DIE NOVIZEN. Michael Stuhr

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bist. - Komm steig ein!"

      Änne ging um den Wagen herum und stolperte auf dem Grasstreifen entlang, der das Ackerland von der Straße trennte. Dann zog sie die Tür auf und ließ sich auf den Beifahrersitz gleiten. "Ich muss aber bald zu Hause sein." Sie sah auf die Uhr im Armaturenbrett, die zehn Minuten nach acht anzeigte.

      "Natürlich!", sagte der Mann und drückte den Anlassknopf. Der Sechszylinder lief so leise, dass man ihn im Wagen kaum hörte."Wir fahren nur so ein bisschen rum und du erzählst mir alles - um neun bringe ich dich dann nach Hause und rede mit deinem Vater." Der Mann legte den Gang ein und der Wagen rollte sanft an.

      "Können wir auch ein Stück Autobahn fahren?", fragte Änne und deponierte ihre Tasche im Fußraum. "So richtig schnell?"

      "Sicher", sagte der Mann. "Machen wir. - Schau doch mal auf dem Rücksitz nach, ich glaube da liegt noch was Süßes rum. - Du magst doch Pralinen, oder?"

      "Ah, da sind sie ja!" Änne hatte sich auf den Sitz gekniet und lag nun mit dem Bauch auf der Rücklehne. - Mädchen sollten keine Hosen tragen, fand der Mann, als er zur Seite schaute. Unter dem Jeansstoff zeichnete sich Ännes Figur deutlich ab; sogar die Nähte der Unterwäsche waren durch den straff gespannten Stoff zu erkennen. Der kurze Pulli war hochgerutscht und ein paar Fingerbreit heller, samtig schimmernder Haut schauten hervor.- Natürlich zog sie sich bloß so an, um die Kerle in der Eisdiele aufzugeilen. Es war zu verdammt reizvoll!

      Änne drehte sich wieder um und setzte sich. Sie war ganz auf die geöffnete Pralinenschachtel konzentriert und hatte den verstohlenen Seitenblick nicht bemerkt. "Die hier mag ich!", erklärte sie nach einigen Sekunden und zeigte auf eine helle Praline, die mit dünnen, tiefschwarzen Schokoladenstreifen verziert war. "Das ist bestimmt Nougat. - Darf ich wirklich?"

      "Sicher doch!", sagte der Mann und lächelte, als sie zugriff. - Nougat war immer der Renner. Die anderen Pralinen hätte er gar nicht zu präparieren brauchen. "Ich mag Marzipan am liebsten" erklärte er dann. "Das sind die mit der Mandel drauf."

      Der Mann trieb den 220er zügig den Weg hinab, um möglichst schnell, und vor allen Dingen ungesehen, die Hauptstraße zu erreichen.

      "Toll!", fand Änne. Sie fuhr gern Auto, vor allem, wenn es richtig schnell voranging.

      Der Mann hatte im Moment ganz andere Sorgen. Nervös schaute er in den Rückspiegel und seitlich über die Felder hinweg, aber da war niemand zu entdecken, der den Wagen hätte sehen können. Wäre da jemand gewesen, dann hätte er Änne die Pralinen weggenommen, während der Fahrt ein ernstes Gespräch mit ihr geführt, und sie als guter Freund der Familie nach einer halben Stunde zu Hause abgeliefert. Aber da war niemand, und als sie auf die Hauptstraße einbogen, war Ännes Schicksal so gut wie besiegelt.

      "Toll!", sagte Änne wieder, als der schwere Wagen wie von der Sehne geschnellt die Hauptstraße entlangschoss. Ihr Vater fuhr einen Weltkugel-Taunus mit Dreiganggetriebe, da war nicht viel zu holen. "Auf der Autobahn drehen Sie dann richtig auf, ja?"

      Der Mann nickte, während er konzentriert nach vorne sah. Der Tacho pendelte jetzt schon um die 140 km/h-Marke herum. Weit voraus tauchte auf der rechten Straßenseite ein Motorroller auf, dessen Fahrer sich weit über den Lenker gebeugt hatte. Innerhalb weniger Sekunden hatte der Mercedes ihn eingeholt und war an ihm vorbei. "Das war Harry!", rief Änne aus und drehte sich auf dem Sitz um.

      Der Mann sah in den Rückspiegel. Der Roller war weit zurück und kaum noch zu erkennen.

      "Harry ist auch öfters in der Eisdiele", erzählte Änne. "Der ist lustig - erzählt lauter Blödsinn, damit die anderen lachen müssen."

      "Hat er dich erkannt?", wollte der Mann wissen.

      "Ich glaube nicht", meinte Änne. "Wir waren viel zu schnell. - Ich habe ihn ja kaum erkannt."

