Die schlechtesten Geschöpfe. Lechyd Zdravi

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Die schlechtesten Geschöpfe - Lechyd Zdravi

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Steffi langsam bockig wird, ist normal, sie ist ja dreizehn. Aber Andy ...? Kommt das bei Jungs später oder so?«, fragte Martina irritiert.

      »Nein, Jungs zicken nicht so rum. Was hat der denn? Man könnte meinen, er war pikiert, weil ich einen Rock anhabe. Ich trage doch öfters Röcke. Oder bekomme ich langsam Krampfadern? Ist es nicht gemein, dass man immer so einen Scheiß kriegt, wenn man über vierzig ist?«

      »Hat er dir wirklich auf die Beine gestarrt?«

      »Ja! Aber leider nicht so, wie ich das gerne hätte«, lachte Gila. »Er guckte, als ob mir da gerade eine riesige Spinne drüberlaufen würde. Irgendwie entsetzt und angeekelt.«

      »So hat er heute auch geguckt, als ich ihm das mit dem One-Night-Stand in der Kneipe gesagt habe. Ob der unter die Moralapostel gegangen ist? Auf einmal?«

      »Ist vielleicht nur eine Phase. Oder Hans hat doch Kontakt mit ihm und eine Menge Scheiße über dich erzählt. Und über mich auch. Der hat doch damals jedem die Schuld gegeben, er war das arme, unschuldige Opfer seiner Spielsucht. Weißt du nicht mehr?«

      »Ja, stimmt. Aber irgendwie ... habe ich das Gefühl, dass er mich verachtet oder so was. Und nicht erst seit heute. Vielleicht hätte ich ihm doch sagen sollen, wie das damals mit seinem Papa war. Aber für ihn wäre das nicht schön, er hängt so an Hans. Soll er lieber weiter mir die Schuld geben.«

      «Nee, das ist falsch! Er ist jetzt erwachsen. Er kann die Wahrheit verkraften.«

      »Naja ... vielleicht hast du recht ...«

      »Geh schnell hoch und erzähle es ihm. Ich muss sowieso den Wein wegbringen.« Mühsam erhob sich Gila und wankte zum Badezimmer.

      Martina stand ebenfalls auf. Gila vertrug nach wie vor sehr wenig Alkohol. Bald schon würde sie zu lallen beginnen, albern werden und auf der Couch einschlafen, wenn sie noch ein Glas trank.

      Martina ging die Stufen hoch und blieb kurz vor dem Zimmer ihrer Tochter stehen. Die Tür war mit einem großen »One Direction« Poster bedeckt. Nun, immerhin verdeckte es die Macken im Holz der alten Tür. Martina hatte damals ein Michael Jackson Poster gehabt. Sie fühlte sich uralt, wenn sie Steffis Poster ansah. Die Jungs darauf waren alle so jung. Und sie kannte keinen davon. Es war wohl ein Zeichen, dass man alt wurde, wenn einen die Boygroups und musikalischen Vorlieben der Kids nicht mehr interessierten. Es war auch ein eindeutiges Zeichen, dass Martina den Zugang zu Steffis Welt verlor. Statt Märchenbüchern und Puppen hielten jetzt die Jungs Einzug. Nette Milchbubis mit glatten, weichen Gesichtern. In welchen ihre Tochter wohl verliebt war?

      Bei Steffi lief der Fernseher, aber leise. Martina runzelte die Stirn. Es war schon halb elf, aber vielleicht war Steffi beim Fernsehen eingeschlafen. Das passierte recht oft. Martina hob die Schultern und näherte sich dem Zimmer ihres Sohnes, direkt gegenüber. Seine Tür schmückte ein Bushido-Poster. Sie hob die Hand, um zu klopfen, erstarrte aber, als sie leise eine sehr merkwürdige Musik vernahm. Eine klagende Stimme, arabisch, untermalt von leisem Gequäke. Was hörte sich Andy denn da an? Sie drückte ihr Ohr gegen die Tür und erstarrte, als sie Andys Stimme leise, aber unverkennbar, mitsingen hörte. Noch etwas unbeholfen klang es, aber ihr Sohn gab sich große Mühe, die schwierigen, fremd klingenden Laute genau zu imitieren.

      Martina richtete sich mit klopfendem Herzen auf. Ohne darüber nachzudenken, öffnete sie die Tür.

