Blutiges Freibier. Axel Birkmann

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Blutiges Freibier - Axel Birkmann

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jedem möglichen Gerücht weitere Nahrung zu geben. So hatte er zum Beispiel vor einem halbem Jahr auf dem Polizeirevier verlauten lassen, dass Alois und Melanie ein Paar wären, nur weil er sie einmal engumschlungen gesehen hatte. Das ging bis nach Erding und bis zur Staatsanwältin Lehner nach Landshut, der daraufhin nichts Besseres einfiel, Melanie Vorhaltungen über ihre Beziehung zu ihrem Chef zu machen. Nur es war nichts. Rein gar nichts. Alois machte gute Meine zum bösen Spiel und grüßte die Uniformierten herzlich, die alle vier in Lederhose und Trachtenjanker schon mit einer Maß Bier vor sich am Tisch saßen.

      »Habe die Ehre, Kollegen«, grüßte er knapp.

      Vielleicht sollte er mal eine Eingabe ins Innenministerium machen, dachte er, als er das vierblättrige Kleeblatt vor sich sitzen sah, dass die Polizisten während der Wiesen in Dirndl und Lederhose Dienst verrichten sollten. Die Lufthansa, fast alle Hotels in München und Umgebung und andere Firmen, statteten längst während dieser Tage ihre Mitarbeiter mit dieser Art Verkleidung aus.

      Sie setzen sich. Kurze Zeit später stand eine junge Asiatin vor ihnen und bat um die Bestellung. Als sie wenige Augenblicke später den Neuankömmlingen jeweils eine Maß Bier auf den Tisch gestellt hatte, konnte der Dallinger nicht seine Klappe halten.

      »Jetzt samma in einem bayerischen Bierzelt und wen hamms als Bedienung?«, brummte er grantig in sein Bierglas. »A Schlitzauge. Ja wo samma denn. Hammer denn keine Bayern, die im Bierzelt oarbeitn wolln?«

      »Ich weiß es nicht«, antworte Melanie. »Aber in den meisten Biergärten in München arbeiten doch auch keine Bayern mehr. Vielleicht gerade noch in der Paulaner Werbung. Aber in Natura. Da wird sächsisch, schwäbisch, platt und berlinerisch gesprochen.«

      »Des sogt grod di Richtige.« Dallinger lachte laut auf und prostete Melanie zu.

      »Richtig, Dallinger. Prost. Auch wenn du ein waschechter Bayer bist, leg dich niemals beim Trinken mit einer Ostdeutschen an.«

      »Da habe ich schon davon gehört.« Dallinger veränderte seine Stimme und sprach nun hochdeutsch mit Melanie. »Sie sollen ja den Burger vom BLKA böse abgefüllt haben.«

      »Das ist ja schon ewig her. Vergiss es Dallinger. Vergiss es ganz einfach.«

      Ihre letzten Worte gingen in der Lautstärke unter, die jetzt von der Bühne am anderen Ende des Zeltes herkam. Dolce Vita hatte begonnen zu spielen. Es war Dienstag, der 11. September 2013.

      Und Alois hörte zu. Er merkte es den fünf Musikern an, dass es ihnen Spaß machte auf der Bühne zu stehen, was sich schnell auf das Publikum im Freisinger Festzelt übertrug. Kurze Zeit später stand alles auf den Bänken. Melanie zog ihn plötzlich am Arm hoch und so musste auch er zum Rhythmus der Musik zuckend auf dem schmalen hölzernen Brett stehen.

      Von zünftig bayrischen Schunkelliedern, Schlagern und Evergreens über aktuelle Hits bis hin zu klassischen Rocknummern: Alles war dabei.

      Immer wieder schubste Melanie ihren Kollegen mit der Hüfte an und umschlang seinen Hals bei besonders schönen Musiktiteln. Bei dem alten Kiss-Titel »I was made for loving you, baby«, busselte sie ihn regelrecht ab. Bei einem Song, der von einem Bob handelte wiegten sich alle im Bierzelt nach den Richtungsangaben des Sängers. Links zwo drei und Rechts zwo drei. Alois konnte nur staunen über die Ausgelassenheit des Freisinger Publikums. Überwiegend Jugendliche. Vor allem hübsche Mädchen im Dirndl und ausgeschnittenen Dekolletees. Nett anzusehen. Langsam war er froh, dass er mit seiner Kluft dazu gehörte. Und je rockiger die Band aufspielte, desto ausgelassener war die Stimmung an ihrem Tisch.

      Bei einem Volksmusikstück versuchte sich Rainer Zeidler mit einem Schuhplattler. Er hieb sich mit der flachen Hand lauthals schreiend und jodelnd auf die Oberschenkel und wäre dabei beinahe von der Bank gestürzt, wenn ihn nicht sein Kollege Schurig noch rechtzeitig gehalten hätte.

