Blutiges Freibier. Axel Birkmann
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Читать онлайн книгу Blutiges Freibier - Axel Birkmann страница 6
Vor den Fässern lag ein Mensch. Er rührte sich nicht mehr. Sein Oberkörper war in ein blauweiß kariertes Hemd gekleidet. Seine Beine steckten in einer Lederhose. Und eine Jacke hatte der Mann an. Einen grauen Wolljanker. Er lag mit dem Gesicht am Boden. Seine grauen Haare waren am Hinterkopf mit Blut verschmiert. So weit Kreithmeier auf den ersten Blick erkennen konnte, hatte man dem Mann den Schädel ein geschlagen. Die Tatwaffe, ein dicker hölzerner Hammer lag direkt daneben. Ein Hammer mit dem man in Bierfässer den Zapfhahn einschlägt. Hier hatte jemand das Werkzeug voraussichtlich dazu benutzt, dem Festwirt den Schädel einzuschlagen. Am Holz klebten Blut und Haare.
Kreithmeier bückte sich über den Toten und fühlte am Hals nach dem Puls. Nichts. Der Mann war wirklich tot.
»Melanie, ruf bitte in der Haydstraße an. Wir brauchen Verstärkung. Und jemand soll die Ausrüstung für die Spurensicherung mitbringen. Der Mann ist tot. Das ist einmal klar. Und erschlagen ist er auch. Die Tatwaffe liegt ja noch daneben. Wahrscheinlich von hinten. Und rufe bitte auch Frau Dr. Nagel an. Wir brauchen Sie. Einen Notarzt benötigen wir definitiv nicht mehr. Aber einen Leichenwagen. Der Tote muss in die Pathologie ins Krankenhaus. Mehr kann ich im Moment nicht sagen. It’s Your turn, Rainer.«
Alois ließ den beiden von der Spusi den Vortritt und schlich aus dem Container.
»Sie kennen den Toten?«, wandte er sich an Frau Kasbauer.
»Ja!«, zitterte sie. »Das ist der Helmut. Der Helmut Wirth. Unser Wirt.«
Alois schaute sie etwas verwirrt an. »Der Wirt? Der Festzeltwirt?«
»Ja«, sagte sie, »unser Helmut. Unser Wirt.«
»Hat er denn auch einen Nachnamen?«
»Ja, natürlich. Wirth«, antwortete die Kasbauer schluchzend
»Ich weiß ja jetzt, dass es ihr Wirt ist. Ich möchte aber seinen Nachnamen haben«, betonte Kreithmeier.
»Den sagte ich Ihnen doch schon: Wirth.«
Alois schüttelte den Kopf, er kam bei der Frau nicht weiter.
»Ich brauche seinen vollständigen Namen. Bitte.«
»Wirth. Helmut Wirth. So heißt er. Und er ist auch unser Wirt.«
Jetzt funkte es allmählich bei Alois.
»Er heißt Wirt mit Nachnamen? Das ist aber ein Zufall.«
»Wirth mit th. Ja. Er hat einen Landgasthof. Der heißt: zu Gast beim Wirth. Helmut liebte diese Wortspielchen, die man mit seinem Namen machen konnte.«
Alois fingerte ein kleines Notizbuch aus seinem Janker. Er sah das schwarze Ding nachdenklich an. Wieso hatte er eigentlich immer so ein Notizbuch dabei, fragte er sich. War das schon eine Manie, immer bereit zu sein, für den Fall der Fälle? Immer bereit Notizen machen zu können. Er kam sich fast vor wie Colombo, der zückte auch immer sofort Bleistift und Blöckchen.
»Also Helmut Wirth mit th heißt unser Festzeltwirt.« Alois schrieb alles auf.
»Und Sie Frau Kasbauer, Resi, das steht doch für Theresa, oder?«
»Ja, aber alle nennen mich Resi.«
»Na gut, dann Resi. Was machen Sie denn hier so?«, fragte er.
»Ich bin hier sozusagen die gute Fee«, lachte sie verlegen.
