Die Straße der Ritter. Marlin Schenk
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„Ich tippe eher auf gebratene Juden oder Mauren“, sagte Francis. „Zwangsgetaufte Ungläubige, die dabei erwischt werden, wie sie ihrer gotteslästernden Religion frönen, finden sich schnell auf dem Scheiterhaufen wieder, egal ob Jude oder Muslim. Erst vor kurzem hat Papst Sixtus IV eine Inquisition gestattet, um Marranos und Moriscos von der Halbinsel zu vertreiben, denn sie zerstören hier die gesamte Kultur. Sie haben ihre Finger überall drin: In Wirtschaft, Literatur, Kunst, Medizin, Astrologie, Dichtung, Musik - ich könnte noch viel mehr aufzählen. Aber seit der Großinquisitor Tomas de Torquemada, ein Dominikaner, seine Pflicht tut, herrscht Ordnung in Spanien. Man sagt, er geht mit unvorstellbarer Grausamkeit zu Werke.“
„Du weißt ja gut Bescheid“, lobte William und zweifelte im gleichen Augenblick daran, ob er es wirklich als Lob gemeint hatte.
„Hat mir ein Mann aus Sevilla auf der Fahrt nach England erzählt. In Sevilla begann die Inquisition. Aber schon nach ein paar Tagen hatte sie ganz Spanien, Kastilien und Aragon im Griff.“
„Was für ein Glück, dass keine Spanier an Bord kommen, und überhaupt, dass es in Rhodos keine spanische Zunge gibt“, sagte eine Stimme von hinten.
William drehte sich um und erkannte Robert de Lastic. „Warum?“
„Ich mag keine Spanier. Sie sind nur für eines nütze.“
„Und das wäre?“
„Sie sind gut im Aufspüren von neuen Gebieten und Inseln, die unsere Flotte dann einkassiert. Das erspart uns eine Menge Arbeit.“
„Und weil sie sich dabei wehren, deshalb hasst du die Spanier, nicht wahr, Bruder Robert?“
Tomas packte seinen Freund am Arm und sagte: „Komm, lass doch diesen Armseligen.“
„Halte du dich da raus, du Inselaffe“, keifte Robert in Tomas' Richtung. „Die Spanier sind selbst dran schuld. Warum wehren sie sich auch gegen uns? Wir Franzosen haben die größte Flotte in Europa. Dagegen haben die Meseten doch keine Chance. Wir könnten es alle einfacher haben, wenn sie die entdeckten Gebiete kampflos übergeben würden.“
„Mein Gott, hat der eine Ansicht“, sagte Francis. „Lasst uns gehen.“ Sie ließen de Lastic mit seinen Begleitern einfach stehen und entfernten sich.
„Und außerdem verbrennen sie Juden“, rief er den Engländern hinterher.
„Dieser Grünschnabel hasst einfach alles und jeden“, sagte William. „Das kann ja ganz lustig werden, wenn wir erst auf Rhodos sind und mit Brüdern, die sich gegenseitig hassen, für eine gemeinsame Sache kämpfen wollen. Was meint ihr?“
Tomas lachte und schlug seinem Freund auf die Schulter. „Da hast du Recht.“
„Keine Angst, dir passiert nichts, William“, sagte Francis. „Ich beschütze dich vor fremden Schwertern. Denk doch an unser Duell.“ Er lachte schallend. „Kommt, lasst uns gehen, Freunde.“ Er lachte immer noch, und seine Heiterkeit brach sich an den Mauern der Stadt.
William hatte in den letzten Tagen die Bedrohung vergessen, aber Francis, den er mittlerweile für einen Freund hielt, schien sich einen Spaß daraus zu machen, ihn mit der Angst zu quälen. William konnte nicht verstehen, was der Mann damit bezweckte, noch wusste er, ob Francis es wirklich ernst meinte. Er erinnerte sich an den Tag im Kanal, als er den Schwarzen Ritter auf das Duell angesprochen hatte. Francis' freundlicher Gesichtsausdruck war mit einem Mal aus dem bärtigen Gesicht verschwunden und hatte dem Hass Platz gemacht. Er meinte es also ernst. William wusste, dass er keine Erfahrung im harten Zweikampf hatte, bei dem es um Leben und Tod ging. Er kannte nur die gespielten Duelle hinter Klostermauern. Er hatte keine Chance gegen Francis, und er würde niemals so gut werden können, um das Duell zu gewinnen. Francis war ein Bär und hatte damit schon einen Pluspunkt, den William nie erreichen würde. Mit dieser Gewissheit musste er leben.