      Ein Höhepunkt des Abends war sicherlich das jährlich wechselnde Showprogramm mit umgetexteten Liedern, Parodien und Darstellungen großer und bekannter Künstler und Persönlichkeiten. Die Vielseitigkeit der einzelnen Musiker war kaum zu überbieten und garantierte ein äußerst abwechslungsreiches Repertoire. Es war für Alois auch nicht weiter verwunderlich, dass die Band nun schon seit 24 Jahren in der gleichen Besetzung auftrat.

      Ein Garant für den Erfolg von Dolce Vita war nicht zuletzt das Gespür, das richtige Lied zum richtigen Zeitpunkt zu spielen. Ihr Einsatz modernster Ton- und Lichttechnik sorgte für einen angenehmen Sound und eine professionelle, ausgefeilte Lightshow.

      Mit der Kombination aus Musik, Show, Unterhaltung und Stimmung wurde Dolce Vita wieder einmal zu einem unvergesslichen Abend auf dem Freisinger Volksfest.

      Alle Rekorde gebrochen haben müsste der diesjährige Volksfestabend mit der Showband Dolce Vita. Das Bierzelt war komplett ausgebucht – an die 7.000 Besucher drängten sich an Tischen, auf den Bänken und in den Gängen. Und als der Regen einsetzte, strömten noch mehr unter die schützenden Vordächer. Nicht mehr zu toppen war auch die Stimmung: Vom ersten Song an gab’s kein Halten mehr. Und mitten drin unsere Freisinger Kommissare.

      Nach fast drei Stunden Musik, die Krüge hoch, Geschunkel und Getanze war alles vorbei. Um Mitternacht wurde das Licht im Zelt hell aufgedreht. Ordner und Bedienungen geleiteten die letzten Gäste hinaus. Die Küche war schon seit einer halben Stunde geschlossen und die letzten Maß Bier waren längst ausgeschenkt worden. Das Zelt leerte sich zügig. Die ersten Putzkräfte räumten die Tische auf, stellten die Bänke darauf und sammelten den Müll auf dem Boden ein.

      Dallinger war mit seinen Kollegen schon vor einer halben Stunde aufgebrochen. Alois, Melanie und die beiden von der Spurensicherung saßen noch. Irgendwie belämmert hockten sie am Tisch. Alois versuchte durch mehrmaliges in die Nase schnauben den Druck in seinen Ohren auszugleichen. Sie waren die letzten Stunden einer regelrechten Dauerbeschallung von weit über 100 Dezibel ausgesetzt worden. Er wollte sich gar nicht vorstellen, wie laut es vorne an der Bühne gewesen sein musste.

      Leicht irritiert starrte er in seinen leeren Bierkrug. Er war müde, hatte einen mehr oder weniger leichten Schwips. Es waren doch einige Maß gewesen und er hasste es, jetzt nach Hause laufen zu müssen.

      »Nehmen wir uns ein Taxi, Melanie, ich bin zu faul nach Hause zu gehen,« sagte er in seinen Krug.

      »Von mir aus«, antwortete sie. »Obwohl ein kleiner Spaziergang in der kühlen Nachtluft uns sicher gut tun würde.«

      »Melanie!«, flehte er müde.

      »Ist schon gut, Alois, ein Taxi, wenn wir überhaupt eines bekommen.«

      Die kleine Asiatin kam an ihren Tisch, schnappte sich die leeren Bierkrüge und sagte höflich: »Wenn ihr dann bitte auch gehen würdet, ich muss noch die Tische abputzen und morgen geht es gleich weiter. Auch ich bin müde.«

      »Ja, ja, wir gehen gleich!« Melanie stand auf, brachte mit den Händen ihr Dirndl einigermaßen in Ordnung und sagte zu den Kollegen: »Ihr habt es gehört, die machen jetzt gleich das Licht aus, lasst uns gehen.«

      »Ein geiler Abend. Lange nicht mehr so viel Spaß gehabt. Links zwo drei und Rechts zwo drei«, sang Rainer und stand auf. »Komm, Alois, pack ma’s. War doch Ends geil, oder?«

      Josef Schurig machte es seinem Kollegen nach und folgte ihm. Alois raffte sich hoch. Er blickte ein letztes Mal ins leere Festzelt. Er konnte es gar nicht fassen, wie hier gerade noch der Bär getobt hat. Tausende junger Leute auf den Bänken, geschunkelt, geschrien, gesungen und getanzt. Und jetzt war alles so ruhig.

      Seine Ohren surrten immer noch.

      Plötzlich

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