Alois wollte gerade etwas sagen, da bemerkte er Unruhe in der Gruppe, die immer noch im Küchenbereich unschlüssig herum stand und die Beamten bei ihrer Arbeit beobachteten. Der Grund dafür waren mehrere Uniformierte, die hinter Polizeihauptwachtmeister Dallinger mit stechendem Schritt durchs Bierzelt schritten.
Bevor Resi Kasbauer antworten konnte, hatte sich Kreithmeier kurz von ihr abgewandt und schritt den Kollegen entgegen.
»Dallinger, und auch noch in Uniform. Das ging aber schnell. Du bist doch gar nicht im Dienst.«
»Das lasse ich mir doch nicht entgehen, einen Toten im Bierzelt. Das haben wir noch nie gehabt.«
Zwei seiner Kollegen preschten hervor und stellten mehrere Leichtmetallkoffer vor den Kühlcontainer, Rainer Zeidler und Kollege Schurig direkt vor die Füße.
»Hier ist eure Alchimistenausrüstung«, blökte Dallinger. »Und was sollen wir derweil tun?«
»Ihr riegelt vorerst das Zelt ab«, klärte ihn Kreithmeier auf. »Lasst niemanden hinein und niemanden heraus. Und vor allem die Presse. Obwohl es mitten in der Nacht ist, werden die Geier bald einfliegen. Solange wir nichts Genaues wissen, kein Wort zu den Medien. Und diesmal Dallinger, pass auf deine Männer auf. Sie verplappern sich gerne. Kein Wort. Und dann soll jemand mal die Personalien dieser reizenden Gesellschaft an Personen mit Migrationshintergrund aufnehmen.«
Alois Kreithmeier deutete auf die Gruppe internationaler Mitarbeiter, die sich immer noch neugierig an der Zeltwand herum drucksten.
»Und fragt sie, ob sie was gesehen haben. Die meisten sprechen Deutsch. Ansonsten holt euch einen Dolmetscher.«
»Für Vietnamesisch, Kisuaheli und Arabisch?«, fragte Dallinger den Kommissar sichtlich erstaunt.
»Wenn es denn sein muss. Ja! Und überprüft die Arbeitspapiere, Gesundheitszeugnis und so weiter.«
»Geht klar, Herr Kommissar«, salutierte Dallinger mit der Hand an der Hosennaht. »Wer ist eigentlich der Tote, sag?«
»Höchstwahrscheinlich der Wirt.«
»Der Wirth? Der Helmut?«
»Kennst du ihn denn?« Kreithmeier zog die Augenbrauen hoch.
»Ja, natürlich, der hat doch in der Hallertau so einen netten Landgasthof. Da waren wir schon des Öfteren am Sonntag zum Schweinsbraten. Zum Gast beim Wirth heißt er. Gute bayrische Küche. Davon gibt es nicht mehr so viel. Vernünftige Preise und einen wunderbaren Biergarten mit Kinderspielplatz.«
»Und wer bringt so einen rechtschaffenen Mann um?«, fragte Kreithmeier mechanisch.
»Der Helmut hatte auch Neider. Immer, wenn du ein gutes Geld machst, hast du auch Neider.«
»Da haben wir beide ja richtig Glück.«
»Wie kommst denn darauf?«, fragte Dallinger.
»Wegen dem guten Geld. Das haben wir ja wohl nicht.«
»Da hast auch wieder Recht«, lachte Dallinger kurz auf. »Also machen wir uns an die Arbeit.« Er drehte sich um, steckte Daumen und Zeigefinger in den Mund und pfiff kräftig. Alle seine Mannen standen sofort um ihn herum und hörten andächtig seinen Worten zu. Dallinger teilte ein und gab Anweisungen.
Alois sah ihm kopfschüttelnd zu, dann wandte er sich wieder Frau Kasbauer zu.
»Entschuldigung. Können wir uns irgendwo hinsetzen, wo wir beide nicht gestört werden«, fragte er sie höflich.
»Gehen wir in eine der Boxen. Da sind wir