kleine Ewigkeit. H. Loof
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Читать онлайн книгу kleine Ewigkeit - H. Loof страница 6
„Bitte folgt mir, Sie werden schon erwartet.“, und mit diesen Worten machte der Diener sich daran Kilian durch die Gassen zu den Unterkünften von Gideon zu führen.
Die Gassen waren zu dieser Stunde menschenleer und Kilian beschlich ein ungutes Gefühl bei den Gedanken, was oder wer in den dunklen Ecken hocken konnte. Die kleine Gruppe aus dem Kirchendiener, Kilian und zwei Leibwachen schritt zügig durch die verlassenen Straßen. Das wenige Licht wurde durch die einzige Fackel erzeugt, die der Diener bei sich trug. Der Schnee ließ die nähere Umgebung trotzdem hell erscheinen. Nur außerhalb des begrenzten Lichtkreises der Fackel war es tiefschwarz und ließ Raum für die wilden Fantasien von Kilian.
Nach kurzer Zeit hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie standen vor einer großen roten Tür und der Kuttenträger klopfte kräftig dagegen. Es dauerte nicht lange, bis sich die Tür öffnete und ein weiterer Kirchendiener in brauner Kutte ihn willkommen hieß. Es war offensichtlich, dass Kilian hier schon sehnsüchtig erwartet wurde. Im Inneren angekommen, genoss Kilian erstmal die Wärme, bevor er sich daran macht seinen Mantel abzulegen, um ihn einem Diener zu geben. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit dem Kirchenmenschen zu, der ihn hergeführt hatte.
„Wer kann mir über die Geschehnisse Auskunft geben?“
„Der ehrwürdige Priester Jaap. Er erwartet sie schon im ehemaligen Arbeitszimmer vom Großinspektor Gideon.“
Der Kirchendiener deutete an, dass er ihm folgen sollte und ging auch gleich vorweg.
So schnell geht das. Es ist schon das ehemalige Arbeitszimmer von Gideon und in einer Woche wird es nur noch das Arbeitszimmer sein, dachte Kilian missmutig.
Er fand es wirklich unangenehm daran erinnert zu werden, dass auch sie sterblich waren. Und zum x-ten Mal nahm er sich vor vorsichtig zu sein. Bisher hatte es auch gut geklappt, schließlich war er einer der ältesten Mitglieder des inneren Zirkels und dieser bestand nur aus Jungmenschen. Viele Mitglieder hatte er schon überlebt und dieser letzte Fall zeigte ihm erneut, dass die ewige Jugend nicht unbedingt das ewige Leben hieß.
Der Raum, in den Kilian geführt wurde, war für seine Ansprüche ziemlich kärglich eingerichtet. Immerhin hatten die wenigen Möbelstücke Stil. Neben dem verzierten Stuhl stand der Priester in seiner traditionellen Tracht und wirkte sichtlich nervös. Nach der formellen Begrüßung fing er auch gleich an Kilian von dem Vorgefallenen zu berichten, wie eine Frau zu Gideon geführt wurde und diese dann allein im Zimmer mit ihm den Mord begangen hatte. Kilian selber hörte nur am Rande zu und schaute sich gründlich im Zimmer um. Auf dem Boden gab es einen riesigen und ein paar kleinere Flecken von getrocknetem Blut. Auf dem Tisch lag ein Loyalitätsdolch an dem die Spieße zwar herausragten, der aber trotzdem seine Funktion offensichtlich nicht erfüllt hatte. Kilian kramte ein Taschentuch hervor, um sich nicht die Hände schmutzig zu machen und hob den Dolch an. Dieses kleine, fiese Meisterwerk faszinierte ihn immer wieder. So ein Dolch sah im Ruhezustand wie ein normaler Dolch aus. Erst durch den Druck auf den Griff kamen mehrere Stacheln am Griff herausgeschossen und bohrten sich dann in die Hand. Dieser Loyalitätsdolch war offensichtlich benutzt worden. Der Griff und auch die Spitzen waren blutverschmiert. Gideon musste wohl seiner Mörderin diesen Dolch angeboten haben und diese hatte ihn wahrscheinlich ergriffen und damit Gideon getötet.