12. Erkenntnisse
Beladen mit frischen Lebensmitteln und Wasser, stachen die Galeeren am nächsten Morgen erneut in See. In den folgenden Tagen sollte der Anblick der portugiesischen Küste den Reisenden vertraut werden, denn die Schiffe entfernten sich nur um ein paar Kabellängen von festem Land, bis die Iberische Halbinsel umsegelt sein würde. Für William war diese Etappe noch zermürbender als die endlos scheinende Fahrt durch den Golf von Biscaya, denn hier war von morgens bis abends die Küste zu sehen, so dass er ständig meinte, die Galeeren müssten jeden Moment anlegen. Aber nicht nur er, auch seine Brüder, die Matrosen, ja sogar der Kapitän litten unter dem gleichen nervenaufreibenden Küstenkoller.
Ab und zu brachte das Beobachten der Lotsen ein wenig Abwechslung. Sie befassten sich mit ihrem magnetisierten Nagel, der an einer Schnur über einer Windrose baumelte. Sie lasen daraus die Fahrtrichtung ab, obwohl die Küste ihren Weg leitete. Sie würden ihr treu bleiben, bis sie eines Tages Cartagena im Mittelmeer erreichten, um Ritter aus Kastilien und Aragonien aufzunehmen. Während einer der Lotsen den Nagel betrachtete, warf ein zweiter eine Schnur vom Heck und erfasste die Geschwindigkeit, und hin und wieder ließ er ein Lot herab, um die Wassertiefe zu messen. Sie notierten alle Werte auf Schiefertafeln und übergaben diese am Abend dem Kapitän, der sie in das portulans, das Lotsenbuch eintrug.
William kümmerte sich weiterhin um Albrecht von Hohenstetten. Der Unfall lag nun schon mehr als eine Woche zurück, und die Fleischwunden um die Brüche waren gut verheilt, ohne dass Komplikationen aufgetreten wären. Die Schmerzen waren erträglich, und wenn William die Beine abtastete, erkannte er, dass die Brüche gut zusammenwachsen würden.
Albrecht nahm zu. Sein Lederwams, das ihm in Brest noch lose um den mageren Körper geflattert war, lag nun stramm an. Er hatte einen gesegneten Appetit, und William erkannte, dass er den Mann kaum von der Hälfte seiner Portion hätte ernähren können. Selbst eine ganze Portion schien für den Genesenden zu wenig zu sein.
Wenn der Schiffschirurg auftauchte, bat William ihn immer wieder, nach seinem Patienten zu sehen. Der Arzt tat es, wenn er auch anfangs nur widerwillig folgte und meinte, für freie Kost und 22 Scudi im Jahr nicht für verunglückte Wegelagerer zuständig zu sein. Später aber setzte er sogar durch, dass der ehemalige Raubritter verköstigt wurde. Die Kosten für die Krankenverpflegung wurden dem Re mitgeteilt und würden später in Rhodos ersetzt werden.
William saß bei Albrecht, der sich seit zwei Tagen aufrichten konnte, ohne unter den Schmerzen in den Beinen zu stöhnen. Er hatte sich auf einen Ellbogen gestützt und hielt Williams Hand.
„Ich habe über deine Ansichten über das Töten nachgedacht“, sagte William. „Es lässt mir keine Ruhe mehr. Jede Nacht träume ich davon.“
„Darüber hätten wir uns gar nicht unterhalten sollen“, antwortete Albrecht. „Es war dumm von mir.“
„Eine harte Welt bringt harte Männer hervor, Albrecht, und was du bist, das hat die Gesellschaft aus dir gemacht. Ich beneide dich darum.“
„Du beneidest mich, einen Mörder?“
„Ich beneide nicht Albrecht, den