      Andy saß vor seinem Computer. Der Bildschirm war die einzige Lichtquelle im Raum. Er starrte gebannt auf ein Youtube Video, bei dem arabische Worte, in lateinischen Buchstaben, durch das Bild liefen. Darunter waren deutsche Untertitel zu sehen. Martina entzifferte noch die Worte »... dass sie die Bewohner des Feuers sind.« Da fuhr Andy auf seinem Bürostuhl herum, und schrie wütend: »Raus hier!«

      Erschrocken zog Martina die Tür zu und flüchtete.

      »Nanu? Das ging aber schnell!« Gila hatte es sich wieder auf der Couch bequem gemacht.

      Martina beachtete sie nicht, ging zum Barschrank, und goss sich mit zitternden Händen einen Whisky ein.

      »Tina? Was ist denn?« Erstaunt sah Gila zu, wie ihre Freundin das Glas auf einen Zug leerte. Dann kam Martina wieder zurück, und ließ sich in ihren Sessel fallen.

      »Du ... du glaubst das nicht! Der guckt sich da oben Koranvideos oder dergleichen auf YouTube an!«

      »Oh ... nun ja, damit muss man sich heutzutage befassen bei so vielen Muslimen, wie wir im Land haben.«

      »Aber ... Er hat mitgesprochen!«

      »Ja ...? Na ja, ist ja auch nur eine Religion wie jede andere.«

      »Meinst du?«

      »Ja, na klar! Vielleicht etwas strenger als das Christentum, aber so rücksichtslos, wie sich heute alle verhalten, fände ich etwas mehr Moral gar nicht schlecht. Es glaubt doch kaum noch einer an Gott.«

      »Das schon. Durch die Aufklärung ... Früher war ein Blitz der Zorn Gottes, heute ist er nur noch eine elektrische Entladung. Alles ist erklärbar geworden. Die Menschen brauchen eben keinen Gott mehr. Aber dass Andy sich für so etwas interessiert ...«

      »Vielleicht durch die Medien? Oder hat er in der Schule früher Freunde gehabt, die ihn dafür interessiert haben könnten?«

      »Ja, schon. Der eine Typ, Metin, das war ein guter Freund von ihm. Ist jetzt Imam in einer Moschee oder so was. Der war letzte Woche hier ... oder war es vorletzte? Ist ja auch egal. Der war mir sehr unsympathisch. Trug eine bullige Hose und eine Art langes Nachthemd, ein Käppi auf dem Kopf, Vollbart - und das in seinem Alter! Das sah vielleicht aus! - und als Andy ihn mir vorstellen wollte, sagte er kein Wort zu mir, sah mich nur einmal kurz eiskalt an und ging dann mit Andy nach oben. Glaubst du ... dass die beiden da oben über den Islam geredet haben?«

      »Worüber sollte der denn sonst mit ihm plaudern? Über das Wetter? Mach dir nichts draus. Klingt nach einem ganz Traditionellen, die sind eben etwas konservativer gekleidet als wir.«

      »Aber deswegen muss er mich doch nicht so ansehen, als wolle er mir den Kopf abreißen!«

      »Nimm‘s nicht so tragisch. Dass du dich so kleidest, mögen die eben nicht. Du kannst es dir ja auch leisten, bei deiner Figur. Und so ein tolles Dekolletee muss man einfach zeigen!«

      »Danke, Süße.«

      »Weißt du, ich habe jemanden kennengelernt ... er ist aus Ägypten. Manche sind noch etwas altmodisch, aber er nicht, sagt er. Er hält nicht viel davon, so zu leben. Er ist modern eingestellt und sein Glaube bedeutet ihm nicht so viel. Du siehst, es gibt solche und solche.«

      Martinas Gesicht erhellte sich. »Echt? Das wurde aber auch mal Zeit! Wie alt ist er denn?«

      »Dreiunddreißig. Ja, okay, ich weiß ... ich bin sieben Jahre älter. Aber das ist ja nicht so viel. Und das Alter ist auch nur eine Zahl. Er meint, in seinem Land wären die Frauen so langweilig und geldgierig. Er findet mich toll. Ich habe die schönsten Augen der Welt.« Gila kicherte albern.

      »Hast du den im Urlaub aufgegabelt?«

      »Ja. Er ist Kellner in dem Hotel, wo ich war. Seit ich wieder hier bin, halten wir Kontakt über das Internet.«

      »Na, das klingt ja nett.«

      »Ich soll im Herbst wiederkommen, sagt er. Ich spare mir das jetzt zusammen. Hey! Willst du nicht mitfahren? Dann zeige ich ihn dir!«

      Martina winkte ab. »Solange Andy hier noch wohnt, ist das schlecht. Da

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