      "Schade", meinte der Mann. "Was meinst du, wie der guckt, wenn du ihm erzählst, wie wir an ihm vorbeigebraust sind."

      "Der wird vor Neid ganz grün", vermutete Änne und der Mann stimmte in ihr Lachen ein. "Nimm dir doch ruhig noch eine Praline."

      "Und Sie?" Auffordernd hielt Änne ihm die Schachtel hin, die die ganze Zeit auf ihrem Schoß gelegen hatte.

      "Eigentlich esse ich beim Fahren nichts." Der Mann zog den Wagen auf die Gegenspur, um einen Traktor zu überholen. Das knatternde Geräusch des kleinen Diesels wehte kurz durch das offene Fenster herein.

      "Och!" Änne wollte die Schachtel enttäuscht zurückziehen.

      "Aber bei Marzipan kann ich eben nicht widerstehen." Er griff in die Schachtel und hob eine der Pralinen an der halbierten Mandel aus der Packung. Er mochte Süßigkeiten eigentlich überhaupt nicht, aber er hatte viel gelernt, seit er vor vier Jahren sein erstes Opfer betäubt hatte. Es hatte sich gezeigt, dass es manchmal nötig war, die Mädchen ein wenig zu animieren - ihnen Appetit zu machen - ihren Futterneid zu erregen, wie der Mann es bei sich nannte. - Also hatte er die Marzipanpralinen nicht mit Schlafmittel gespritzt, und da die meisten Mädchen genug Anstand besaßen, sich nicht an seinen erklärten Lieblingsleckereien zu vergreifen, konnte er so eventuell aufkeimendes Misstrauen schnell entkräften.

      "Gleich sind wir an der Autobahn." Der Mann sah aus dem Augenwinkel, dass Änne sich schnell noch eine dritte Praline nahm. Dann verschloss sie die Schachtel, legte sie wieder auf den Rücksitz und setzte sich für den zu erwartenden Geschwindigkeitsrausch in Positur.

      "Wenn wir wieder von der Autobahn runterfahren, sollten wir aber wirklich mal über dich reden", meinte der Mann. - Aber er verließ die Autobahn nicht an der nächsten Abfahrt, denn da war Änne bereits auf dem Beifahrersitz in sich zusammengesunken, als habe jemand einen Schalter umgelegt. Der Mann machte sich keine Gedanken deswegen. Der Rekord lag bei fünf Pralinen, und das Mädchen war noch in der selben Nacht wieder voll da gewesen. - Diese kleinen Schlampen vertrugen mehr, als man ahnen konnte.

      Änne war nach links gekippt und lehnte nun an der Schulter des Mannes, aber noch konnte man sie von draußen sehen. Die anderen Fahrer mochten sie für ein Liebespaar halten, aber so langsam begann sich der Rücken des Mannes zu versteifen, weil er ständig einen Druck nach rechts ausüben musste. Als er sicher war, dass Änne nichts mehr spürte, zog er die Schulter nach hinten und ihr Kopf glitt auf seinen Schoß. Nach wenigen Sekunden spürte er die Wärme ihrer Wange an seinem Schenkel und die Reaktion blieb nicht aus. - Aber so lief das nicht. So lief das nie!

      Der Mann sah auf die Uhr. - In etwa einer Stunde würde es dunkel sein, und gute vier Stunden brauchte er bis nach Hause. Das würde eine harte Zeit werden, aber der Lohn für seine Beherrschung würde umso größer sein.

      Der Tacho pendelte um die 150 km/h-Marke. Schneller zu fahren hatte keinen Sinn, weil die Reifen das auf Dauer nicht mitmachen würden. Ein neuer Opel Rekord tauchte im Rückspiegel auf, schob sich langsam näher und überholte schließlich. Der Fahrer sah starr geradeaus, aber der Mann merkte, wie stolz er war, einen Mercedes überholt zu haben. "Davon kannst du deinen Enkeln noch erzählen", knurrte er. Es wurde langsam dunkel. - Knapp vier Stunden noch bis nach Hause. Der Mann konnte es kaum erwarten. Flüchtig dachte er an Carstens. Sein Freund tat ihm wirklich Leid. - Geradezu tragisch, dass seine Tochter so ein Flittchen war, aber nun war es nicht mehr zu ändern.

       KAPITEL 8 - Juli 1994 - DIE LEKTION

      Gunther machte es sich zur Gewohnheit, abends für ein-zwei Stunden zu Sander hinauszufahren, aber es war nicht mehr die jungenhafte Schießwut, die ihn zu der alten Mühle trieb. Sicher - er hatte neue Patronen besorgt; in der Stadt hatten sie

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