Dutzendgeschöpfe. Katia Weber

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Dutzendgeschöpfe - Katia Weber страница 2

Автор:
Серия:
Издательство:
Dutzendgeschöpfe - Katia Weber

Скачать книгу

sich auf dem Jeansstoff zwischen ihren Füßen gebildet hat.

      Es hilft alles nichts.

      „Tja“, flüstert sie, „dann werde ich wohl mal saubermachen.“

      Als sie den Toilettendeckel anhebt, um das zusammengeknüllte Klopapier in die Schüssel zu werfen, läuft die blassgelbe Flüssigkeit zu beiden Seiten an dem Porzellansockel herunter.

      Magdalena und der schwule Architekt

      17.11.2002

      Er wohnt jetzt hier. Keine Ahnung, wie das passieren konnte. Irgendwie hat es sich so ergeben.

      Er ist ein Freund von einem Freund von einem Freund und neu in der Stadt. Ich habe mich wohl dazu verpflichtet gefühlt, ihn bei mir aufzunehmen. Zuerst sollte es nur für ein paar Tage sein, aber dann ist er noch einen Tag länger geblieben. Und noch einen Tag. Man kennt das ja.

      Eines Morgens stand er also auf meiner Fußmatte. Er hatte nichts dabei außer einer Aktentasche aus Leder. Als ich sie sah, dachte ich:

      „Typisch.“

      Es fehlten nur noch die gespitzten Bleistifte hinter den Ohren und die Papierrollen unterm Arm. Ich habe ein zugegebenermaßen altmodisches Bild von Architekten.

      Davon abgesehen, dass der Mann auf meiner Fußmatte wie ein richtiger Architekt aussah, sah er auch noch richtig schwul aus. Seine Finger waren so gepflegt, dass ich mich schämte und die ganze Zeit damit beschäftigt war, meine abgekauten Nägel vor ihm zu verbergen. Ich steckte meine Hände in die Taschen meiner grünen Jogginghose (für die hätte ich mich eigentlich eher schämen sollen) oder verschränkte die Arme hinter dem Rücken.

      Als er sich mir vorstellte, grinste er breit und zeigte mir seine strahlend weißen Zähne.

      „Ich heiße Arne“, sagte er und streckte mir seine perfekte Hand hin.

      Ich hielt sie unsicher fest und erwiderte:

      „Magdalena. Angenehm.“

      Dabei dachte ich, dass angenehm ein komisches Wort ist.

      Wir setzten uns in die Küche.

      Meine Küche besteht aus einem mit Duplo-Bildern (Fußball-WM 1990) beklebten Hängeschrank mit ausgeleierten Scharnieren, einem Kühlschrank, der so laut brummt, dass ich die Küchentür geschlossen halten muss, wenn ich die Nachrichten im Wohnzimmer verstehen will, zwei verklebten Herdplatten und einem kleinen Tisch mit zwei Stühlen, die ich auf dem Sperrmüll gefunden habe. Ich weiß, dass meine Mutter sie am liebsten mit Desinfektionsspray einsprühen würde, wenn sie mich besucht.

      Wir saßen uns gegenüber. Arne hielt sich an der Tischkante fest wie ein kleines Kind. Die braune Aktentasche lehnte an einem der wackeligen Tischbeine.

      „Nett von dir, dass du mich bei dir aufnimmst“, meinte Arne und wirkte etwas verlegen, „Ich kann natürlich auch in eine Pension gehen oder so.“

      Ich winkte ab.

      „Nee, lass mal. Wir werden uns schon vertragen.“

      Ich wunderte mich über mich selbst. Solche Phrasen waren eigentlich nicht mein Stil.

      „Was hast du denn so für Pläne?“, wollte ich wissen.

      Arne zuckte die Achseln.

      „Ich werde mich bei ein paar Zeitarbeitsfirmen vorstellen und mal gucken, was passiert.“

      Mal gucken. Aha.

      Ich nickte.

      „Was machst du so?“, fragte er.

      „Ich bin Model“, antwortete ich und sah ihm dabei nicht in die Augen.

      „Oh“, machte Arne, „Das ist ja interessant.“

      Ich glaube, er meinte das ernst.

      „Geht so“, gab ich zurück, „Momentan bekomme ich keine Aufträge.“

      „Oh“, machte Arne erneut und schaute auf seine Hände.

      Wir tranken eine Tasse Kaffee zusammen und redeten in abgehackten Sätzen. Ich war froh, als er plötzlich auf die Uhr schaute und meinte, dass er noch eine Verabredung hätte. Ich begleitete ihn bis zur Wohnungstür. Nachdem ich sie geschlossen hatte, stürmte ich ins Wohnzimmer und stellte mich an die Gardine, um ihm nachzuschauen.

      Arne übernachtete auf dem Sofa im Wohnzimmer. Es war zwar keine Ausziehcouch, aber dennoch recht bequem. Arne war jedenfalls glücklich.

      „Das ist echt toll von dir“, betonte er noch einmal, bevor er sich am ersten Abend schlafen legte.

      Ich verdrehte die Augen. Seine Dankbarkeit ging mir auf die Nerven. Ich bin kein mildtätiger Mensch. Ich bin auch nicht besonders freundlich oder aufgeschlossen. Ich glaube, tief in meinem Inneren sehnte ich mich einfach nur nach ein wenig Gesellschaft und Abwechslung. Das ewige Herumsitzen in der Wohnung trieb mich langsam in den Wahnsinn.

      Bald stellte sich heraus, dass ich eine gute Entscheidung gefällt hatte. Arne war ein wunderbarer Gast. Er schrubbte die Dusche, nachdem er sie benutzt hatte. Er räumte morgens sein Bettzeug zusammen. Er machte Kaffee und klopfte zaghaft an meine Schlafzimmertür.

      „Guten Morgen“, flüsterte er dann, „Kaffee ist fertig.“

      Dann stellte er den Becher vor der Tür auf den Dielen ab.

      Wenn er die Wohnung verließ, zog er die Tür leise hinter sich zu, um mich nicht zu wecken oder zu stören. Außerdem schrieb er Einkaufszettel und machte Besorgungen, brachte den Müll hinunter, spülte das Geschirr, wischte Staub, schlug die Kissen aus und putzte sogar zweimal die Fenster. Als er das erste Mal meine Wäsche wusch, war ich zunächst verärgert. Meine Unterwäsche ist mir peinlich. Sie war billig, und das sieht man. Als ich jedoch beobachtete, dass Arne sie beim Aufhängen keines Blickes würdigte und genauso gleichgültig mit Wäscheklammern an den dünnen Metallstreben des Ständers befestigte wie die Spültücher und Socken, atmete ich erleichtert auf.

      „Hast du eigentlich einen Freund?“, fragte ich ihn daraufhin.

      „Ich weiß nicht“, gab er zurück, „Ist noch nicht ganz klar.“

      „Also hast du zumindest Sex?“, fragte ich.

      Arne wurde rot.

      „Entschuldigung“, entgegnete ich schnell, „Das geht mich nichts an.“

      „Nein, nein“, meinte Arne und hängte noch zwei Paar Socken von mir auf, „Schon in Ordnung. Wir hatten schon mal Sex, aber ich bin mir nicht sicher, ob das wirklich etwas für ihn ist.“

      Ich wurde neugierig.

      „Du meinst, er weiß nicht, ob er wirklich schwul ist?“

      Arne blickte auf und sah mich prüfend an.

      Ich hob die Arme und machte eine Geste, die wohl Hilflosigkeit oder etwas in

Скачать книгу