das kaiserliche Privileg zur legalen Gründung von Ritterbündnissen erhalten, so dass wir als eigenständige Gruppe in manchen Gebieten noch ein wenig Macht ausüben können. 1461 gründeten wir die Böckler, aber dieser Bund allein brachte uns weder Geld noch Macht. So blieb uns nur die Möglichkeit, das Geld auf anderem Weg zu beschaffen. Wir gingen in Bayern auf Raubzug. Zunächst lief alles wie am Schnürchen. Wir verfolgten Kutschen, hielten sie an und raubten die vor Gold protzenden fetten Herrschaften aus. Auf diese Weise bekamen wir Geld und Gold, mehr als genug, und keiner konnte unserer habhaft werden. Außerdem hatten wir Macht. William, wenn du die angstverzerrten Gesichter der