BonJour Liebes Leben .... Rose Hardt
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Und während der restlichen Autofahrt wurde ihr ganz allmählich bewusst, dass er nicht nur in ihrem Kopf wieder aktiv war, sondern heftig an ihre Herzenspforte klopfte.
Kurze Zeit später parkte sie den Porsche – der zu Gustavs Lebzeiten, neben seinen Affären, zu seinem Lieblingsspielzeug gehörte – in der Garage. Nachdem die Wagentür mit einem sonoren Klack ins Schloss gefallen war, blieb sie einen Moment neben dem sportlichen Gefährt stehen. In Gedanken sieht sie Henning um den Porsche gehen, sie sieht, wie seine bewundernden Blicke langsam über den Wagen gleiten und zu guter Letzt bei ihr, mit einem Augenzwinkern, enden. „Tzzz … gute Partie“, zischte sie erneut, dann trat sie einen Schritt zurück und dachte, eigentlich ist der Porsche viel zu groß, zu protzig und in Anbetracht der Tatsache, dass sie gerade eben geblitzt wurde, auch viel zu schnell für sie, außerdem hatte sie immer das Gefühl, dass der Wagen mit ihr fuhr und nicht sie mit ihm. Sie sollte ihn verkaufen. Ja! Entschlossen wandte sie sich von dem Hochgeschwindigkeits-Geschoss ab und ging mit festen Schritten ins Haus.
„H a l l o … ich bin wieder d a a a!“ rief sie in die Eingangshalle, was, wie sie jetzt empfand, eine völlig überflüssige Handlung war. In all den Jahren in denen sie hier lebte war es ihr zur lieben Gewohnheit geworden ihr Kommen anzukündigen und immer kam von ihrer Schwiegermama Frida ein freudiges Hallo zurück, doch seit ihrer Demenzerkrankung schien die Begrüßung in der Halle auf eine verlorene, ja einsame Welt zu treffen. Für einen Moment hielt sie inne, bewusst ließ sie nun die Umgebung auf sich wirken. Doch mit einem Male schien ihr alles fremd, das sonst so Vertraute war meilenwert von ihr entfernt. Irgendetwas war mit ihr geschehen. Aber was? War es der endgültige Abschied von Gustav? Hatte der Gedanke an ein neues Leben nun auch ihrem Umfeld ein neues Gesicht verpasst? Oder war es die Begegnung mit Henning? – Nein, auf gar keinen Fall. Eine Frage die sie sofort wieder verdrängte. Erneut ließ sie ihren Blick durch die prunkvolle Eingangshalle schweifen. Meine Güte wie groß der Eingangsbereich war, alles, das ganze Drumherum war seit Gustavs Tod eigentlich viel zu groß für sie und die achtzigjährige kranke Frida. Mein Gott, die arme Frida! Was wird nur aus ihr? Wenn sie Gustavs letzten Willen nachgekommen wäre, so wäre sie schon längst in einem Pflegeheim – nein, korrigierte sie sich, es war eine Seniorenresidenz mit integriertem Pflegeheim – darauf hatte ihr Sohn besonders großen Wert gelegt. Für seine Mutter nur das Beste! Aber wie auch immer, sie brachte es einfach nicht übers Herz sie dort hin zu bringen, sie abzuschieben wie einen Gegenstand der unbequem wurde, sie hatte ihr schließlich viel zu verdanken.
Mitten in ihre Gedankengänge drang unvermittelt Fridas Stimme.
„Ich hab‘ dich gesehen!“, rief sie in einem singenden Ton. Im nächsten Moment stand Frida neben Charlotte, tippte ihr mit dem Zeigefinger mehrmals auf den Oberarm und sagte: „Ich hab’s genau gesehen!“, danach sah sie sich verstohlen um legte den Zeigefinger auf ihre Lippen und flüsterte: „pssst … ich kann schweigen wie ein Grab“, dann trippelte sie zur Terrasse.
Obwohl Charlotte genau wusste, dass Frida seit Wochen schon nicht mehr unbeaufsichtigt aus dem Haus gehen konnte, ja, sie nur noch in ihrer eigenen Welt unterwegs war, machte ihr diese Aussage ein schlechtes Gewissen. Im nächsten Moment zog vor ihrem geistigen Auge das Bild von Henning und ihr vorüber – sie beide, vor Gustavs Grab. Stopp! Warum macht dir das ein schlechtes Gewissen? Die Antwort hatte sie gleich parat: Weil die Begegnung mit Henning sie wieder an die Liebe, an das Leben erinnerte.
Dann plötzlich ein gellender Aufschrei von Frida!
Ihren tiefgründigen Gedanken abrupt entrissen, lief Charlotte sogleich dem Schrei hinterher.
