Blutiges Freibier. Axel Birkmann

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Blutiges Freibier - Axel Birkmann

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er, »der Dallinger kümmert sich um die Leute hier im Zelt und um die Pressegeier. Bleibst du bitte hier und wartest auf Frau Dr. Nagel. Sie müsste auch bald erscheinen. Und dann befrage mal diesen Schwarzen. Der steht dort in der Gruppe. Der Große da.«

      Kreithmeier zeigte mit dem Arm auf den Hendlbrater. Der Anvisierte bemerkte es und winkte der Kommissarin zu. Dabei öffnete er seinen Mund zu einem Lachen. Eine breite Reihe weißer Zähne blitzten im Lampenlicht. Weiß wie aus einer Zahnpasta Werbung. Nur dass es keine Werbung mit einem Schwarzen gibt.

      »Und warum?«, wollte Melanie wissen.

      »Weil ich glaube, dass der mehr weiß, als es zunächst den Anschein hat. Er spricht bestes Bayrisch.«

      »Dann brauche ich wohl einen Dolmetscher«, lachte sie.

      »Du wirst es verstehen. Ich bin sicher, der kann auch Hochdeutsch. Und ist der Tote tatsächlich der Festzeltwirt?«

      »Ja, er ist es. Zu allem Überfluss heißt er auch noch mit Nachnamen Wirth. Wirt mit th. Was für ein Zufall.«

      »Ich weiß. Die Kasbauer hat es mir erzählt«, sagte er. »Ich habe etwas länger gebraucht, es zu verstehen. Ob Zufall oder nicht. Sein Schädel ist auf jeden Fall nicht aus reinem Zufall gespalten worden. Das hat jemand mit Absicht gemacht.«

      »Und unsere Aufgabe wird sein, das herauszufinden. Auf jeden Fall hat der Täter die Mordwaffe am Tatort zurück gelassen.«

      »Du sprichst von einem Täter? Wie kommst du darauf? Könnte es nicht auch eine Täterin gewesen sein?«

      »Ich glaube eher nicht«, sagte Melanie. »Der Hammer wiegt 1,5 Kilogramm und der Täter muss mindestens gleich groß gewesen sein. Rainer meint, der Wirth ist im Stehen erschlagen worden. Das zeigt ihm die Aufschlagstelle der Mordwaffe. Näheres werden wir erst wissen, wenn die Gerichtsmedizinerin ihre Arbeit getan hat. Ich denke, es war ein Mann. Und er muss ziemlich sauer auf den Toten gewesen sein, dass er mit aller Kraft so auf ihn eingeschlagen hat.«

      »Wo hat er denn die Tatwaffe her?«, wollte Alois von ihr wissen.

      »Im Biercontainer lag sie wohl nicht herum. Der Täter hat sie von der Schenke mitgenommen. Da liegen mehrere zum Anzapfen der Fässer. Das ist wohl noch Tradition in Bayern. Jedes Fass wird einzeln angezapft. Große Biertanks sind wohl uncool.«

      »Doch, doch, diese Stahltanks gibt es. Auch auf der Wiesn. Auf der Wiesn schenken sie nur noch das Augustiner Bier aus Holzfässern aus. Und nicht aus den Edelstahlbomben wie hier. Ein hölzernes Oktoberfest-Anstichfass wiegt in etwa so viel wie ein ausgewachsener Hirsch. Deswegen nennt man es sich auch einen Hirschen. Jedes Fass wiegt über 300 Kilogramm und fasst 200 Liter Bier. Aber leider ist auch hier die Bierschenke mit einem Biersilo auf Rädern verbunden.«

      »Und diese Edelstahlfässer. Für was sind dann die hier?«, fragte Melanie.

      »Fürs Weißbier, als Reserve und für die Schenken vor dem Zelt und für die Holzhütten.«

      »Und was wollte der Wirth dann hier?«, wollte sie weiter wissen.

      »Das ist es, was wir herausfinden müssen. Und vor allem, wer mochte ihn nicht. Also ich kümmere mich um die Frau, die den Toten gefunden hat. Du kümmerst dich um die Spusi und dass der Dallinger mit seinen Jungs keinen Scheiß baut.«

      Kreithmeier drehte auf dem Absatz um und geleitete Frau Kasbauer aus dem Küchenbereich zurück ins Festzelt in eine der Boxen, wo er ungestört seine Befragung fortsetzen konnte. Er setzte sich ihr gegenüber und sah sie eindringlich an. Eine Frau, die den Zenit ihres Lebens längst überschritten hatte. Ihre Tätigkeit in der Gastronomie hatte Spuren hinterlassen. Er schätzte sie zwischen 55 und sechzig ein. Ihr Gesicht war blass und hatte wenig Falten, das lag eher an ihrem Übergewicht, als an schlechter Luft und dem Ausschluss von Sonnenlicht. Ihre füllige Körpermasse hatte sie in ein Dirndl gezwängt und ihr Busen war für seinen Geschmack zu stark eingepresst, denn er versuchte bei jeder Bewegung oder jedem Atemzug gefährlich aus dem oberen Teil herauszuspringen.

