Dezember - Adventsgeschichte. Michaela Leicht
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Vor einigen Jahren zum Beispiel konnten nur eine Verlängerung der Frist sowie eine zweite Chance für ihn und seine Schutzbefohlenen eine Katastrophe vermeiden. In letzter Minute haben die beiden Schützlinge ihre Liebe doch noch entdeckt und in den jeweils anderen gefunden.
Dann etwas später, ein oder zwei Jahre nach bereits erwähnten Vorfall, haben sich seine Schützlinge in total unvorhergesehene Kandidaten verliebt. Es kam, als das „Jahr von Räubers Katastrophe“, in die Geschichtsbücher der Abteilung. Über dieses Jahr sprach er verdammt ungern, am liebsten gar nicht.
Und wieder durfte er so einen vertrackten Auftrag ausführen. Irgendjemand schien ihn sehr zu hassen oder besonders zu mögen. Keine Ahnung. Aber mittlerweile fiel es auf.
Ein lauter Hüsteln drang durch seine Gedankengänge. Scheinbar waren hier nicht einmal die Gedanken privat, denn sein Boss sah ihn mit zusammengekniffenen Augen und hochgezogener Augenbraue an (sofern man bei Hunden von Augenbrauen spricht).
OH – ups ... schnell dachte er an eine weite Wiese, wo er genüsslich an einen Baum pinkelt.
Na, der Gedanke schien dem Boss auch nicht zu gefallen, denn ein vorwurfsvolles „Muss das sein?“, schlich sich in seinen Kopf, flog wie kleine Sprechblasen über die weite grüne Fläche, auf die er eben noch so genussvoll gepinkelt hatte.
Kann ein Hund rot werden?
„Räuber, jetzt im Ernst! Du bekommst zwei sehr nette und, jeder für sich, auch händelbare Schützlinge – sie passen perfekt zueinander – nur wissen sie es halt noch nicht. Und da kommst du wieder ins Spiel.“
Sein Boss setzte sich auf die große zottelige Kehrseite, nahm eins der langen behaarten Hinterbeine und kratzte sich genießerisch hinter dem Ohr.
„Und was ist, wenn sie aufeinandertreffen? Ein bisschen himmlisches Pfefferspray? Schon schauen sie sich verliebt in die Augen ... Lieben sich ein Leben lang, schwören ewige Treue, sehen nie wieder andere an ....“, leise grummelte er in seinen Bart „... so eine Verschwendung ...“
Fast sah es so aus, als würde sich der große Hund vor ihm verlegen am Kopf kratzen.
„Naja, so einfach wird es leider nicht ... Tu mir einen Gefallen – lerne sie kennen, beobachte sie jetzt die nächsten Tage und mach dir einen Plan! Aber einen – der dieses Mal funktioniert!“ Pfatsch – autsch – da war er – der Seitenhieb. Etwas bedröppelt starrte er auf den Boden, ja, er hatte doch recht ... Aber er würde es überleben.
„Habe ich eine Deadline?“ Er war einfach doch professionell, ließ sich nichts von dem kleinen Schwachpunkt anmerken.
„Natürlich – der 24.12. - gibt es da Fragen? Sie müssen zusammen an einem Weihnachtsbaum sitzen! Und es muss dieses Jahr funktionieren – wir verlieren sonst unsere Glaubwürdigkeit!“
„Wir?“ Räubers Einwurf war frech. Sehr frech, denn ein Knurren, tief und nicht freundlich, drang aus dem Bernhardiner.
„Natürlich wir! Denkst du, wir leiden nicht auch unter Budgetkürzungen“, seine Stimme nahm einen resignierten Klang an. Der Boss stieß ein gefrustetes Prusten aus.
„Halt dich ran, ich weiß, dass du das kannst!“
Na prima, welch Motivation. Schon bei dem Gedanken verwandelte sich der große Hund vor ihm, wieder in eine ätherische, von innen leuchtende, körperlose Lichtgestalt.
Räuber schüttelte sich kurz, kratzte sich mit der Vorderpfote über die Augen und trotte zu dem letzten noch offenen freien Schalter.
1. Dezember Jessica
Irgendwo in einer mittleren Großstadt in Deutschland
Oh man! Jedes Jahr das Gleiche. Weihnachten kommt doch immer so unverhofft.
Nun, wenn man ehrlich zu sich selbst ist, natürlich nicht.
Nur als Jessica heute früh die Augen aufgemacht hatte und der Radiowecker ihr ein fröhliches Weihnachtslied in die Ohren schrie, wollte sie sich am liebsten die Decke zurück über den Kopf ziehen und sich verkriechen. Boar – musste es schon wieder soweit sein.
Zu allem Überfluss wurde der Tag auch nicht besser. Im Büro lief ein Rundschreiben ein, eine Erinnerung an die so sehr beliebte Weihnachtsfeier. In jeder Kaffeepause sprachen die Kolleginnen nur noch von dem Fest. Was sie anziehen wollten und wer, wen zum Wichteln gezogen hatte.
Das, fand Jessica, war der perfekte Zeitpunkt, um sich still und heimlich aus dem Raum fortzustehlen. Ihr war es gelungen, sich erfolgreich vor dem Griff in den Lostopf zu drücken. So konnte sie auch der Feier ungehindert fernbleiben. Ein genialer Schachzug.
Leider nicht genial genug.
In ihrem Büro räumte sie ihre Unterlagen gerade zusammen, um sie zum Abheften und Katalogisieren zu schaffen. Den Stapel Akten in der Hand ging sie auf die Tür zu, griff nach der Klinke.
Die Türklinke schon berührt, wurde sie ihr mit elanvollem Schwung aus der Hand gerissen. Reflexartig wollte sie doch noch nach ihr greifen, da fielen ihr, ihre gesamten Unterlagen zu Boden. Dutzende von Zetteln landeten weit verteilt auf dem weichen Teppich.
„Huch“, das erschreckte Wort rutschte ihrer Teamkollegin Sabine heraus. Sie sah auf die verstreuten Belege und verzog entschuldigend ihr Gesicht.
„Oh – Jessica, das tut mir leid!“ Gleichzeitig bückten sie sich, stießen beinahe noch mit den Köpfen zusammen, und begannen die Zettel aufzusammeln.
„Halb so wild! Das kann schon mal passieren. Was kann ich für dich tun?“ Damit kniete sie sich zu ihr und sie sammelten alles ein.
Fein säuberlich gestapelt überreichte Sabine ihr die Unterlagen.
„Ich wollte dich an die Weihnachtsfeier erinnern!“ Die ausgestreckten Hände von Jessica begannen leicht zu zittern. Hätte sie doch vorhin nicht daran gedacht. Sie schien es heraufzubeschwören oder zumindest anzuziehen.
Dieses Getue um die Weihnachtszeit.
Scheinbar dachten alle, jeder muss ständig Weihnachtslieder singen und lustige kleine Hüte tragen wollen. Die nächsten Worte ließen sie frösteln. „... und dich noch in den Lostopf greifen lassen! Das hätten wir beinahe verschwitzt!“ Innerlich stöhnend, verzog sie ihr Gesicht zu einer, sie hoffte wirklich freundlichen Grimasse.
„Ähm – wie nett!“ Ihre Stimme tropfte vor Sarkasmus. Gleich musste sie wieder intensiv lächeln. Zu freundlich und gezwungen wie nötig.
„Stimmt etwas nicht?“ Oh je, vielleicht war es doch eine Spur zu viel gewesen. Ihr leicht dahingeworfenes „Warum?“, schien Sabine aufhorchen zu lassen. „So viel Zynismus?“, fragte sie nach.
„Ach