Welche unglaubliche Selbstkontrolle muss die Frau besitzen, dachte er anerkennend.
Bisher hatte er noch von keinem Fall gehört, dass jemand den Dolch ergriffen hatte und ihn dann auch noch verwenden konnte. Im Normalfall gibt es nur einen lauten Aufschrei vor Schmerzen, wenn sich die Dornen in die Hand bohren und der Dolch wird sofort fallengelassen.
Er legte das Mordwerkzeug wieder beiseite und fragte den Priester: „Wie hat sie ihn getötet?“
„Wir fanden den Großinspektor mit durchgeschnittener Kehle vor.“, erwiderte Jaap unterwürfig.
Kilian machte sich in Gedanken eine Notiz immer außer Reichweite zu stehen, falls jemand mit einem Loyalitätsdolch getestet werden sollte.
„Sind die Dornen vom Dolch vergiftet?“
„Nein Herr“
„Warum hat er die Frau zu sich kommen lassen?“, fragte Kilian weiter, während er durch den Raum schlenderte.
„Das weiß ich leider nicht Herr. Wir wissen nur, dass ein Mann und eine Frau von Gideons Leibwache hergebracht wurden. Der Mann wurde noch am Abend in einem Gefangentransport weggebracht und die Frau wurde zu Gideon geschafft.“
„Hm, dann holt mir die Leibwächter, ich will mit ihnen sprechen!“, sprach Kilian schon etwas angesäuert.
In Gedanken hielt er den Priester schon für unfähig, da die Leibwächter nicht hier waren, wurde aber durch die Antwort von Jaap eines Besseren belehrt.
Der Priester nahm eine noch unterwürfigere Haltung ein, bevor er antwortete: „Das ist leider unmöglich. Der eine Leibwächter ist auch von der Frau ermordet worden und der andere hat den Gefangenentransport begleitet.“
Was für ein verdammter Mist, dachte Kilian im Stillen.
„Nun gut, wo sollte der Gefangenentransporter denn hinfahren und wann kann ich mit dem anderen Leibwächter sprechen?“
Die Haltung von Jaap wurde nun noch demütiger. Er erinnerte schon beinahe an ein Kriechtier.
Kann es noch schlimmer kommen?, fragte sich Kilian sofort in Gedanken.
„Den Zielort wissen wir nicht. Aber das ist auch nicht wichtig. Der Hauptmann hat gleich nachdem Gideon tot aufgefunden wurde, ein paar Männer hinterhergeschickt.“
Der Priester machte eine Pause und es wurde deutlich, wie schwer es ihm viel weiterzusprechen.
„Die Kutsche wurde gefunden. Es waren alle tot bis auf den Leibwächter und dem Gefangenen. Die beiden sind verschwunden.“
„Gibt es noch mehr schlechte Nachrichten?“, fragte Kilian in einem undefinierbaren Ton.
„Nun ja, Die Frau wurde noch nicht gefunden und ein Suchtrupp hat sich bisher auch noch nicht zurückgemeldet.“, das Gesicht von Jaap sah wirklich gequält aus, als er das sagte.
Kilian lief eine Weile stumm durch das Arbeitszimmer und versuchte die Situation von allen Seiten zu durchdenken. Nur gab es eigentlich nicht viel zu durchdenken. Im Grunde hatten sie eine völlig aus dem Ruder gelaufene Situation. Er zählte noch mal in Gedanken alle Punkte zusammen.
1. Gideon ist tot. Getötet mit seinem eigenen Loyalitätsdolch.
2. Von der Mörderin und auch dem Gefangenen fehlt jede Spur.
3. Alle Zeugen sind weg oder tot.
4. Sie hatten es geschafft einen Gefangentransport zu überfallen und die Wachen zu töten.
5. Es wird auch noch ein Suchtrupp vermisst.
Entweder hatten sie es mit mächtigen Gegnern zu tun oder sie hatten hier Verräter, z.B. den verschwundenen Leibwächter oder die beiden hatten einfach nur unwahrscheinliches Glück. Er wusste es einfach nicht.
Wie sollte er in dieser