      Für Kreithmeier war sie das bildhafte Beispiel einer typischen Bierzeltbedienung, wie es nur noch wenige gab. Sie zogen mit den Bierzelten von Volksfest zu Volksfest, arbeiteten am Tag mehr als 12 Stunden und verdienten in einer der Woche so viel Geld, wie er in 6 Wochen. Dafür schleppten sie stundenlang schwere Bierkrüge und teures bayerisches Fastfood an die Biertische. Ein Berufszweig, der am aussterben war. Jetzt rückten jungen Frauen aus den neuen Bundesländern nach. Studenten und Studentinnen. Und hier in Freising, wie er selbst am Abend beobachten konnte, Gastarbeiter aus dem Rest der Welt: Südamerika, Asien und Afrika.

      Wie sollte ein Urbayer bei einem farbigen Immigranten aus der Elfenbeinküste oder Somalia eine Maß Bier bestellen, dazu ein Hendl vom Grill mit Riesenbrezn. Eigentlich undenkbar. Das wäre ja genauso, als wenn er selbst in einem afrikanischen Traditionsrestaurant in einem Sari bedienen und den Gästen die einheimischen Getränke und Gerichte empfehlen müsste.

      »Was wollen’s denn alles von mir wissen?«, wurde Kreithmeier aus seinen Gedanken gerissen. Er zuckte zusammen, dann sah er auf seinen Notizblock, auf dem noch nicht viel eingetragen war und schaute sein Gegenüber wieder forschend an.

      »Sie sind also Frau Theresa Kasbauer?«

      »Des wissens doch schon. Mich könnens aber gerne auch Resi nennen. So nennen mich alle hier.«

      »Gut Frau Kasbauer. Jetzt erzählen Sie mir mal bissel was über sich. Sie haben den Toten gefunden. Wie war das denn? Und langsam bitte, ich möchte mir ein paar Notizen machen.«

      Frau Kasbauer atmete tief ein. Ihr Brustkorb hob sich an und die obersten Knöpfe ihres Dirndls spannten sich unter der Bewegung. Doch sie hielten. Sie atmete aus und sagte langsam und deutlich und letztendlich auf hochdeutsch: »Ich mache immer am Ende meinen Rundgang. Wenn die Bierschänke und die Küche geschlossen sind, dann gehe ich alles noch einmal ab.«

      »Warum?«, fragte der Kommissar.

      »Weil ich mich auf die Mitarbeiter nicht verlassen kann. Wir arbeiten seit einiger Zeit mehr mit Aushilfen als wie mit Festangestellten. 400 Hundert Euro Kräfte. Mei, i sag Ihnen, die meisten können nicht mal richtig deutsch. Und wenn Feierabend ist, dann rennen sie alle sofort nach Hause. Und lassen alles stehen und liegen.«

      »Und Ihr Chef, der Herr Wirth?«

      »Der macht meistens die Buchhaltung, eine Kurzinventur, die Bestellung für den nächsten Tag und seine Lieblingsbeschäftigung, er zählt das Geld. Dann ordert er den Geldtransporter«, sie lachte auf, »es wäre a bisserl viel Geld, um damit einsam im Dunkeln durch die Luitpoldanlage zu laufen.«

      »Von wie viel Geld reden wir denn?«

      »Schon weit über zweihunderttausend Euro. An Tagen wie heute sogar bis zu dreihunderttausend.«

      Kreithmeier pfiff durch die Zähne. Eine stolze Summe für einen Abend.

      »Das Geld ist aber alles noch da, oder?«

      »Das Geld ist im Safe im Büro und wartet auf die Protectas«, antwortete sie beflissen.

      »Gut weiter. Sie haben also Ihren Rundgang gemacht und dann?«

      »Ich habe gesehen, wie die Tür zum Bierlager offen stand. Und es brannte Licht. Das war mir verdächtig. Dann habe ich reingeschaut. Und da lag er.«

      »Wieso verdächtig?«, hakte

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