BonJour Liebes Leben .... Rose Hardt
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу BonJour Liebes Leben ... - Rose Hardt страница 6
„Ja, meine Liebe, du bist jetzt …“ er lachte kurz auf, „wie soll ich’s formulieren …“, fürsorglich tätschelte er ihre Hand, „so ganz ohne männlichen Schutz, und solche Individuen, wie diese, diese Lilo“, sagte er abwertend, „sind bekannt dafür, dass sie ihre Grenzen überschreiten. Gerade aus meinem Berufsalltag könnte ich dir so einige Geschichten erzählen und die, die nahmen kein gutes Ende.“
„Lieber Ludger, was würde ich nur tun, wenn ich dich nicht hätte“, spöttelte Charlotte wobei sie ihm ihre Hand entzog.
„…dann würde es uns richtig gutgehen“, ergänzte Frida laut. Sie reckte ihren Kopf hinter der Zeitung empor, sah sich suchend um und rief: „Lilo, wo ist mein Sohn?“
Lilo kam herbeigeilt, „Frau Frida, was ist denn los?“
„Haben Sie meinen Sohn gesehen? Wo ist er?“
„Ihr Sohn? Aber da ist doch ihr Sohn!“
Alle sahen zu Ludger.
Doch Frida schüttelte energisch den Kopf, „nein das ist nicht mein Sohn … das ist nur der Besuch und der, der möchte gehen!“ Mit Nachdruck legte sie die Tageszeitung auf den Tisch, schenkte Ludger noch einen strafenden Blick und trippelte anschießend davon.
„Aber Mutter … ich bin doch auch dein Sohn!“, echauffierte er sich. „Ich bin doch Ludger! Ja kennst du mich denn nicht mehr?“ Sichtlich enttäuscht, dass seine eigene Mutter ihn nicht mehr erkennen konnte wurde er blass um die Nase.
Mittlerweile war Lilo auf Frida zu gekommen um sie zu beruhigen: „Alles ist gut Frau Frida wir werden gleich einen Spaziergang zum Friedhof machen, und bei der Gelegenheit besuchen wir Ihren Sohn“, ergänzte sie hämisch grinsend. Während sie sich bei der alten Dame unterhakte sagte sie schnippisch: „und der Besuch geht wann er will! Nicht wahr Herr Grafenberg“, anschließend warf sie triumphierend den Kopf in den Nacken.
„Eine äußerst impertinente Person“, knurrte Ludger in den Bart, „aber so was von …“ wobei die Blässe in seinem Gesicht entschwunden war, stattdessen glühten nun seine Ohren vor schäumender Wut.
Und obwohl auch er ihr Sohn war, so schien Frida ihn, aus welchen Gründen auch immer, aus ihrem Langzeitgedächtnis verbannt zu haben. Vielleicht war es damit zu begründen, dass Gustav der Erstgeborne war und sie ihr ganzes Leben, bis auf einige kurze Ausnahmen, unter einem Dach wohnten – aber wer weiß das schon! Vielleicht erinnerte er sie auch nur an ihren verstorbenen Mann, beide trugen nicht nur die gleichen Vornamen, sondern ihr Äußeres war von frappierender Ähnlichkeit.
Wie auch immer, jedenfalls bei Ludgers Anblick, hatte Charlotte sichtlich Mühe nicht laut aufzulachen.
„Wenn Gustav noch am Leben wäre, so hätte er diese Lilo längst rausgeschmissen“, fügte er zähneknirschend an.
„Ach … Gustav … Gustav! Gustav ist nicht mehr unter uns“, unterbrach sie ihn empört, „und nur, dass du es weißt, ER gehört ab sofort der Vergangenheit an – Punkt!“
Für diesen Ausspruch erntete sie einen strafenden Blick. „Also ich muss mich doch sehr wundern, Charlotte“, dein Mann ist gerade mal ein Jahr unter der Erde und du …“
„… ja! Er ist seit einem Jahr mausetot und ich, ich lebe!“ Um jetzt keine Diskussion vom Zaun zu brechen, sagte sie: „Ich denke, mein lieber Ludger, wir sollten ins Büro gehen, da kannst du dir die verdammten Unterlagen raussuchen“, fügte sie genervt an. Ohne eine Antwort abzuwarten stand sie auf und ging schnurstracks zu Gustavs Büro.