„Sieh doch! … So sieh doch!“, empörte sich Frida „sieh nur!“ Aufgebracht zerrte sie an Charlottes Arm, „so sieh doch was dieser Kerl getan hat!“ Ihre Stimme und ihre Lippen bebten vor Aufregung und schon im nächsten Augenblick packte sie Charlotte bei der Hand und zog sie über die Terrasse zum Garten.
„Sieh nur … sieh!“ Frida ließ ihre Hand los, trippelte in kleinen Schritten – wie sie es in letzter Zeit öfters tat – zum Buchsbaum, blieb erstaunt stehen und sagte enttäuscht: „Sieh nur was der Kerl im grünen Anzug getan hat!“ Im selben Moment schlug sie die Hände vors Gesicht und weinte. Nein, es war kein Weinen, sondern vielmehr ein wimmern.
Charlotte ging zu ihr hin, legte tröstend den Arm um ihre Schulter und fragte: „Aber was, was um alles in der Welt hat WER denn getan?“ sie verstand ihre Empörung nicht.
Entsetzt sah Frida sie an, dann verwies sie mit ausgestrecktem Arm auf den Buchsbaum, „er, der Mann hat ihm den Kopf abgeschnitten! Sieh doch!“ In kleinen Schritten umrundete sie das Bäumchen, blieb stehen und sagte enttäuscht: „Sieh nur … auch diese Dings, diese Dinger …“ das fehlende Wort ergänzte sie indem sie ihre Arme anwinkelte und wie ein Vogel flatterte „…auch sie sind weg! Er war doch immer ein Piepmatz.“ Unvermittelt erhob sie ihre Stimme und rief flehend: „Er, dieser Kerl im grünen Anzug – mit dem Kerl meinte sie den Gärtner der wöchentlich kam – darf nicht mehr kommen, hörst du?“, Tränen kullerten unaufhaltsam über ihre Wangen.
Jetzt erst verstand Charlotte was sie ihr mitteilen wollte, ihr wäre es womöglich noch nicht einmal aufgefallen, da sie zu sehr mit sich selbst beschäftigt war. Behutsam nahm sie Frida in ihre Arme, wiegte sie und sagte: „Wir machen einen neuen Vogel aus ihm, das verspreche ich dir.“
Nach einer Weile löste sie sich aus ihren Armen, sah sie befremdlich an, blickte zum Himmel und sagte ganz sachlich: „Es wird dunkel … Gute Nacht“, dann ging sie in normalen Schritten, ganz ohne zu trippeln, ins Haus zurück.
Mein Gott, ihre Demenz wird von Tag zu Tag schlimmer und es war beängstigend wie heimtückisch diese Krankheit ihren Geist zerstörte. Charlotte hörte noch wie Lilo, die gute Seele des Hauses, Frida in Empfang nahm und mit ihr in ihr Schlafgemach ging. Gustav hatte Lilo, kurz nachdem er von ihrer Krankheit erfahren hatte, für ihre Betreuung eingestellt – worüber sie ihm mehr als dankbar war. Ja, im Planen und Organisieren war er unschlagbar. Kurz dachte sie darüber nach, ob seinem Augenmerk je etwas entgangen war – nein, nichts, stellte sie fest! Sein ganzes Leben war bis ins kleinste Detail durchstrukturiert, auch die Menschen um ihn herum hatten alle ihre festen Plätze und hatten sich an seine Regeln zu halten. Diejenigen die sich daran hielten wurden dafür auf großzügige Weise belohnt, doch, wenn jemand seine Regeln zu boykottieren versuchte, konnte er mitunter sehr unangenehm werden. Sie hatte das sehr schnell begriffen, denn als Gegenleistung war es ihr vergönnt ein Leben in Luxus führen. Ein Leben in Luxus! Und dann fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Großer Gott, nie hattest du ein eigenes Leben, du hattest es vor Jahren, aus Bequemlichkeit gegen den Luxus – gegen all das hier eingetauscht. Und während ihr Blick über die Rückseite der alten Villa Grafenberg schweifte resümierte sie ihr Leben. Mein Güte, es gibt Momente, da besitzt das Vergangene eine so ungeheure Kraft, dass man glaubt, das Gegenwärtige hätte keine Berechtigung und das Zukünftige keine Chance mehr.
Gerade sah sie noch wie in Fridas Zimmer das große Licht gelöscht wurde, lediglich warf die kleine Nachttischleuchte ein dämmriges Licht in den Raum. Gleich wird sie – so wie jeden Abend vor dem Einschlafen – den alten Plattenspieler betätigen und Musik hören. Kaum zu Ende gedacht perlten auch schon leise Klänge durch das halboffene Fenster. Vor ihrer Krankheit passte sie die