Oskar trifft die Todesgöttin. Jörgen Dingler
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Solltest du ihr immer noch etwas antun wollen, kommt der b ö se Oskar, der sogar Kali gekillt hat und tritt dir mit Anlauf in den Arsch! Capisce?
Der böse Oskar steckte die Walther in den Hosenbund, nahm seine Hände vors Gesicht… und heulte. Alles fiel von ihm ab. Und Kali sollte auch ein paar Tränen davon abbekommen. Auch ihr sollte ein Teil des emotionalen Ausbruchs gelten. Sie hatte es mehr als verdient. Und jetzt musste er nach ihr sehen. Ruckartig den Kopf schüttelnd bemühte er wieder den emotionalen Neustart des Systems. Er zog seine Waffe aus dem Hosenbund. Sicher ist sicher! Als sich nach vorn begeben wollte, hörte er das Röhren eines Sportwagenmotors. Der Wagen bremste sich ein, der Motor verstummte. Oskar lief zum hinteren Ende der Regale, in Richtung der Empore, blieb unterhalb der Metalltreppe, die zur Schaltzentrale hinaufführte, diesem Baucontainer artigem kleinen Haus im großen Haus. Er linste zwischen den Treppenstufen nach vorn in Richtung Eingang. Im Dunkel unterhalb des Überbaus konnte man ihn unmöglich sehen. Die Eingangstür wurde aufgerissen. Kurz danach klickten die Neonröhren, flackerten, summten, erleuchteten schließlich die Halle.
»Hay alguien aquí?«, hörte er eine vertraute Stimme auf Spanisch rufen.
Warum war Christine ebenfalls in Barcelona? Konnte sie die Erledigung eines höchst anspruchsvollen Jobs ebensowenig wie Greg aus der Ferne abwarten, als der seinerzeit in Zürich nach dem Rechten sehen musste?
Was tun, sprach Zeus. Sollte sich Oskar aus der Deckung begeben? Er beschloss, erstmal abzuwarten.
»Ach du Scheiße!«, hörte er Christine nun auf Deutsch ausrufen.
Sie war geschockt. Klar. Wenn es einen riss, war man wieder zuhause. Back to the roots, auch sprachlich. Sie musste die auf dem Boden liegende Kali entdeckt haben. Kunststück. Kali musste unweit des Eingangs liegen. Sehr weit konnte sie mit ihrer Turneinlage nicht mehr gekommen sein, als Oskar sie quasi ‚airborn‘ erwischt hatte. Er hörte einen Karton über den Boden schleifen, geschäftiges Rascheln, Stöhnen – Christine arbeitete. Wuchtete sie Kalis Leiche in einen der großen Pappkartons? Kein rühmliches Ende für eine enge Vertraute, erst recht nicht für die beste Killerin aller Zeiten. Andererseits: Wie sollte eine prominente Modedesignerin erklären, warum die Leiche der berüchtigsten Auftragsmörderin in ihrem Lagerhaus lag? Wenn auch kein Normalbürger von der Existenz einer Kali wusste, so waren doch offizielle Stellen schon mit ihren Taten konfrontiert worden. Spezialeinheiten der Polizei musste die Killerlegende ebenso zu Ohren gekommen sein, wie den besseren von Kalis Berufskollegen. Christine wühlte noch immer, wieder ein Schleifgeräusch. Dann war es ruhig. Oskars hoffte, dass sie sich wieder verziehen würde. Hoffte, dass das zierliche, aber kräftige Persönchen genug Kraft hatte, den Karton mit der Leiche rauszuschaffen und dann auf Nimmerwiedersehen verschwand. Er wartete gebannt wie vergeblich.
Warum öffnete sie nicht die Tür, um nachzusehen, ob die Luft rein war, ob sie Kali schon herauszerren konnte? Oder würde sie den Karton mit den sterblichen Überresten einer Superkillerin erstmal irgendwo im riesigen, unübersichtlichen Lagerhaus verstecken, bis der große starke Jean-Pierre dann die Entsorgung übernahm?
»Oskar, bist du noch hier?«
Nun zischte Oskar in seinem Versteck ein leises ‚Ach du Scheiße‘.
»Falls ja, komm raus!«
Vierunddreißig.
