Heidis Lehr- und Wanderjahre. Johanna Spyri

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Heidis Lehr- und Wanderjahre - Johanna Spyri

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und schaute ruhig zu, wie die

       Kinder, die Geißen und die Base Dete herankletterten, denn die

       letztere war nach und nach von den anderen überholt worden.

       Heidi war zuerst oben; es ging geradeaus auf den Alten zu,

       streckte ihm die Hand entgegen und sagte: »Guten Abend,

       Großvater!«

       »So, so, wie ist das gemeint?« fragte der Alte barsch, gab

       dem Kinde kurz die Hand und schaute es mit einem langen,

       durchdringenden Blick an unter seinen buschigen Augenbrauen

       hervor. Heidi gab den langen Blick ausdauernd zurück, ohne nur

       einmal mit den Augen zu zwinkern, denn der Großvater mit dem

       langen Bart und den dichten, grauen Augenbrauen, die in der

       Mitte zusammengewachsen waren und aussahen wie eine Art

       Gesträuch, war so verwunderlich anzusehen, daß Heidi ihn recht

       betrachten mußte. Unterdessen war auch die Base

       herangekommen samt dem Peter, der eine Weile stillestand und

       zusah, was sich da ereigne.

       »Ich wünsche Euch guten Tag, Öhi«, sagte die Dete,

       hinzutretend, »und hier bring' ich Euch das Kind vom Tobias und

       der Adelheid. Ihr werdet es wohl nicht mehr kennen, denn seit es

       jährig war, habt Ihr es nie mehr gesehen.«

       »So, was muß das Kind bei mir?« fragte der Alte kurz;

       »und du dort«, rief er dem Peter zu, »du kannst gehen mit deinen

       Geißen, du bist nicht zu früh; nimm meine mit!«

       Der Peter gehorchte sofort und verschwand, denn der Öhi

       hatte ihn angeschaut, daß er schon genug davon hatte.

       »Es muß eben bei Euch bleiben, Öhi«, gab die Dete auf

       »Es muß eben bei Euch bleiben, Öhi«, gab die Dete auf

       seine Frage zurück. »Ich habe, denk' ich, das Meinige an ihm

       getan die vier Jahre durch, es wird jetzt wohl an Euch sein, das

       Eurige auch einmal zu tun.«

       »So«, sagte der Alte und warf einen blitzenden Blick auf die

       Dete. »Und wenn nun das Kind anfängt dir nachzuflennen und zu

       winseln, wie kleine Unvernünftige tun, was muß ich dann mit ihm

       anfangen?«

       »Das ist dann Eure Sache«, warf die Dete zurück; »ich

       meine fast, es habe mir auch kein Mensch gesagt, wie ich es mit

       dem Kleinen anzufangen habe, als es mir auf den Händen lag, ein

       einziges Jährchen alt, und ich schon für mich und die Mutter

       genug zu tun hatte. Jetzt muß ich meinem Verdienst nach, und Ihr

       seid der Nächste am Kind; wenn Ihr's nicht haben könnt, so

       macht mit ihm, was Ihr wollt, dann habt Ihr's zu verantworten,

       wenn's verdirbt, und Ihr werdet wohl nicht nötig haben, noch

       etwas aufzuladen.«

       Die Dete hatte kein recht gutes Gewissen bei der Sache,

       darum war sie so hitzig geworden und hatte mehr gesagt, als sie

       im Sinn gehabt hatte. Bei ihren letzten Worten war der Öhi

       aufgestanden; er schaute sie so an, daß sie einige Schritte

       zurückwich; dann streckte er den Arm aus und sagte

       befehlend:»Mach, daß du hinunterkommst, wo du

       heraufgekommen bist, und zeig dich nicht so bald wieder!« Das

       ließ sich die Dete nicht zweimal sagen. »So lebt wohl, und du

       auch, Heidi«, sagte sie schnell und lief den Berg hinunter in einem

       Trab bis ins Dörfli hinab, denn die innere Aufregung trieb sie

       Trab bis ins Dörfli hinab, denn die innere Aufregung trieb sie

       vorwärts, wie eine wirksame Dampfkraft. Im Dörfli wurde sie

       diesmal noch viel mehr angerufen, denn es wunderte die Leute,

       wo das Kind sei; sie kannten ja alle die Dete genau und wußten,

       wem das Kind gehörte, und alles, was mit ihm vorgegangen war.

       Als es nun aus allen Türen und Fenstern tönte: »Wo ist das

       Kind? Dete, wo hast du das Kind gelassen?« rief sie immer

       unwilliger zurück: »Droben beim Alm-Öhi! Nun, beim Alm-Öhi,

       Ihr hört's ja!«

       Sie wurde aber so maßleidig, weil die Frauen von allen

       Seiten ihr zuriefen: »Wie kannst du so etwas tun!« und: »Das

       arme Tröpfli!« und: »So ein kleines Hilfloses da droben lassen!«

       und dann wieder und wieder: »Das arme Tröpfli!« Die Dete lief,

       so schnell sie konnte, weiter und war froh, als sie nichts mehr

       hörte, denn es war ihr nicht wohl bei der Sache; ihre Mutter

       hatte ihr beim Sterben das Kind noch übergeben. Aber sie sagte

       sich zur Beruhigung, sie könne dann ja eher wieder etwas für das

       Kind tun, wenn sie nun viel Geld verdiene, und so war sie sehr

       froh, daß sie bald weit von allen Leuten, die ihr dreinredeten,

       weg- und zu einem schönen Verdienst kommen konnte.

       Beim Großvater

       Nachdem die Dete verschwunden war, hatte der Öhi sich wieder

       auf die Bank hingesetzt und blies nun große Wolken aus seiner

       Pfeife; dabei starrte er auf den Boden und sagte kein Wort.

       Derweilen schaute das Heidi vergnüglich um sich, entdeckte den

       Derweilen schaute das Heidi vergnüglich um sich, entdeckte den

      

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