Der alte Mann und das Haus. Roland Exner
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Roland Exner
Der alte Mann und das Haus
Jahrzehnte zu Unrecht in der Psychiatrie, Flucht – und die Sehnsucht zu Hause zu sterben
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Inhaltsverzeichnis
Ein Gespenst
Elke Meusel stellte die schwere Einkaufstasche auf den matschnassen Weg, schüttelte die Schneeflocken aus ihren langen, kastanienbraunen Haaren, nahm die Tasche wieder in die Hand und schleppte sich weiter bergauf. Das weite Maintal konnte man in dem dämmrigen Schneetreiben nur ahnen, aber Elke hatte jetzt sowieso keinen Blick dafür; sie wollte schnell nach Hause. Das Anwesen der Klübers war das größte des kleinen fränkischen Dörfchens Trieb, es lag etwas außerhalb, Richtung Lichtenfels, zur Karolinenhöhe hin. Ein schöner zweigeschossiger Fachwerkbau mit geschwungenen Andreaskreuzen, auf jedem Stockwerk der Frontseite vier Fenster, und nochmals zwei Fenster in dem steilen Walmdach, eingefügt in eine weitgeschwungene Fledermausgaube.
Als Elke den Hof erreichte, schob sie das große hölzerne, mit Schmiedeeisen beschlagene Tor auf; endlich fand sie ein wenig Schutz vor dem feuchtkalten Wind.
Der geräumige quadratische Hof war von allen Seiten umbaut: Die etwa zwei Meter hohe, aus Feldsteinen zusammengesetzte Mauer mit dem Tor im Süden, auf der Westseite das Haus und der geräumige Hundezwinger. Im rechten Winkel hierzu, also auf der Nordseite, die alte, zum Teil umgebaute Scheune und Maschinenschuppen, im Osten die Stallungen, und dahinter, außerhalb des Hofes, große alte Obstbäume. Vom Wohnhaus – am besten natürlich von den Dachfenstern aus, aber, mit Einschränkungen, auch vom ersten Stock aus - konnte man nach Osten hin auf den tiefer liegenden Ortskern von Trieb sehen, aber auch teilweise, soweit die Scheune den Blick freigab, Richtung Norden aufs Maintal.
Die Klübers bewohnten von dem großen Haus eigentlich nur das Erdgeschoss, das aus sehr alten Mauern bestand, große Feldsteine mit einem Gurtgesims, in das die Zahl "1588" eingemeißelt war; der Fachwerkbau war offensichtlich erst viel später auf die alten Mauern gebaut worden.
Elkes Wohnung war im ersten Stock, mit dem gerade beschriebenen schönen Blick auf die Landschaft.
Sie hatte nun das Schmuckstück des Hauses erreicht - die Eingangstür mit dem herrlichen Rundbogen, der mit tiefer Kehle und Rundstäben profiliert war. In der Küche brannte schon Licht. Sie suchte nach den Schlüsseln, fand sie aber nicht, immer das gleiche; sie stellte die Tasche ab und begann zu suchen. Plötzlich hielt sie inne... war da nicht gerade der Schatten eines Menschen in der Scheunentür aufgetaucht? Von den beiden Klübers war es keiner, sie waren in der Küche.
Unsinn, dachte sie.
Sie hatte ihre Mantel- und Hosentaschen abgesucht; wahrscheinlich war der Schlüsselbund, wie schon einmal vor zwei Wochen, tief unten in der Einkaufstasche.
Also musste sie sich mit den Händen ganz nach unten durchwühlen. Doch kaum hatte sie damit begonnen, schnellte sie nach oben. War da nicht wieder dieser Schatten... Ein Schatten mit einem weißen Bart… Konnte sie in diesem dämmrigen Schneegestöber überhaupt ihren Sinnen trauen? Zumal sie auch sehr erschöpft war. Lächerlich! Wer sollte da wohl in der Scheune sein? Sie bückte sich wieder zur Tasche; endlich fand sie die Schlüssel. Bevor sie aufschloss, schüttelte sie sich heftig, diesmal nicht nur wegen der nassen großen Schneeflocken.
Dieses