Barcelona, Juli 2011
Die Frage, was er tun sollte, hatte sich erledigt. Die Frau, die er liebte, befand sich im selben Raum. Die Frau, die er auch laut Kali verloren hatte. Ein Urteil aus berufenem Munde, weil Kali eine Vertraute Christines war.
Und nun war Kali tot. Oskar hatte die beste Killerin aller Zeiten zur Strecke gebracht, was Christine soeben gemerkt hatte. Dem geschäftigen Rascheln und Zerren nach, hatte sie Kalis Leichnam in einen der zahlreichen großen Pappkartons verfrachtet. Christine ging allem Anschein nach davon aus, dass Oskar nicht nur dafür verantwortlich war, sondern sich eventuell auch noch hier befand. Oskar verharrte in seinem Versteck, hatte die Lippen leicht geöffnet und starrte mit aufgerissenen Augen durch die offenen Stufen der Metalltreppe nach vorn. Er hörte das näherkommende Klackklack ihrer Highheels. Sie durchschritt einen der langen Gänge, war auf dem Weg zum Kontrollhäuschen, also auf dem Weg zu ihm.
»Oskar!!! Oskar???«, hörte er sie rufen. Sie konnte nicht mehr weit sein.
Weswegen sollte er rauskommen, falls er noch da sein sollte? Wäre das professionell? Wohl eher nicht. Wäre ja noch schöner! Damit sie ihn für den Mord an ihrer Freundin und Vertrauten zur Rechenschaft ziehen und gleich abknallen konnte. Oskar ging davon aus, dass Christine nicht nur einen Waffenschein besaß, sondern – wie mit allem Technischen – auch exzellent mit Waffen umzugehen verstand. Wahrscheinlich war sie sogar bewaffnet, hier und jetzt. Und er sollte rauskommen. Hielt sie ihn für so dumm oder für so verliebt oder beides? Christine war am Ziel. Sie blieb wenige Meter vor dem Aufgang zur Empore stehen und blickte sich um. Oskar trat etwas zurück, weiter in die Dunkelheit unterhalb der Empore. Sie stand wenige Meter direkt vor ihm und sah ihn nicht. Als ob sie ahnte, dass Oskar nicht mehr weit sein konnte, senkte sie ihre Stimme und rief nicht mehr so laut wie zuvor.
»Oskar? Bist du noch da?«
Das klang sogar irgendwie verletzlich, fast trostsuchend. Es war wieder… einfach nur niedlich, Beschützerinstinkte weckend. Und es verfehlte auch hier nicht seine Wirkung. Wie gesagt: Die Frage, was er tun sollte, hatte sich erledigt. Er war genauso dumm und verliebt, wie sie glauben musste, um eine derart naive Erwartung an ihn zu adressieren.
Oskar huschte mit einer schnellen seitlichen Bewegung hinter der Treppe hervor und schritt dann langsam auf sie zu. Das Neonlicht nahm ihn mit jedem Schritt mehr ein. Er blieb vor ihr stehen und blickte sie schweigend an. Die Walther hatte er hinten in den Hosenbund geklemmt, wahrscheinlich eine unnötige Verschleierung. Hoffentlich nur unnötig und nicht auch noch gefährliche Sekundenbruchteile kostend, wenn‘s drauf ankäme.
Untersch ä tze niemals niemanden!
Kali lag zwar tot in einer Pappkiste, aber auch eine Christine Vaarenkroog war ein ganz besonderes Kaliber. Und gefährlich. Oskar wartete auf eine Eröffnung. Da kam sie.
»Ich dachte mir, dass du noch da bist«, gab sie von sich und sah ihn mit einer Mischung aus Ernst und Nachdenklichkeit an.
»Hörte sich ganz danach an, dass du das dachtest.« Er scannte sie, hatte sie bereits genau beobachtet, als er noch in seinem Versteck war. Sie trug keine Waffe… augenscheinlich. Wozu auch? Ihre großen Augen waren schon genug Waffe – wie ihr ganzer Anblick. Die Elfe wirkte unwiderstehlich wie eh und je, obwohl sie für ihre sonstigen Maßstäbe geradezu harmlos gekleidet war: enges weißes T-Shirt, nicht wirklich enge, eher bequeme, gerade geschnittene, verwaschene Jeans. Darunter cognacfarbene Stiefeletten oder Boots mit nicht annähernd