Dutzendgeschöpfe. Katia Weber

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Dutzendgeschöpfe - Katia Weber

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um ein Hemd aus dem Wäschekorb zu nehmen.

      „Ja, das kann man wohl so sagen. Er hatte vorher noch nie was mit einem Mann.“

      „Wusstest du das, als du ihn kennen gelernt hast?“, bohrte ich weiter.

      „Naja. Ich hatte so eine Ahnung.“

      Wir schwiegen eine Weile, während Arne die restliche Wäsche aufhängte. Dann ging er um den Wäscheständer herum und setzte sich auf die Lehne der Couch.

      „Noch Fragen?“, meinte er und grinste mich an.

      Ich überlegte kurz und schaute dabei an die Decke. Mir fiel tatsächlich noch etwas ein. Ich fragte:

      „Hast du schon mal was mit einer Frau gehabt?“

      „Klar“, meinte Arne, „mehrfach sogar.“

      „Aber irgendwie war das nicht so das Richtige?“

      Arne zuckte die Achseln.

      „Naja“, sagte er dann, „schlecht war es nicht. Aber Sex mit Männern gibt mir mehr.“

      „Und jetzt hast du dir also einen Heteromann an Land gezogen?“

      Arne musste lachen.

      „Irgendwie schon.“

      Ich verschränkte die Arme vor der Brust.

      „Und wie macht man das?“, wollte ich wissen.

      Arne ließ sich gegen die Rückenlehne fallen und legte den Kopf in den Nacken. Das Sonnenlicht fiel in diesem Moment in seine Augen. Mir war gar nicht bewusst gewesen, dass sie grün waren. Und das veränderte etwas. Plötzlich war Arne nicht nur schwul, sondern auch attraktiv und ich konnte verstehen, warum sich auch ein Heteromann auf ihn einlassen würde.

      Oder eine Heterofrau.

      „Er ist ein Bekannter von einem Bekannten. Wir haben uns getroffen, einen Kaffee getrunken und uns unterhalten. Und dann war relativ schnell klar, dass er Interesse hat. Man spürt das einfach“, berichtete Arne.

      Ich wusste nicht, was ich darauf erwidern sollte, also schwieg ich.

      „Und du?“

      Arne drehte sich zu mir und sah mich erwartungsvoll an.

      „Was, ich?“

      „Stell dich nicht dumm“, lachte Arne, „Wie sieht’s bei dir aus?“

      „Hm“, machte ich und fixierte Arnes silbergraue Koteletten.

      „Bei mir ist momentan gar nichts los“, entgegnete ich schließlich, „Ich bin noch nicht mal verliebt. Ich bin sonst immer verliebt. Ich weiß auch nicht.“

      Arne reagierte nicht darauf. Er starrte auf einen unbestimmten Punkt auf dem Teppichboden vorm Fenster. Ich musste ihn die ganze Zeit angucken und hatte Angst, dass er es merken könnte. Aber diese Angst war unbegründet. Arne war so in Gedanken versunken, dass er wahrscheinlich für einen Augenblick vergessen hatte, dass ich mit ihm in einem Raum war. Wir verharrten vielleicht ein oder zwei Minuten in dieser Position des Nichts-Sagens und Nichts-Tuns. Zwei Minuten können ganz schön lang sein. Zwischendurch vergaß ich sogar zu atmen. Ich hatte das Gefühl, ein Foto von Arne und mir zu betrachten und gar nicht echt zu sein.

      „Sollen wir was bestellen?“, fragte Arne unvermittelt, „Geht auf mich.“

      „Super“, antwortete ich.

      Ich hatte überhaupt keinen Hunger.

      Ein paar Wochen später hatte Arne einen Job. Nicht als Architekt, sondern als Rezeptionist. In einem Fitnessstudio. Ich konnte es nicht fassen.

      „Aber du bist doch Architekt!“, rief ich aus.

      „Was soll ich machen?“, erwiderte Arne, „Ich finde einfach nichts. Und es ist immerhin besser, als den ganzen Tag nur rumzusitzen und nichts zu tun.“

      Ich war beleidigt, noch bevor ich eigentlich begriff, warum, und ließ mich mit viel Schwung auf einen der armseligen Küchenstühle fallen. Arne wusste sofort, was los war.

      „Oh“, sagte er, „Das hätte ich nicht sagen dürfen. Das war keine Anspielung, echt nicht.“

      „Trampel“, motzte ich.

      Da war ich schon gar nicht mehr wütend auf ihn, aber ich hatte das Gefühl, dass es gekünstelt wirken würde, wenn ich von jetzt auf gleich wieder ganz normal mit ihm umging. Also spielte ich noch einen Augenblick lang die beleidigte Leberwurst. Ein bisschen Drama gehörte einfach dazu.

      Arne setzte sich mir gegenüber an den Tisch, wie am ersten Tag.

      „Es tut mir leid“, sagte er erneut.

      Ich seufzte.

      „Du hast ja recht“, meinte ich dann, „Suchen die vielleicht noch jemanden?“

      Arne lächelte. Mein Blick blieb an seinen Grübchen hängen und in meinem Kopf formte sich ein Wort, dass nur verliebte Menschen benutzen: zauberhaft. Ich versuchte, den Gedanken wegzublinzeln.

      Mach dich nicht lächerlich, Lena.

      „Ich kann ja mal nachfragen“, bot Arne an.

      „Was?“

      Ich hatte den Faden verloren. Mein Blick wanderte von Arnes Grübchen zu seinem Mund und zurück zu seinen Grübchen, und ich hatte urplötzlich fürchterlichen Durst.

      „Ob sie noch jemanden brauchen können“, meinte Arne.

      „Wo?“

      Arne legte den Kopf schief.

      „Äh, Lena…?“

      Ich legte den Kopf ebenfalls schief, um Arne genau in die Augen blicken zu können.

      „Kann ich dich mal was fragen?“

      Arne hob überrascht die Augenbrauen.

      „Klar. Schieß los.“

      „Dieser Typ, den du dir da aufgerissen hast. Was findest du so toll an ihm?“

      Arne überlegte einen Augenblick.

      „Er riecht total gut.“

      Arne musste lachen.

      Ich lächelte schwach. Ich war mit einem Mal todtraurig.

      Arne verschaffte mir einen Job in dem Fitnessstudio. Ich arbeitete mittwochs und freitags, Arne hatte seine Schichten dienstags und donnerstags. Obwohl wir uns im Studio nie über den Weg liefen, hatten wir plötzlich eine ganze Reihe gemeinsamer Bekannter.

      „Ich hasse die Rothaarige“, erklärt Arne und verdreht die Augen.

      Es ist Donnerstagabend und wir teilen uns eine

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