Er folgte ihr wie ein gehorsamer Dackel, „duuu Charlotte, wie du weißt, handle ich nur in guter Absicht …“
Unvermittelt blieb Charlotte stehen, „ja ja … ist schon gut. Ich weiß, dass du deinem Bruder versprochen hast auf mich aufzupassen, das hast du bereits des Öfteren erwähnt …“ mitten im Satz stoppte sie, denn ihr war durchaus bewusst, dass sie ohne Ludgers Hilfe – zumindest was die finanzielle Seite anging, ganz zu schweigen von der komplizierten Rentenabwicklung – aufgeschmissen gewesen wäre, dann fuhr sie fort: „mein lieber Ludger, ich bin dir wirklich sehr, sehr dankbar, dankbar für alles was du nach seinem Tod für mich getan hast, das darfst du mir gerne glauben, aber …“ dann hielt sie kurz inne um ihre Worte sorgfältig auszuwählen, denn sie wollte ihm keinesfalls vor den Kopf stoßen oder ihn gar vergällen, „sieh mal, im Trauerjahr war ich nie wirklich alleine. Immer war jemand da … mal ganz abgesehen von Frida. Doch jetzt brauche ich etwas mehr Zeit für mich. Verstehst du? Ich muss meinem Leben wieder einen Sinn geben. Ich muss es neu ordnen!“
Auch wenn er sie mit seinem berühmt-berüchtigten Dackelblick, ganz so als ob er kein Wässerchen trüben könnte, ansah, so lauerte im Hintergrund ein listiger Fuchs, der nur darauf wartete im richtigen Moment zuzuschnappen. Für einen Moment überlegte er, was sie gerade gesagte hatte dann antwortete er: „Meine liebe Charlotte, das verstehe ich durchaus, aber …“
„… ohne Wenn und Aber“, stoppte sie ihn, und mit dieser resoluten Antwort öffnete sie die Tür zum Büro. Muffige abgestandene Luft schlug ihnen entgegen. Seit Gustavs Ableben war sie nur noch selten hier im Raum, wenn, dann höchstens um einige Papiere rauszuholen oder um vielleicht mal die Rollläden hochzuziehen. Es wird Zeit einige Dinge zu entsorgen, dachte sie, mit diesem Gedanken riss sie das Fenster sperrangelweit auf. Während sie die eindringende Luft einatmete sagte sie: „Du weißt in welchem Ordner die Unterlagen sind?“ Was für eine überflüssige Frage! Die zwei Brüder hielten wie Pech und Schwefel zusammen. Sie wussten alles voneinander – oder? Wusste er auch über seine Affären Bescheid? Ein Gedankengang, der ihr sogleich über die Lippen sprudelte: „Sag‘ Ludger, hattest du immer von den Affären deines Bruders gewusst?“
Worte, die ihn wie Wurfgeschosse am Kopf trafen, fast wäre ihm beim Aufprall die Kinnlade runtergefallen, doch im letzten Moment blies er die Backen auf und beim Ausatmen sagte er: „Weißt du Charlotte, das war …“
„… ganz anders als ich denke! Ich weiß“, beendete sie seine Ausrede barsch, „gib dir keine Mühe, Einzelheiten interessieren mich eh nicht. Ich möchte nur eine ehrliche Antwort von dir.“ Mit großen Augen sah sie ihn erwartungsvoll an.
Verlegen schlug er die Augenlider nieder, blies nochmals die Backen auf, und während er die Luft ausblies nuschelte er, „jaaa … aber ich habe ihm immer gesagt, dass ich das nicht für gut finde …“
„So hast du das?“
„Jaaa! Wie oft habe ich zu ihm gesagt, dass ich dich für eine wunderbare Frau halte und du das nicht verdienst“, achselzuckend fügte er noch an, „was sollte ich denn tun, er war mein älterer Bruder und gegen Ratschläge – wie du selbst weißt – immun!“
Wieso konnte sie ihm das nicht glauben? Jedenfalls hatte ihre Frage ihn sichtlich in Verlegenheit gebracht, er vergrub die Hände tief in seinen Hosentaschen und unter seinem Jackett konnte man die Windungen seines Oberkörpers sehen, gerade so, als wäre ihm seine eigene Haut zu eng geworden. Nein sie gab ihm keine Antwort mehr, stattdessen ließ sie ihn, samt seinem schlechten Gewissen, alleine. Für Charlotte war die Untreue ihres verstorbenen Mannes längst kein Thema mehr. Die letzten Jahre ihres Ehe-Lebens hatte sie in dem Bewusstsein verbracht die Betrogene zu sein. Sie hatten sich, wie es so schön heißt: über die Jahre zusammengerauft, die dunklen Beziehungszeiten gemeistert und sich irgendwann arrangiert! Ja, und daran gab es nichts mehr